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www.hiergeblieben.de , 02.11.2005 :

Übersicht

Veröffentlichungen am 02.11.2005:


01.) Lesung mit Hannes Heer im Bielefelder Buchladen Eulenspiegel:
"Hitler war's. Die Befreiung der Deutschen von ihrer Vergangenheit"

02.) Lese- und Antifa-Café in der alten Pauline:
(Detmold) Das Vernichtungslager Sobibor / Veranstaltung zur Reichspogromnacht in der alten Pauline

03.) WebWecker Bielefeld:
(Detmold) Vorladung für Abschiebungsgegner

04.) WebWecker Bielefeld:
(Bielefeld) "Dem Erdboden gleichmachen"

05.) WebWecker Bielefeld:
(Bielefeld) Richterin erklärt sich für nicht zuständig

06.) Lippe aktuell:
(Lage) Förderpreis an Mischke-Buchholz und Linde / 3.100 Euro vom LWL

07.) Lippe aktuell:
Augustdorfer Dialoge beschäftigte sich mit der Zukunft der Bundeswehr: Brigade soll heimische Wirtschaft fördern

08.) WebWecker Bielefeld:
(Bielefeld) "2 oder 3 Dinge die ich von ihm weiß"

09.) Vlothoer Anzeiger:
Ab März wird in Vlotho gestolpert / Endlich steht Datum fest, an dem Künstler Gunter Demnig die ersten Erinnerungssteine legt




Nachrichten zu Migration / Rassismus vom 02.11.2005:


01.) Kanaren: 85 Flüchtlinge erreichten Gran Canaria und Fuerteventura
(Kanaren Nachrichten vom 02.11.2005)

02.) Zehn Flüchtlinge vor türkischer Grenze ertrunken
(Basler Zeitung Online)

03.) Flüchtling will Freispruch erreichen / Göttingen: Kameruner geht lieber ins Gefängnis, als die Residenzpflicht zu akzeptieren / Einschränkung der Bewegungsfreiheit mit Zuständen in deutschen Kolonien verglichen / Solidarität mit Asylbewerber
(junge Welt)

04.) Wochenend-Ticket zum Arzt / Polizei verprügelte Afrikaner im Zug
(Neues Deutschland)

05.) "Widerspruch zu Flüchtlingskonvention" / Asyl-Widerruf auch bei Gefahr im Heimatland zulässig
(ngo-online)




01.) Kanaren: 85 Flüchtlinge erreichten Gran Canaria und Fuerteventura

Erneut erreichten drei Flüchtlingsboote die Kanaren, zwei Boote kamen auf Fuerteventura an, eines erreichte Gran Canaria - In der Nacht von Sonntag auf Montag (31.10.2005) landete ein 6 Meter Boot in Playa de Vargas (Gemeindegebiet Agüimes) an. Als die Beamten der Guardia Civil eintrafen, hatten sich die Insassen der Patera bereits vom Strandgebiet entfernt. Fünf Patroulienfahrzeuge suchten das Gelände weiträumig ab - mit Erfolg. Im Morgengrauen gelang es den Beamten die 9 Insassen des Flüchtlingsbootes zu stellen. Es handelt sich hierbei um 5 erwachsene Männer im Alter zwischen 19 und 36 Jahren, sowie 4 Jugendliche im Alter zwischen 13 und 16 Jahren.

Am selben Tag erreichten 36 afrikanische Flüchtlinge, darunter 3 Frauen die Kanaren-Insel Fuerteventura. Die Patera wurde bereits vor Erreichen der Küste vom SIVE-System (elektronisches System zur Überwachung der Außengrenzen) entdeckt.

Ein Patroulienboot der Guardia Civil begleitete das Flüchtlingsboot bis zum Hafen von Gran Tarajal(Gemeindegebiet Tuineje), wo sich Mitarbeiter des Cruz Roja (Rotes Kreuz) um die Flüchtlinge kümmerten.

Einen Tag später, am 01.11.2005, war es erneut das Radar des SIVE-Systems, welches ein weiteres Flüchtlingsboot 1.5 Meilen vor der Küste von Fuerteventura ausgemacht. Als das Patroulienboot "Báltico" sich der Patera näherte, begannen die 40 Migranten auf sich aufmerksam zu machen. Das Boot war völlig überladen und drohte auseinander zu brechen. Die "Río Guadalope", ein weiteres Patroulienboot kam hinzu und nahm die völlig erschöpften Flüchtlinge an Bord.

