Deister- und Weserzeitung ,
08.11.2005 :
(Hameln) Tief greifende Änderungen im Heer / Generalleutnant Hans-Otto Budde referierte bei der Reservistenkameradschaft
Hameln (gro). Mehr als 140 Reserveoffiziere und Gäste folgten der Einladung der Reservistenkameradschaft der Reserveoffiziere Hameln unter der Führung von Professor Dr. Harro H. Chelius in den Tagungsraum des BHW. Der Inspekteur des Deutschen Heeres, Generalleutnant Hans-Otto Budde, referierte dabei zum Thema: Ausgewählte Aspekte zur aktuellen Lage des Deutschen Heeres.
Er freue sich sehr, vor so einem erlauchten Kreise, sozusagen auf heimischem Boden, hier in Hameln seine dritte Rede halten zu dürfen, begann Generalleutnant Budde seinen Vortrag. Die erste habe er vor 39 Jahren als Sprecher in der Abiturfeier im Schiller-Gymnasium gehalten.
Zur aktuellen Lage des Deutschen Heeres sprach Budde mit Blick auf das fünfzigjährige Bestehen der Bundeswehr. Ihre Einsatzgrundsätze seien bekannt gewesen, ausgerichtet auf einen Gegner, der klassisch militärisch organisiert und mehr oder weniger berechenbar war. "Das Heer war im Vergleich zu heute groß, es war schwer und gepanzert. Auftrag, Kräfte, Fähigkeitenund Ausrüstung standen in einer guten Balance zueinander." Das Ende des Ost-West-Konflikts habe aber einen entscheidenden Wandel für den aktiven Teil ebenso wie für die Reserve der Streitkräfte bedeutet. Mit Auslandseinsätzen der Bundeswehr im Iran, in Kambodscha, Somalia und auf dem Balkan habe sich ein breiteres Aufgabenspektrum für das Heer ergeben, und mit dem Terrorangriff vom 11. September 2001 sei klar gewesen: "Wir leben nicht auf einer Insel der Sicherheit." Terroristische Bedrohungen seien global, machten vor den Grenzen nicht halt. Dies sei Anlass, umzudenken.
Vier globale Faktoren begründeten die Notwendigkeit von Veränderungen in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, erklärte Budde. Es seien: der Verlust des staatlichen Gewaltmonopols in den Krisenregionen der Erde, die Globalisierung von Konflikten, die Gleichzeitigkeit von Kriegshandlungen, Stabilisierungsoperationen und humanitären Hilfeleistungen regional begrenzt auf engem Raum, sowie der Schutz der Soldaten. "Deshalb brauchen wir ein neues Heer, deshalb müssen wir uns verändern, anpassen - Aktive wie Reservisten." So sei es bei den momentanen Auslandseinsätzen im Rahmen der Verpflichtungen Deutschlands im nordatlantischen Bündnis nur folgerichtig, sich nach den Einsatzerfordernissen auszurichten.
Nach Aussage von Budde wird das Heer in Zukunft drei differenzierte Kräftekategorien umfassen: Eingreif-, Stabilisierungs- und Unterstützungskräfte. "Der Soldat von heute muss helfen, vermitteln, schützen und auch kämpfen können." Ihm müsse aber auch eine klare Werteorientierung vermittelt werden. Die Veränderung verdeutlichte Budde mit Zahlen: "Wir werden die Anzahl der Divisionen von acht auf fünf, die der Brigaden von 22 auf 12 und die der Bataillone von 120 auf 78 reduzieren. Insgesamt werden 60 Kommandos, Stäbe und Verbände aufgelöst. Im Jahr 2010 wird das Heer dann 104.000 Soldaten stark sein, 30.000 weniger als heute." Die Veränderungen würden jeden im Heer betreffen, aktive Streitkräfte wie auch Reservisten, doch es sei nötig, denn "bildlich gesprochen: Stillstand ist Rückschritt. Wer stehen bleibt, wird überrollt oder auch: Eine Armee, die glaubt, fertig zu sein, ist fertig."
Generalleutnant Buddeüberreichte nach seinem Vortrag dem Oberstarzt d. R. Chelius stellvertretend für alle Reserveoffiziere und deren engagierte Arbeit ein Präsent. Seinerseits erhielt der überraschte General eine Chronik und ein Schul-T-Shirt des Schiller-Gymnasiums durch dessen Direktor Peter Pauksch, der unter anerkennendem Gelächter und Applaus über den ehemaligen Schüler und Abiturienten Hans-Otto Budde feststellte: "Sie haben sich großartig entwickelt."
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