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Schaumburger Zeitung , 27.04.2002 :

Akzente gegen rechte Parolen: Brutale Szenen sinnloser Gewalt

Von Helena Seegers

Barsinghausen. Selten zuvor war das Thema in der Deisterstadt so aktuell wie heute: Fremdenfeindlichkeit, Gewalt und Hierarchiekämpfe standen im Mittelpunkt des Theaterstücks "Der Indianer will zur Bronx", das die Landesbühne Hannover zum Auftakt einer vielseitigen Veranstaltungsreihe in der KGS Goetheschule aufführte.

"Wir wollen als Schule deutliche Akzente gegen rechtes Gedankengut setzen", erklärte Schulleiter Josef Michael Samol im Gespräch mit der DLZ im Hinblick auf die NPD-Demonstration in der Barsinghäuser Innenstadt am heutigen Sonnabend. Spontan setzte sich der Pädagoge mit der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Landeszentrale für politische Bildung in Verbindung und engagierte in Zusammenarbeit mit den beiden Einrichtungen das Ensemble der Landesbühne. "Wir müssen alle aufpassen – und in erster Linie ihr, denn es geht um eure Zukunft", sagte Samol vor der Aufführung, die vor wenigen Tagen für die Schüler der 9. und 10. Jahrgänge in der Aula der Goetheschule stattfand.

Bewusst habe die Schulleitung dieses Stück zu diesem Zeitpunkt ausgewählt, denn "die Geschichte soll euch widerstandsfähig gegen braune Parolen machen", sagte Samol. Dabei war für die beiden Hauptdarsteller Joey (Kristoffer Nowak) und Murph (Daniel Brockhaus) zunächst alles nur ein harmloses Spiel: Irgendwo in einer Kleinstadt wartet ein Ausländer (Yilmaz Atmaca) an einer Bushaltestelle. Joey und Murph schieben Langeweile – was liegt also näher, als sich mit dem "Indianer" ein bisschen die Zeit zu vertreiben? Die beiden Freunde schaukeln sich gegenseitig hoch, tragen ihre Machtkämpfe auch unter sich aus und schrecken dabei nicht vor körperlicher Gewalt zurück. Das Spiel der jungen Typen artet aus – Brutalität, Zynismus, Sadismus und verzweifelter Frust beherrschen das Geschehen. Erst als Joey allein mit dem Fremden ist, geht er nach anfänglichen Attacken auf ihn zu. Er schenkt ihm seinen Pulli und den Ball, sucht das Gespräch mit ihm. Murph beobachtet das Verhalten seines Freundes misstrauisch – die Gewalt eskaliert und der Ausländer wird zum wehrlosen Spielball ihrer eigenen Rangeleien um Macht und Mut.

Warum verhalten sich die beiden so unmenschlich? Warum haben sie so viel Spaß an Gewalt und Sadismus? Warum kennen sie keine Grenzen? Viele Fragen blieben am Ende offen. Allerdings hatten die Schüler anschließend Gelegenheit, mit den Darstellern zu diskutieren und die eine oder andere Antwort zu finden. Dass die Jugendlichen auf der Suche nach Antworten sind, machte das starke Interesse an dem Theaterstück deutlich. Obwohl die Teilnahme freiwillig war und zunächst drei Euro pro Nase bezahlt werden mussten, war die Aula fast ausverkauft. Trotzdem war die Freude groß, als die Landeszentrale für politische Bildung kurzfristig ihre finanzielle Unterstützung zugesagt hatte und jeder zwei Euro des Eintrittspreises erstattet bekam.

27./28.04.2002
sz@schaumburger-zeitung.de

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