Im Hafen von Puerto del Rosario angekommen erhielten die Migranten von Mitarbeitern des Cruz Roja (Rotes Kreuz) trockene Kleidung, sowie Nahrungsmittel und Wasser

Quelle: Kanaren Nachrichten vom 02.11.2005




02.) Zehn Flüchtlinge vor türkischer Grenze ertrunken

Ankara (ap/baz). Vor der türkischen Küste sind nach amtlichen Angaben zehn Flüchtlinge nach dem Kentern ihres Bootes ertrunken. Wie die türkische Küstenwache mitteilte, wurden sieben Flüchtlinge aus der Ägäis vor dem Badeort Cesme gerettet.

Der türkische Fernsehsender CNN-Turk berichtete zuvor, bei dem Bootsuntergang seien zwölf Menschen ertrunken, 18 weitere würden vermisst. Die Nachrichtenagentur Anadolu meldete aber, die Behörden wüssten nicht, wie viele Menschen tatsächlich an Bord des Bootes gewesen seien.

Jährlich versuchen tausende Flüchtlinge aus dem Nahen Osten, Afrika und Asien, von der Türkei aus in die EU einzureisen. Die EU hat Ankara aufgefordert, gegen illegale Einwanderung vorzugehen.

Quelle: Basler Zeitung Online




03.) Flüchtling will Freispruch erreichen / Göttingen: Kameruner geht lieber ins Gefängnis, als die Residenzpflicht zu akzeptieren / Einschränkung der Bewegungsfreiheit mit Zuständen in deutschen Kolonien verglichen / Solidarität mit Asylbewerber

Offenlegung seiner finanziellen Verhältnisse oder Haftbefehl – vor dieser Alternative stand Cornelius Yufanyi, der am vergangenen Freitag vor dem Göttinger Amtsgericht erscheinen sollte. Dem aus Kamerun stammenden Mann wird eine Tat zur Last gelegt, die Deutsche gar nicht begehen können. Als Asylbewerber reiste er ohne behördliche Erlaubnis in eine andere Stadt und verstieß damit gegen die so genannte Residenzpflicht. Diese Regelung verbietet Flüchtlingen, während ihres Asylverfahrens den Bereich der zuständigen Ausländerbehörde, in der Regel ist das eine Gemeinde oder ein Landkreis, ohne schriftliche Bewilligung zu verlassen.

Vor fünf Jahren lebte Yufanyi in einem abgelegenen Flüchtlingswohnheim im thüringischen Landkreis Eichsfeld. Weil er sich an der Organisation eines internationalen Flüchtlingskongresses in Jena beteiligen wollte, beantragte er beim Ausländeramt Reisegenehmigungen. Die wurden ihm verweigert, weil er sein "Kontingent" für den Besuch politischer Veranstaltungen bereits ausgeschöpft habe. Yufanyi fuhr daher ohne Genehmigung nach Jena. Ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde entdeckte kurz darauf ein Interview mit ihm in einer Zeitung und zeigte ihn an.

Yufanyi bekam einen Strafbefehl, gegen den er Widerspruch einlegte, und es kam zum Prozess. Das Amtsgericht Worbis bot an, das Verfahren bei Anerkennung einer geringen Schuld einzustellen. Der Afrikaner lehnte ab: "Ich will einen Freispruch erreichen und werde keine noch so geringe Strafe akzeptieren", begründete er. In einer weiteren Gerichtsverhandlung wurde er dann zu einer Geldstrafe von 320 Euro verurteilt.

Bewegungsfreiheit und Bestimmung des Aufenthaltsortes seien elementare Rechte, argumentiert Yufanyi. Schon in ihren Kolonien hätten die Deutschen versucht, die Kolonisierten zu kontrollieren und ihre Bewegungsfreiheit zu unterbinden. Damals habe es dafür ein "Eingeborenenregister" und eine Blechmarke als Passersatz gegeben. Da jede Marke nur in einem Bezirk gültig war, konnten die Kolonialbehörden jederzeit feststellen, ob Afrikaner unerlaubt ihren Distrikt verlassen hatten. Eine der früheren deutschen Kolonien war Kamerun, das Herkunftsland von Cornelius Yufanyi, der 1998 nach Deutschland flüchtete.

