Deister- und Weserzeitung ,
20.10.2005 :
Ostpreußische Handarbeit / 40 Teilnehmer der 51. Werkwoche im Pyrmonter Ostheim
Bad Pyrmont (Hei). Weißstickerei, Trachtennähen, Doppelstrick-Technik oder Knüpfweberei: Was als traditionelle ostpreußische Handarbeiten mit dem Aussterben der älteren Generation vermutlich unwiederbringlich verloren ginge, wird heute von erfahrenen Werkmeisterinnen an jüngere Frauen weitergegeben und bleibt auf diese Weise erhalten. Der Frauenkreis der Landsmannschaft Ost- und Westpreußen auf Bundesebene veranstaltete jetzt im Pyrmonter Ostheim seine 51. Werkwoche mit anschließender Ausstellung. Angeleitet von den Werkmeisterinnen saßen 40 Frauen im Alter zwischen 35 und 85 Jahren an Spinnrädern, Webstühlen und Nähmaschinen, stickten und ließen die Stricknadeln klappern. Eine weite Reise haben Boguslava Dawidczyk (38) und Irena Rynowiecka (51) hinter sich. Sie stammen aus deutsch-polnischen Familien im ehemaligen Kreis Allenstein und nehmen über den dortigen Deutschen Verein an den Pyrmonter Werkwochen teil.
Dass sie nun mit Frauen aus ganz Deutschland zusammen handarbeiten und Erfahrungen austauschen konnte, empfand die sympathische Boguslava als "großes Glück". Stolz zeigt die junge Polin ihre "Handschkes mit den Pinökelchen". Das sind die typischen Stulpenhandschuhe mit kleinen Schlaufen im Innenbereich. "Und wenn diese Handschkes schwarz-weiß gestrickt waren und ein bestimmtes Muster aufwiesen, dann waren das die Brauthandschuhe", erzählt Werkmeisterin Christel Klawonn. "In Ostpreußen wurde meist im Herbst geheiratet, wenn die Ernte eingebracht und es schon recht kalt war. Damit der Wind nicht in die Kleidung blies, waren die Stulpen besonders lang", weiß Klawonn, die alte ostpreußische Handschuhe sammelt. Weil von den Handarbeiten wenig schriftlich festgehalten war, wurden die typischen Techniken und Muster nach dem Krieg von früheren Ostpreußinnen in Westdeutschland rekonstruiert. Als Vorbilder dienten die wenigen Handarbeiten, die auf die Flucht mitgenommen werden konnten. "Und so machen wir es bis heute, in der Praxis wird unsere Handwerkskunst weitergegeben. Die Resonanz ist auch bei Frauen, die nie etwas mit Ostpreußen am Hut hatten, sehr groß", freut sich Uta Lüttich, Bundesvorsitzende des Frauenkreises und Leiterin der Werkwoche über alles, was die "Marjellchens" fleißig gewerkelt haben.
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