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Neue Westfälische , 15.11.2003 :

Kommentar / Stolz auf Deutschland / Martin Hohmann, der Ausschluss und kein Ende

Von Uwe Zimmer

Martin Hohmann ist nicht mehr länger Mitglied der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages. Der populäre Volksvertreter aus Fulda, direkt gewählt, sitzt jetzt wie ein Aussätziger im Plenum auf der Hinterbank. Isoliert im Parlament, doch als Symbolfigur vieler Bundesbürger, die glauben, Hohmann sei Unrecht geschehen, weil er ein Tabu gebrochen und nichts als die Wahrheit gesagt hat, die da lautet: Die Deutschen sind vor der Geschichte nicht schuldiger als die Juden. Es gab den Holocaust, aber für den Vernichtungshass sind deren Opfer mitverantwortlich.

Für diese Überzeugung nennt Hohmann in seiner Rede zum Tag der Einheit, die den bezeichnenden Titel "Gerechtigkeit für Deutschland" trägt, Kronzeugen. Einer ist Henry Ford. Der amerikanische Autobauer war davon überzeugt, dass sich das "Weltjudentum" verschworen habe, die Erde politisch und wirtschaftlich zu beherrschen. Ein anderer ist der Bielefelder Rogalla von Bieberstein, ein Hobby-Historiker, der die These vertritt, die jüdischen Bolschewiki und deren blutiger Terror bei der Oktoberrevolution in Russland seien Mitauslöser für die Judenverfolgung der Nazis gewesen.

Darf man denn so nicht denken, fragen sich Hohmanns Wähler, die wussten, in welcher Umgebung sich ihr Abgeordneter wohl fühlt. Da ist doch ein Körnchen Wahrheit dran, schreiben uns Leser, die sich wehren, als Antisemiten bezeichnet zu werden? Ist es nicht an der Zeit, den Deutschen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen? Sind nicht auch Spanier, Engländer, Türken, Amerikaner als Völkermörder hervorgetreten? Wer gibt den Juden das Recht, die Deutschen, die auch finanziell gebüßt haben, von der moralischen Entschuldung auszunehmen?

Die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Doch es fällt offensichtlich unendlich schwer, sie zu akzeptieren. Für die millionenfache Ermordung der Juden im 3. Reich gibt es kein historisches Beispiel. Adolf Hitler hat die "Endlösung der Judenfrage" offen in sein Programm geschrieben und ist mit diesem Mörderplan Regierungschef geworden. Es ging nicht um Politik, es ging nicht um Besitz, es ging nicht um den Glauben. Die Juden mussten sterben, weil sie Juden waren. Sie mussten als minderwertige Rasse Platz machen für das Herrenvolk der Arier.

Diese Hybris, diese Schuld kann nicht verziehen werden. Dafür gibt es auch kein Aufrechnen und keine Gerechtigkeit. Wenn wir dies anerkennen, können wir wieder mit erhobenem Haupt in die Gemeinschaft der Völker zurückkehren. Erst recht diejenigen, die die Gnade der späten Geburt haben. Wir können stolz darauf sein, was unsere Väter und Mütter aus den Ruinen errichtet haben. Wir können auf uns stolz sein. Unsere Demokratie ist gefestigt auf dem Fundament der Grundrechte der Menschen.

Wer Gerechtigkeit für Hitler-Deutschland fordert, ist Antisemit. Wer die Schuld von Hitler-Deutschland kleinrechnet, ist Antisemit. Wer dies nicht begreift, ist dumm.


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