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Schaumburger Zeitung , 20.06.2001 :

Neue Aufklärungs-Offensive gegen den rechten Rand

Rinteln (ur). Wie nahe uns das Thema schon auf den Pelz gerückt ist, erwies sich bei der gestrigen Eröffnung der Ausstellung "Demokratie gegen Rechtsextremismus" im Brückentorsaal bereits am Eingang, wo zwei junge Leute von der "Kameradschaft Beekebreite" in Steinbergen Handzettel verteilten, auf denen sie forderten, dass "eine Ausstellung wie diese wohl besser von Linksextremismus handeln sollte".

In seiner Begrüßung begründete Polizeidirektor Dieter Klingbeil die Veranstaltung auch mit den Aktivitäten neonazistischer Gruppen in Schaumburg: "Wir wollen diesen Anfängen wehren und haben deshalb alle Schulen über die Schulleiter zum Besuch der Ausstellung aufgerufen." Bürgermeister Buchholz begründete die Notwendigkeit, eindeutig Flagge zu zeigen gegen rechtsextremistische Bestrebungen: "Dazu gehört auch, dass wir alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen, damit diese Kräfte bei uns kein Podium finden." Den thematischen Rahmen der Ausstellung stellte Volker Hohmuth als Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz dar, das die Dokumentation zusammengestellt hat. Seit 1990 könne man eine Zunahme von fremdenfeindlichen Aktivitäten beobachten und parallel dazu die Öffnung der NPD gegenüber gewaltbereiten Extremisten etwa aus dem Skinhead-Milieu.

Über Rockmusik und Internet hätten diese Kräfte eine Art Netzwerk entwickelt, dem man auf Dauer nur die Auseinandersetzung durch den gut informierten Bürger wirkungsvoll entgegensetzen könne. Auch Skinhead-Konzerte und Liederabende würden genutzt, um menschenverachtende Ideologie und Geschichtsfälschungen zu verbreiten und die Szene zu stärken. Die NPD hätte ihren organisatorischen Schwerpunkt zwar in den östlichen Bundesländern, verfüge aber auch in Niedersachsen über rund 450 Mitglieder. Das Umfeld sammle sich verstärkt in "Kameradschaften" ohne feste Organisation, denen man durch juristische Maßnahmen nur schwer beikommen könne: Bundesweit gebe es rund 150 solcher Gruppen, davon 20 in Niedersachsen und zwei in Schaumburg. Mit dem Verbot von FAP, Wikingjugend und ähnlichen Zirkeln habe man zwar einiges bewirken können, doch gelte es weiterhin, die offensive Auseinandersetzung mit extremistischem Gedankengut zu führen. Die Ausstellung, die noch bis zum 29. Juni von Montag bis Freitag zwischen 9 und 16 Uhr zu sehen ist, dokumentiert die organisatorischen Verbindungen, die Argumentationstechnik und die unterschiedlichen Propaganda-Formen wie CD-Musik und Internet-Präsentationen mit bestürzender Intensität: Die schäbige Freude eines "Reporters" im Internet-Radio über Erdbebenopfer in der Türkei etwa vermittelt einen geradezu beklemmenden Einblick in den Ungeist dieser Politkriminellen vom rechten Rand.


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