Schaumburger Zeitung ,
24.06.2003 :
Statt lang ersehnter Einbürgerung droht Familie nun Ausweisung / "Nicht mit uns!": Nachbarn machen sich für die Krasniqis aus dem Kosovo stark
Von Ulrich Reineking
Rinteln. Sie kamen vor 13 Jahren als Flüchtlinge aus der Bürgerkriegshölle des Balkan nach Deutschland und fanden in Rinteln eine neue Heimat, der jetzt 48-jährige Kosovo-Albaner Viktor Krasniqi und seine 47-jährige Ehefrau File mit den damals noch kleinen Kindern Ariana, Adita und Ardian. Sie wurden als Asylberechtigte mit unbefristeter Aufenthaltsgenehmigung anerkannt, und Frau Krasniqi arbeitet in einem Altenheim in Bad Eilsen.
Der heute 22-jährige Sohn Ardian hat inzwischen längst die deutsche Staatsangehörigkeit und absolvierte sogar seinen Dienst bei der Bundeswehr, und seine Schwester Adita hat bereits eine eigene Familie gegründet und ist ebenfalls schon als Deutsche registriert. In Deutschland geboren wurde die heute elfjährige Adita, die demnächst in die fünfte Klasse kommt.
Zu den Nachbarn an der Alten Todenmanner Straße besteht seit Jahren ein herzliches Verhältnis, und als es vor zwei Jahren zu der folgenschweren Gasexplosion in diesem Gebäudekomplex kam, war Viktor Krasniqi in erster Reihe mit dabei, als es galt, die umliegenden Wohnungen abzusichern.
Angesichts so vieler familiärer und freundschaftlicher Bindungen war es nur konsequent, einen Antrag auf Einbürgerung zu stellen – doch statt dessen teilte die "Außenstelle Braunschweig des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge" der Ausländerbehörde des Landkreises in Stadthagen mit, dass die Anerkennung als Flüchtlinge widerrufen wurde – inklusive der bedrohlichen Formulierung: "Abschiebungshindernisse nach Paragraph 53 des Ausländergesetzes liegen nicht vor."
Zwischenzeitlich hatte die Familie eine Verlängerung ihrer Pässe beantragt und wurde aufgefordert, diese gegen Entrichtung einer Gebühr von 50 Euro abzuholen.
Statt der ersehnten Pässe aber bekam die Familie in Stadthagen lediglich den Widerrufsbescheid des Bundesamtes überreicht, verbunden mit dem Hinweis: "Besorgen Sie sich doch die Pässe bei der Botschaft von Serbien und Montenegro in Hamburg!"
Nicht nur bei der Familie löste diese Nachricht Bestürzung aus. Erika Schweer, die in der Wohnanlage an der Alten Todenmanner Straße als Hausmeisterin fungiert, fasst das Unverständnis in der Nachbarschaft mit diesen Worten zusammen: "Wir verstehen die Welt nicht mehr. Da laufen so viele Strolche aller Nationen durch die Gegend und werden mit Samthandschuhen angefasst, und so eine ordentliche und liebenswürdige Familie soll ausgewiesen werden. Sie arbeiten, sprechen gut deutsch, fallen niemandem zur Last und halten gute Nachbarschaft: Eine Ausweisung werden wir nicht zulassen!"
Gemeinsam mit Ehemann Eduard und anderen Hausbewohnern will sie jetzt eine Unterschriftensammlung starten und auch den hiesigen Politikern Beine machen: "Der Viktor zum Beispiel ist stets mit seiner Hilfe da, wenn von den Kindern hier eines Probleme mit dem Fahrrad hat – wie sollen wir denen so ein Unrecht erklären?"
Heute Abend soll im Gespräch mit Rechtsanwalt Dieter Wissgott in Stadthagen geklärt werden, welche juristischen Schritte jetzt erforderlich sind – unabhängig davon sollen aber auch auf anderen Ebenen Menschen mobilisiert werden, sich für den Verbleib und die Einbürgerung der Familie Krasniqi in Deutschland einzusetzen.
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