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www.hiergeblieben.de , 11.10.2005 :

Übersicht

Veröffentlichungen am 11.10.2005:


01.) Lippische Landes-Zeitung:
(Detmold) Über extreme Rechte / Vortrag in "alter Pauline"

02.) Die Glocke:
Einsatz des Panzergrenadierbataillons 192 / Ahlener übernimmt Kommando in Prizren

03.) Stadtverwaltung Borna:
(Borna) 14. Sitzung des Bauausschusses am 11.10.2005 / Öffentlicher Teil




Nachrichten zu Migration / Rassismus vom 11.10.2005:


01.) Leiden in Lampedusa / Unmenschliche Bedingungen im italienischen Flüchtlingslager
(Neues Deutschland)

02.) Guantánamo auf Lampedusa / Italien: Schockierende Berichte über Flüchtlingsmißhandlungen / Rom unter Druck
(junge Welt)

03.) Marokko: Algerien lässt Flüchtlinge ins Land
(Netzeitung)

04.) Flüchtlinge / Beschleunigte Abschiebung in die Wüste
(Spiegel Online)




01.) Leiden in Lampedusa / Unmenschliche Bedingungen im italienischen Flüchtlingslager

Von Anna Maldini, Rom

Ein italienischer Journalist hat jetzt menschenunwürdige Bedingungen im Auffanglager für Flüchtlinge auf der Insel Lampedusa aufgedeckt. Die Opposition fordert den Rücktritt des Innenministers.

Auch gestern konnte man es wieder lesen: 150 Flüchtlinge im Mittelmeer aufgegriffen; sie wurden ins Auffanglager auf der Insel Lampedusa gebracht. Mindestens einmal die Woche, manchmal auch täglich, tauchen diese Notizen in der italienischen und internationalen Presse auf. Und dann wird es wieder ruhig um das "Lager", wie es mittlerweile mit dem deutschen Begriff auch in Italien genannt wird. Man weiß, dass es viel zu klein und dauernd überfüllt ist, nur für 190 Flüchtlinge geplant und oft mit bis zu 1.000 "Gästen" besetzt. Man weiß, dass die Zustände dort nicht idyllisch sind – aber das ist auch schon alles, denn schließlich können Normalsterbliche das Gelände auf der Ferieninsel nicht betreten und auch Abgeordnete und Vertreter von Menschenrechtsorganisationen haben nur sehr begrenzt Zugang.

Doch seit ein paar Tagen weiß man mehr – und das, was man weiß, ist furchtbar. Ein Journalist der Wochenzeitschrift "Espresso" hat sich durchnässt auf einen Strand der Insel gelegt und darauf gewartet, "aufgegriffen" zu werden. Er gab sich als kurdischer Iraker aus und wurde in das Auffanglager gebracht. Acht lange Tage war er dort "untergebracht" und sein Erfahrungsbericht beschreibt absolut menschenunwürdige Bedingungen. Das beginnt mit dem, was normalerweise als "hygienische Einrichtungen" bezeichnet wird: Fünf Klos für Hunderte von Flüchtlingen, ohne Türen und auch ohne Toilettenpapier. Acht Duschen, die meisten verstopft, Waschbecken, aus denen das Wasser nur tröpfelt.

Und was womöglich noch schlimmer ist: Die Männer, die zumeist aus dem Nahen Osten und aus Afrika kommen, werden permanent gedemütigt. Muslime werden gezwungen, sich nackt auszuziehen, und müssen dann stundenlang zu Dutzenden so auf dem Hof stehen. Wer sich "ziert", wird gestoßen, geohrfeigt und geschlagen. Manche werden gerufen, sich mit dem Wachpersonal zusammen Pornofilme anzusehen, was gegen all ihre Moralvorstellungen verstößt. Im Lager von Lampedusa werden unzählige Gesetze gebrochen. So wurde der Journalist Fabrizio Gatti acht Tage festgehalten, ohne je einen Richter zu Gesicht zu bekommen, der seinen persönlichen Fall geprüft hätte.

Der Aufenthalt in diesem "Fünf-Sterne-Hotel", wie es noch vor kurzem von der mitregierenden "Lega" bezeichnet wurde, endete für den vermeintlichen Kurden mit einer Ausweisung: Er bekam ein Papier in die Hand, auf dem stand, dass er Italien innerhalb von fünf Tagen zu verlassen habe. Das war alles. Seiner "Karriere" als Illegaler in Italien oder irgendwo sonst in Europa stand nichts mehr im Wege.

Der Bericht aus Lampedusa hat in Italien großen Eindruck gemacht. Die Opposition – allen voran die beiden kommunistischen Parteien "Rifondazione Comunista" und "Comunisti Italiani" – verlangt die sofortige Schließung des Auffanglagers und den Rücktritt des zuständigen Innenministers Giuseppe Pisanu. Erst kürzlich hatte der im Parlament erklärt, Italien befolge alle Verordnungen zum Asylrecht.

amnesty international und andere Menschenrechtsorganisationen schreiten ein. Auch die europäischen Institutionen werden sich jetzt wohl für den Fall interessieren müssen. Bisher gibt es allerdings nur einen einzigen Angeklagten: Den Journalisten Fabrizio Gatti, der beschuldigt wird, der Polizei falsche Angaben über seine Person gemacht zu haben!

