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Bünder Tageblatt / Neue Westfälische , 03.11.2005 :

(Bünde) Türken werben um einen Arzt ihres Vertrauens / Anzeige im Deutschen Ärzteblatt soll Interesse wecken / Resolution gegen NPD-Provokation

Bünde (p.p.). Einstimmig verabschiedete der Bünder Ausländerbeirat jetzt eine Resolution, mit der er sich gegen bewusst provokante Plakatierung durch die NPD im Rahmen des Bundestags-Wahlkampfes 2005 ausspricht.

In der gleichen Sitzung erledigte die Vertretung der in Bünde lebenden gut 3.500 Mitbürger mit ausländischer Herkunft aber auch "Regularien", die das Leben erleichtern sollen. Zum Beispiel den Arztbesuch. So wird die Verwaltung im Deutschen Ärzteblatt eine Anzeige schalten, die türkischsprachigen Ärzten eine Niederlassung in Bünde schmackhaft machen soll. Denn seit Dr. med. Kenan Yukayürek nicht mehr hier praktiziert, müssen Türken, die mit einem Hausarzt Türkisch sprechen wollen, bis nach Espelkamp fahren, um dort einen Arzt ihres Vertrauens zu finden.

Bünder mit alter Heimat Russland haben etwas weniger Probleme, zum Beispiel im Lukas-Krankenhaus. Dort verstehen viele medizinische Kräfte Russisch, berichtete Dr. Elmar Holstiege. Doch natürlich befürwortete auch er die Veranstaltung einer zweiten Bünder "Gesundheitskonferenz", die am Samstag, 12. November, ab 14.30 Uhr im Forum für Gesundheit an der Viktoriastraße veranstaltet wird und in der dieses Mal ein Bielefelder Dermatologe in russischer Sprache über das Thema Krampfadern informieren will.

Die eingangs erwähnte Resolution im Wortlaut:

"Vor einigen Wochen wurde die Stadt Bünde Zeuge einer absolut unerträglichen Provokation seitens der NPD. Diese nach dem Scheitern des Verbotsantrags als 'demokratische Partei' angesehene Organisation nutzte den öffentliche Raum und stellte gezielt ihre rassistischen Werbeplakate in einem Stadtteil auf, in dem sich ein Großteil der ausländischen Mitbürger auf Grund multikultureller Lokalitäten aufhält.

Eine Partei, die öffentlich NS-Politiker als persönliches Vorbild für die eigene Politik nennt, damit das NS-Regime verherrlicht und die nationalsozialistischen Verbrechen relativiert, ist kaum als 'demokratische Partei' zu bezeichnen. Die NPD vertritt somit offen rassistische und antisemitische Positionen, die rechtsextremistische Gruppierungen anlocken und fördern. Dies zeigt deutlich einen Mangel an jeglicher Moral und politischer Verantwortung.

Obwohl die NPD legal zu agieren scheint, dürfen derartige Provozierungen mit aggressiver, rassistisch bestimmter Fremdenfeindlichkeit als Hintergrund nicht länger als Normalität hingenommen und akzeptiert werden.

Durch das Aufstellen provokativer Werbeplakate versuchte die NPD vor den Wahlen, auf sich aufmerksam zu machen. Dies wollten wir nicht unnötig dadurch unterstützen, dass wir uns mit Hilfe der Medien zu dem Vorfall äußern. Jede Erwähnung der NPD wäre zu einem weiteren Hilfsmittel bei ihrer Wahlkampfkampagne geworden, mit der sie versucht hat, neue Mitglieder anzuwerben und besonders für jüngere Neonazis wieder attraktiver zu werden ( ... )

Hiermit möchten wir klarstellen, dass wir die faschistischen Umtriebe der NPD – wie die Verbreitung rassistischen Gedankengutes und Menschen verachtender Ideologien – keineswegs zu tolerieren gedenken. Jedes Schweigen bedeutet ein Fördern der NPD im Bemühen um eine führende Rolle in der rechten Szene und damit um das Betreiben von Volksverhetzung, welches einer freiheitlich-demokratischen Gesinnung zuwiderläuft.

Vielmehr werden wir uns weiterhin für eine demokratische Gesellschaft und ein friedliches Miteinander unterschiedlicher Kulturen und Religionen einsetzen."

Mit Unterstützung der Stadt natürlich, von der der Ausländerbeirat per Antrag die Benennung eines Ausländerbeauftragten erbittet. Der nach einer Verwaltungs-Umorganisation für die Ausländer in Bünde zuständige Ex-Rechnungsprüfungsamts-Leiter Reiner Ebmeier zeigte Verständnis, konnte aber jetzt einen solchen Beauftragten noch nicht benennen und bot stattdessen seine eigene Hilfe sowie Wolfgang Joseph aus dem Sozialamt als Ansprechpartner an.


lok-red.buende@neue-westfaelische.de

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