Bielefelder Tageblatt (OH) / Neue Westfälische ,
20.11.2003 :
Kommentar / Die Folgen bedenken / Die Lehren aus Bieberstein
Von Bernhard Hänel
Alfred Nobel hat das Dynamit erfunden und damit die Kriegsführung noch ein Stück grausamer gemacht. Als er die Folgen sah, stiftete er den Nobel-Preis. Physiker und Chemiker, die dem Atom auf die Spur kamen und zur Entwicklung der Nuklearwaffen beigetragen hatten, mahnten die Wissenschaft nach dem Abwurf der Bombe, mehr denn je die Folgen ihres Forschens zu bedenken. Und die Universität Bielefeld stellte ihren Gen- und Biotech-Forschern einen Lehrstuhl zur Folgeabschätzung wissenschaftlichen Tuns an die Seite.
Hochschulen und ihre Forscher wissen um die Problematik jener Erkenntnisse, die von anderen genutzt und missbraucht werden können. Dies gilt weltweit – von Harvard über Bielefeld bis Tokio. Und nicht nur für die Naturwissenschaften. Auch Disziplinen wie Soziologie oder die Geschichtswissenschaft haben das Problem. Es ist ja nicht immer die Aussage der wissenschaftlichen Veröffentlichung, die zur Waffe umgeschmiedet wird in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Selbst Zahlen und Fakten können, sobald sie isoliert werden, vom Autor nicht intendiertes Böses werden.
Darüber nachzudenken und mit den Studierenden zu reden ist einen akademischen Tag an der Universität Bielefeld wert. Da müssen sich die Professoren auch der Frage stellen, warum sie Werke, die unter ihrem Dach entstanden sind, nicht gelesen haben.
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