Zahlreiche Organisationen teilen Yufanyis Ansicht und unterstützen ihn. "Die Residenzpflicht ist ein Apartheidsgesetz", erklärt der Niedersächsische Flüchtlingsrat. Das Komitee für Grundrechte und Demokratie nennt die Regelung ein "diskriminierendes Sondergesetz gegen Asylsuchende". Sie sei "in besonderer Weise dazu geeignet, die politische Brandrede vom kriminellen Ausländer zu bestätigen". Auch das Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat schon mehrfach an deutsche Behörden und Gerichte appelliert, die Residenzpflicht zu überprüfen. Der Paragraph sei mit internationalem Recht nicht zu vereinbaren.

Wenn Yufanyi die verhängte Geldstrafe bezahlt, kann er die drohende Inhaftierung immer noch abwenden. Aber das will er nicht. Den Termin beim Amtsgericht am Freitag sagte er nach Absprache mit seinem Anwalt ab: "Ich werde für mein Recht auf Bewegungsfreiheit nicht bezahlen und bin bereit, ins Gefängnis zu gehen."

Quelle: junge Welt (Reimar Paul)




04.) Wochenend-Ticket zum Arzt / Polizei verprügelte Afrikaner im Zug

Wie schnell manche Polizisten bereit sind, Gewalt einzusetzen, zeigt ein Fall vom vergangenen Sonnabend. Für den Einsatz von Handschellen und Pfefferspray reichten zwei Dinge aus: ein nicht unterschriebenes Wochenend-Ticket und die dunkle Hautfarbe des Besitzers.

Jean-Paul K. wird an das vergangene Wochenende noch lange zurückdenken. Der aus Kamerun stammende Student, der seit fünf Jahren in Deutschland ist, behielt von seiner Reise von Frankfurt (Oder) nach Berlin Prellungen an Handgelenken und Fingern, den Knien, im Gesicht und innere Schmerzen. Weil sein Schönes-Wochenende-Ticket nicht unterschrieben war, vermutete der Schaffner Betrug und holte zwei Polizeibeamte, die den 29-Jährigen aufforderten, auszusteigen. Als der sich weigerte, setzten sie Gewalt ein. Die anderen Passagiere schauten ungerührt zu, wie die Beamten dem jungen Mann Pfefferspray ins Gesicht sprühten, seine Hände verdrehten, ihn zwischen die Sitze drückten, hörten weg, als er schrie und weinte. "Keiner hat mit der Wimper gezuckt", erinnert sich Augenzeuge Michal Stochura. Bis zum Berliner Ostbahnhof, wo weitere sieben Beamte dazukamen. "Sie haben mich aus dem Zug gezerrt wie ... ", so der Afrikaner.

Den Vorwurf, der Übergriff habe etwas mit Jean-Pauls Hautfarbe zu tun, will das zuständige Bundespolizeipräsidium Ost nicht kommentieren. Es sei zu "polizeilichen Maßnahmen" aufgrund von "Widerstandshandlungen" gekommen, bestätigte ein Sprecher. Doch da man inzwischen wegen "Erschleichung von Leistungen und Widerstandshandlungen" ermittle, könne er nichts sagen.
Rassistisch motivierte Übergriffe durch Polizeibeamte sind in Deutschland keine Ausnahme. 35 mal wurden seit 2000 allein in Berlin nicht deutsch Aussehende von Polizisten misshandelt, zählte die "Kampagne für Opfer rassistisch motivierter Polizeigewalt". Auch amnesty international (ai) machte mehrfach darauf aufmerksam, dass solche Vorfälle "keine isolierten Einzelvorkommnisse" seien – zuletzt 2004. ai fordert, alle Misshandlungsvorwürfe unverzüglich und unparteiisch zu untersuchen.

