Deister- und Weserzeitung ,
31.10.2005 :
(Bad Pyrmont) Probleme durch fehlende Integration / NIR diskutierte Themen wie Staatsangehörigkeitsreform und häusliche Gewalt
Bad Pyrmont (yt). Deutschland begreife sich immer noch nicht als Einwanderungsland, obwohl es das faktisch schon seit langem sei. Aus dieser Fehleinschätzung, bedauerte Ralf Sabelhaus vom Niedersächsischen Integrationsrat, erwüchsen Probleme, die einerseits zu sozialen Spannungen führten, andererseits dem Wunsch des einzelnen Ausländers nach Integration nicht gerecht würden.
An diesem Wochenende tagte der Niedersächsische Integrationsrat unter dem Vorsitz der Bad Pyrmonterin Graziella Boaro-Titze zum ersten Mal seit etlichen Jahren wieder in der Kurstadt.
Die Liste der Probleme, mit denen sich die Vertreter aus den 15 Mitglieds-Kommunen beschäftigten, war lang. Ein Themenschwerpunkt war das "Heiratsverhalten in der Migration" und "Häusliche Gewalt in Migrantenfamilien". Graziella Boaro-Titze betonte das Menschenrecht der Wahlfreiheit der Frau: "Es darf nicht mehr sein, dass die Mädchen hier zwangsverheiratet werden."
Ein weiteres großes Thema mit viel Zündstoff war die Staatsangehörigkeitsreform aus dem Jahr 2000. Einwanderer, die danach ihre ehemalige Staatsangehörigkeit wiedererlangten, haben wegen der deutschen Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft automatisch ihre deutsche Staatsbürgerschaft verloren. Nicht nur, dass die Betroffenen dadurch wieder einen schlechteren Aufenthaltsstatus bekämen, manche Arbeitnehmer seien dadurch in ihrer Existenz bedroht. NIR-Vorstandsmitglied Koralia Sekler führte hier unter anderem Beamte an: "Mit dem Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft verlieren sie automatisch ihren Job, da nur Deutsche Beamte sein dürfen."
Weiterhin bemüht sich der Integrationsrat um praktische Vorschläge zum muttersprachlichen Unterricht, zu den Sprachkursen für Ausländer, die auch denen hinreichend viele Plätze bieten sollten, die sich schon länger in Deutschland aufhalten, sowie um Lösungsansätze zu Problemen, die in den Kommunen vor Ort aufgetreten sind.
"Ein großes Manko ist immer noch die völlig unzureichende Beratung von Migranten", bedauerte Joaquim Silvestre. Seiner Erfahrung nach wünschen sich viele Migranten eine bessere Integration, haben aber keine Idee, welche Mittel und Wege ihnen offenstehen.
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