Quelle: Neues Deutschland



02.) Guantánamo auf Lampedusa / Italien: Schockierende Berichte über Flüchtlingsmißhandlungen / Rom unter Druck

Die Flüchtlingslager auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa wurden bisher von der Regierung Berlusconi hermetisch abgeriegelt. Sie gerieten nunmehr in massive öffentliche Kritik, nachdem es einem Journalisten des Espresso gelungen war, sich als Kurde verkleidet dort umzusehen. Die Reportage von Fabrizio Gatti über seine Erfahrungen im Flüchtlingszentrum sorgte nun dafür, dass die italienische Regierung eine Untersuchung anordnete.

Was er in Lampedusa gesehen hat, so Gatti am Montag gegenüber dem ARD-Hörfunkstudio Rom, habe seine schlimmsten Erwartungen übertroffen: "Die Toilettenräume sind voll Kot und Urin. Auch ansonsten sind die hygienischen Zustände zum Verzweifeln. Die Matratzen sind voll mit Flöhen. Und es gibt Gewalt von seiten der Aufsichtspersonen."

Italienische Kommentatoren sprechen von "unserem Guantánamo", in Anspielung auf das US-Gefangenenlager auf Kuba. Für Entsetzen in Rom sorgen vor allem die Szenen in Lampedusa, in denen der Undercover-Journalist schildert, wie Carabinieri Flüchtlinge mißhandeln und erniedrigen: "In zwei Fällen habe ich gesehen, wie Flüchtlinge zwischen zwei Reihen von Carabinieri durchgehen mussten und dabei von allen geschlagen wurden. In einem anderen Fall hat ein Carabiniere Minderjährigen und Moslems Pornobilder auf einem Handy gezeigt. Einer der Flüchtlinge hat sich aus Scham die Hände vor die Augen gehalten. Der Carabiniere hat ihm die Hände weggerissen und ihn gezwungen, die Szene anzuschauen."

Seit Jahren ist Lampedusa ein Fluchtpunkt für Auswanderer aus Libyen und Tunesien. Auch am vergangenen Wochenende trafen 500 Menschen ein. Alle Bitten und Anträge von Journalisten, die Lager zu besichtigen, wurden bisher abgelehnt. Inzwischen beauftragte Innenminister Giuseppe Pisanu einen ranghohen Beamten damit, das "Auffanglager" zu inspizieren. Dieser erklärte laut der Nachrichtenagentur Ansa jedoch, er wolle zwar mit örtlichen Sicherheitsvertretern zusammentreffen, aber die Insel zwischen Sizilien und Afrika nicht besuchen.

Quelle: junge Welt




03.) Marokko: Algerien lässt Flüchtlinge ins Land

Marokko hat Algerien vorgeworfen, zahlreiche schwarzafrikanische Flüchtlinge über die Grenze zu lassen. Die Kritik am Umgang der marokkanischen Behörden mit den Flüchtlingen nimmt zu.

Die marokkanische Regierung hat den Vorwurf von Hilfsorganisationen zurückgewiesen, sie habe schwarzafrikanische Flüchtlinge ohne Wasser und Nahrung in der Wüste ausgesetzt. "Wir geben ihnen starke Unterstützung. Wir versorgen sie mit Nahrungsmitteln und Wasser", sagte Kommunikationsminister Nabil Benabdallah. Allerdings kämen so viele Flüchtlinge nach Marokko, dass man nicht sicher sei, ob alle versorgt sind.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hatte Marokko vorgeworfen, nahe der spanischen Exklave Melilla mindestens 400 Flüchtlinge in der Wüste ausgesetzt und ihrem Schicksal überlassen zu haben.

Benabdallah sagte, Marokko könne es den Europäern offenbar nicht recht machen. Bislang sei seine Regierung stets dafür kritisiert worden, dass sie nicht energisch genug gegen den Ansturm der Flüchtlinge auf die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla vorgehe.

Der Minister beschuldigte das Nachbarland Algerien, die gemeinsame Grenze praktisch nicht zu überwachen. Laut einem Bericht der spanischen Zeitung "El País" warten in einem Lager auf der algerischen Seite der Grenze etwa 3.000 Afrikaner auf einen geeigneten Zeitpunkt, um ihre Flucht nach Melilla in Angriff zu nehmen.

Erneute Abschiebung nach Senegal

Marokko schob am Dienstag weitere 140 Flüchtlinge per Flugzeug in den Senegal ab. Es war die dritte Maschine innerhalb von zwei Tagen. In Oujda an der Grenze zu Algerien befinden sich noch rund 600 Senegalesen und 606 Menschen aus Mali, die ebenfalls abgeschoben werden sollen.

