Schaumburger Zeitung ,
11.04.2002 :
NPD-Demo: Die Polizei rechnet mit massiven Ausschreitungen
Barsinghausen (see). Mit großer Sorge sieht die örtliche Polizei der nächsten NPD-Kundgebung am Sonnabend, 27. April, in der Barsinghäuser Innenstadt entgegen. "Nach den bisherigen Erkenntnissen sind wir gezwungen, das Polizeiaufgebot deutlich zu verstärken", erklärte gestern Jörg-Roger Hische, Leiter des Streifen- und Einsatzdienstes.
Bereits Anfang März beantragte der NPD-Kreisverband Schaumburg beim örtlichen Ordnungsamt für den 27. April die Genehmigung für einen Demonstrationszug durch Teilbereiche der City der Deisterstadt. Mittlerweile ist bekannt, dass auch die Antifa Wennigsen an diesem Tag eine Kundgebung im Bereich der Innenstadt veranstalten will – der entsprechende Antrag liege seit gut einer Woche im Rathaus vor, bestätigt Stadtrat Peter Oelfke auf Nachfrage.
Nach den negativen Erfahrungen bei der Demo am 9. März, bei der die gewaltsamen Attacken nachweislich von den Antifa-Mitgliedern ausgingen, sieht Hische in dem erneuten Zusammentreffen der Rechten und Linken eine potenzielle Gefahr. Die Antifa mobilisiere bundesweit via Internet ihre Anhänger und rufe zur Teilnahme an der Demo in Barsinghausen auf. Auch die NPD nutze diese Plattform, um auf die Ereignisse in der Deisterstadt aufmerksam zu machen. Inzwischen werde auch aus allen Ecken der Republik Interesse bekundet. "Die Antifa-Gruppierungen wollen hier nicht friedlich demonstrieren, sondern nur Gewalt ausüben", prophezeit der Polizei-Hauptkommissar Jörg-Roger Hische.
Sollten die Prognosen der Polizei stimmen, treffen am 27. April mehrere hundert Sympathisanten der bundesweiten rechts- und linksradikalen Szene in Barsinghausen aufeinander. In Zusammenarbeit mit der Polizeiinspektion Hannover-Land bereiten sich die Ordnungshüter auf massive Ausschreitungen vor. Offensichtlich sei es nicht möglich, die Kultur der freien Meinungsäußerung zu pflegen und sich friedlich und ohne Waffengewalt auseinanderzusetzen, bedauert Hische. Ohnehin wäre aus seiner Sicht diese Entwicklung vermeidbar gewesen.
"Hätte man den Info-Stand der NPD am 9. Februar einfach ignoriert, wäre die Sache im Sand verlaufen." Durch die Gegendemonstrationen und das starke Interesse der Öffentlichkeit sei am Ende nur das Gegenteil erreicht worden. Nach den gewaltsamen Vorkommnissen am 9. März hält sich das Bündnis gegen Rechtsradikalismus bei der nächsten Veranstaltung am 27. April im Hintergrund. "Vom Bündnis liegt mir kein Antrag für eine Kundgebung vor", betont Oelfke. Bündnissprecher Markus Hugo hält sich hingegen bedeckt: "Wir haben noch Beratungsbedarf, eine endgültige Entscheidung liegt noch nicht vor." Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei jedoch davon auszugehen, dass sich das Bündnis nicht einmischen werde. "Ich habe jedenfalls keine Lust, noch einmal den Kopf hinzuhalten", begründet Hugo seine Haltung. Die persönlichen Angriffe nach dem 9. März hätten seine Zivilcourage erheblich eingeschränkt.
Nach dem Rückzug der Jungen Union (DLZ berichtete) ist das Bündnis gegen Rechts geschrumpft. Nur noch SPD, die Jungsozialisten und die Grünen sind noch dabei. Laut Markus Hugo haben sich die Aktiven aus dem Falkenkeller mit der Antifa Wennigsen verbündet. Ob die beiden anderen Kundgebungen genehmigt werden, soll sich in Kürze entscheiden. Stadtrat Oelfke kündigte Gespräche mit der Polizei an – das letzte Votum hat der Verwaltungsausschuss, der sich am Donnerstag, 18. April, zu einer Sondersitzung trifft. Da die rechtlichen Grundlagen nur wenig Spielraum zulassen, kann jedoch zurzeit von einem Verbot nicht ausgegangen werden.
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