Doch dazu kommt es in den seltensten Fällen, berichtet Helga Seyb von der Berliner Initiative ReachOut. 95 Prozent der Anzeigen würden eingestellt oder nicht verhandelt. Vor allem, wenn unabhängige Zeuginnen fehlen, sei die Chance bei einem Prozess gleich Null. Auch Jean-Paul wird Anzeige erstatten. Er sucht noch Augenzeugen, die zur Aussage bereit sind.

29.10. gegen 12 Uhr Berliner Ostbahnhof, RE38020 Frankfurt (Oder)/Magdeburg. Zeugen bitte melden unter:

info@opferperspektive.de

oder 0171/1935669

Quelle: Neues Deutschland (Anke Engelmann)




05.) "Widerspruch zu Flüchtlingskonvention" / Asyl-Widerruf auch bei Gefahr im Heimatland zulässig

Eine Anerkennung als Asylbewerber kann auch dann widerrufen werden, wenn dem Asylbewerber in seinem Heimatland erhebliche Gefahren drohen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom Dienstag entschieden. Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) kritisierte die Entscheidung als Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention. Die Richter hatten entschieden, allgemeine Gefahren, die der Rückkehr des Flüchtlings entgegenstehen, seien nur im Rahmen der ausländerrechtlichen Abschiebeschutzregelungen zu berücksichtigen. Für den Wegfall des Flüchtlingsschutzes komme ausschließlich auf den grundlegenden und dauerhaften Wegfall der Verfolgung im Herkunftsland an. Nach Ansicht des UNHCR müsse es nach der Konvention aber darauf ankommen, ob die Betroffenen tatsächlich auch wirksamen Schutz durch die Behörden ihres Heimatlandes erhalten könnten. Dies sei Voraussetzung dafür, dass die Betroffenen in Sicherheit und Würde zurückkehren könnten.

Ziel der Genfer Flüchtlingskonvention seit es, einen Status zu schaffen, der nicht ständig überprüft werde, so das Flüchtlingskommissariat. Andernfalls würde das Gefühl der Sicherheit beeinträchtigt, das der internationale Flüchtlingsschutz den Betroffenen vermitteln solle.

Nach dem Abkommen kann eine Beendigung des Flüchtlingsschutzes erst erfolgen, wenn der Flüchtling es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz seines Heimatstaates anzunehmen. Das Bundesverwaltungsgericht entschied nun jedoch, diese Klausel beziehe sich ausschließlich auf den Schutz vor erneuter Verfolgung. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge - heute Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - hatte im Jahr 2000 die Asylberechtigung des 1991 anerkannten Klägers widerrufen. Dies sei möglich, weil in Afghanistan - dem Herkunftsland des Klägers - keine der Verfolgung fähige staatliche oder staatsähnliche Gewalt mehr vorhanden sei.

Diese Entscheidung wird nach UNHCR-Auffassung der Genfer Flüchtlingskonvention nicht gerecht. Das UN-Flüchlingskommissariat kritisierte auch die derzeitige deutsche Praxis des Widerrufs der Anerkennung irakischer Flüchtlinge: Die Innenministerkonferenz erachte eine Rückkehr in den Irak wegen des Fortbestehens der allgemeinen Gefahren als nicht zumutbar. Gleichzeitig verlören derzeit aber Tausende Iraker ihre Anerkennung als Flüchtlinge in Deutschland.

Dies führt zu einer erheblichen Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen. So drohe ihnen konkret der Verlust ihres legalen Aufenthalts sowie des Arbeits- oder Ausbildungsplatzes. Insgesamt sei es deshalb zu einer großen Verunsicherung unter den in Deutschland lebenden irakischen Flüchtlingen gekommen.

Positiv bewertete das UNHCR aber die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, soweit es eine weitere Aufklärung der Frage verlangt, ob in Afghanistan eine Verfolgungsgefahr tatsächlich nicht mehr gegeben ist. Damit mache das BVerwG deutlich, so das Flüchtlingskommissariat, dass die Gerichte und die Verwaltung im vorliegenden Fall ihrer Pflicht zur individuellen Sachverhaltsaufklärung nicht ausreichend nachgekommen seien. Diese Einschätzung treffe auf eine Vielzahl der gegenwärtig entschiedenen Widerrufsfälle zu.

BVerwG, Urteil vom 1. November 2005, Az. 1 C 21.04

Quelle: ngo-online


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