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Schaumburger Zeitung , 15.02.2002 :

NPD-Jugend beantragt erneut eine Kundgebung in der Innenstadt

Barsinghausen (see). Die rechtsextremen Tendenzen in der Deisterstadt lösen mittlerweile auch im Rathaus Unbehagen aus. "Diese Entwicklung macht uns in der Tat große Sorge", sagte gestern Bürgermeister Klaus D. Richter.

Rechte Strömungen habe es auch in Barsinghausen in Ansätzen immer gegeben, betonte der Verwaltungschef. Dabei habe es sich jedoch fast ausschließlich um so genannte Mitläufer gehandelt. Seit einigen Wochen – und konkret seit der Demonstration am vergangenen Wochenende – habe sich das Erscheinungsbild dieser Szene deutlich verändert. So wurden in einer illegalen Aktion Plakate der NPD-Jugend an eine Mauer an der Egestorfer geklebt. Diese werden in Abstimmung mit dem Eigentümer von Jugendlichen des Bündnisses "Gegen Rechts" in Kürze wieder entfernt. Darüber hinaus gibt es laut Richter mittlerweile Hinweise auf Hakenkreuz-Schmierereien im Stadtgebiet. Ungeklärt ist bis heute darüber hinaus das Verschwinden des Kranzes, der Ende Januar zum Gedenken an die Auschwitz-Befreiung niedergelegt wurde. Zwei Tage später war der Kranz zunächst verschwunden, wurde vom Hausmeister des Rathauses aber gefunden und wieder an Ort und Stelle gebracht. Unbekannte versenkten das Gebinde kurz darauf im Ziegenteich.

Für Richter besteht kein Zweifel daran, dass sich in Barsinghausen eine rechtsextreme Gruppe inzwischen organisiert hat. Es sei kein Geheimnis, dass sich die Anhänger selbst in kleinen Ortsteilen der Stadt in Kneipen und privaten Wohnungen treffen. Einzelne Personen seien der Polizei durchaus bekannt. Unmittelbar nach der Demo in der Innenstadt erhielt die Verwaltung von einem jungen Mann aus Lengerich in Nordrhein-Westfalen einen Brief. Der Verfasser weist darauf hin, dass einige Politiker bei der Veranstaltung die Teilnehmer gegen die NDP und JN aufgehetzt hätten. Offenbar sei in Barsinghausen nicht bekannt, dass über die Verfassungsfeindlichkeit der NPD in den nächsten Monaten in Karlsruhe entschieden werde. Am Thie sei zudem der Versuch unternommen worden, das Demonstrationsrecht der Bürger einzuschränken und eine politische Meinung mit Gewalt durchzusetzen. In seinem Schreiben macht Markus P. deutlich, dass er bislang kein Mitglied der rechten Szene war. Er werde dieser Partei jetzt jedoch beitreten und sich dafür einsetzen, dass in Barsinghausen regelmäßig Informations-Veranstaltungen und Demos durchgeführt werden.

In der Tat liegt im Rathaus bereits erneut ein entsprechender Antrag vor. Vor wenigen Tagen habe der NPD-Kreisverband Schaumburg eine Sondernutzung für einen Infostand und eine Kundgebung in der Marktstraße und am Thie beantragt, bestätigte Stadtrat Peter Oelfke. Die Veranstaltung soll am Sonnabend, 9. März, stattfinden. Darüber hinaus will sich das Barsinghäuser Bündnis "Gegen Rechts" für diesen Tag vom Ordnungsamt die Erlaubnis für eine Mahnwache am Thie einholen. Da sich die beiden Veranstaltungen überschneiden, müsse die Verwaltung beide Anträge zunächst sorgfältig prüfen, erklärte Oelfke. Am Donnerstag nächster Woche findet diesbezüglich ein Gespräch mit der Polizei statt. "Wir müssen in dieser Angelegenheit unverzüglich entscheiden", betonte der Stadtrat.

In diesem Land habe jeder Bürger das demokratische Recht, seine Meinung frei zu äußern. Bei der Behandlung solcher Anträge stehe die Versammlungsfreiheit im Vordergrund. Ablehnen könne die Verwaltung Veranstaltungen dieser Art nur, wenn im Vorfeld eine akute Gefahr erkennbar sei. Kommen die Verantwortlichen dieser Pflicht nicht nach, kann beim Verwaltungsgericht geklagt werden. "Rechtlich sind uns als Verwaltung die Hände gebunden", machte Richter deutlich. Auf der politischen Ebene werde sich Barsinghausen dennoch gegen die rechte Szene wehren. "Gegen braunes Gedankengut müssen wir massiv vorgehen", so der Verwaltungschef.


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