Die spanische Regierung forderte Marokko zu einer humanen Behandlung der Flüchtlinge auf. Die Menschenrechtsorganisation amnesty international kritisierte die Europäische Union. Die EU konzentriere sich nur darauf, niemanden ins Land zu lassen, statt die Menschen angemessen zu schützen, sagte der für Europa zuständige AI-Leiter Dick Oosting in Brüssel.

Quelle: Netzeitung




04.) Flüchtlinge / Beschleunigte Abschiebung in die Wüste

Marokko beschleunigt die Abschiebung der afrikanischen Flüchtlinge in die Wüste. Angesichts der Flüchtlingsdramen fordert amnesty international "eine grundsätzliche Neuorientierung der EU-Flüchtlings-, Asyl- und Einwanderungspolitik" in der EU.

Oujda/Madrid. Per Flugzeug wurden heute weitere 140 Senegalesen aus Oujda im Nordosten Marokkos nach Dakar gebracht, sagte der senegalesische Botschafter in Rabat, Ibou Ndyae, der Nachrichtenagentur AFP. Weitere Flugzeuge folgten im Laufe des Tages. Zahlreiche Busse brachten zudem Hunderte Einwanderer in die Grenzregionen zu Algerien und zu Westsahara.

Die Regierung in Rabat teilte mit, dass die illegalen Einwanderer zu den Grenzen gebracht würden, über die sie nach Marokko gekommen seien. Korrespondenten berichteten, dass Flüchtlinge in drei Richtungen transportiert würden: an die algerische Grenze bei Assa-Zug im Süden sowie zu zwei Grenzübergänge im Süden des Landes nach Westsahara. Der senegalesische Botschafter sagte der AFP, dass sich zudem rund 100 Senegalesen gemeldet hätten, die freiwillig in ihr Land zurückkehren wollten. "Die Zahl derer, die sich bei mir mit der Bitte um Hilfe melden, steigt von Tag zu Tag", sagte Ndyae.

Auf Sizilien griff die Polizei heute 110 weitere Flüchtlinge in der Nähe von Agrigento auf. Sie wurden in ein Auffanglager gebracht, wo darüber entschieden wird, ob sie einen Asylantrag stellen dürfen. In Italien sind nach offiziellen Angaben in den ersten neun Monaten dieses Jahres bereits 15.000 illegale Flüchtlinge aufgegriffen worden, vor einem Jahr waren es knapp 10.000. Die türkische Polizei befreite 135 Immigranten aus Pakistan und dem Iran aus einer leerstehenden Fabrikhalle. Nach Polizeiangaben hausten viele der Flüchtlinge bereits seit Monaten unter katastrophalen hygienischen Bedingungen in dem Unterschlupf.

Angesichts der Flüchtlingsdramen forderte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) "eine grundsätzliche Neuorientierung der EU-Flüchtlings-, Asyl- und Einwanderungspolitik" in der EU. Brüssel vernachlässige seine Verantwortung zum Schutz der Flüchtlinge und konzentriere sich allein auf "den Kampf gegen illegale Einwanderung". Die Justiz- und Innenminister der EU wollen sich am Mittwoch in Luxemburg mit dem Problem der illegalen Einwanderung befassen.

Der spanische Außenminister Miguel Angel Morationos kündigte nach einem Gespräch mit der marokkanischen Regierung die Einberufung einer europäisch-afrikanischen Konferenz an. Dort sollten Herkunfts-, Transit- und Zielländer der Flüchtlinge gemeinsam über Lösungen des Problems beraten.

Die EU-Kommission werde am Mittwoch ein neues Entwicklungsprogramm für Afrika vorstellen, verlautete aus EU-Kreisen. Ziel des auf zehn Jahre angelegten Programms sei in Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen der Aufbau großer Infrastrukturnetze für Verkehr, Energie, Wasser und Telekommunikation. Die EU wolle den innerafrikanischen Handel stärken, um so auch Afrikas Gewicht auf dem Weltmarkt zu erhöhen. Die Afrikanische Union in Addis Abeba teilte mit, dass die Probleme "nur im Dialog" zu lösen seien.

In Spanien erhoben Zeitungen massive Vorwürfe gegen die Regierungen in Madrid und Rabat. Madrid habe sich gegenüber Marokko "auf unerklärliche Weise tolerant" gezeigt, schrieb die Tageszeitung "El Mundo". Zudem wurden Vergewaltigungsvorwürfe gegen arabische Polizisten laut.

In den vergangenen Wochen hatten hunderte Flüchtlinge die Sperrzäune um die spanischen Exklaven Melilla und Ceuta überquert. Spanien hatte daraufhin mit deren Abschiebung begonnen und sich auf ein Abkommen mit Marokko aus dem Jahr 1992 berufen. Die illegalen Einwanderer werden von Melilla nach Spanien geflogen und sollen von dort in ihre Heimatländer gebracht werden. Diejenigen, die es nicht in die Exklaven schafften, werden von den marokkanischen Behörden abgeschoben.

Quelle: Spiegel Online


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