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Zeitung für den Altkreis Lübbecke / Neue Westfälische , 07.10.2005 :

Geldstrafe für Hakenkreuz auf Disco-Flyer / Kennzeichen verfassungswidriger Organisation für Werbezwecke genutzt / 37-jähriger Wagenfelder verurteilt

Rahden-Wagenfeld (nw). Weißer Kreis auf rotem Grund und in der Mitte des Kreises Wörter so zusammengestellt, dass man darin deutlich ein Hakenkreuz erkennen kann. Die so gestaltete Vorderseite eines Flyers der Discothek "Kreml" in Sulingen sorgte vor einem Jahr für große Aufregung. Als Betreiber der Disco war dafür der 37-jährige Gerald C. vom Amtsgericht Sulingen bereits zu einer Geldstrafe von 3.600 Euro verurteilt worden.

In einem Berufungsprozess am Verdener Landgericht, wollte er einen Freispruch erreichen und erklärte, dass er lediglich ein Kreuzworträtsel habe darstellen wollen. Die Gericht sah das anders und bestätigte das Urteil aus erster Instanz.

"Für uns ist es die Abbildung eines Hakenkreuzes", erklärte der Vorsitzende Richter Klaus Palm in der Urteilsbegründung, und dies war nach Überzeugung der Kammer auch bewusst so gewollt. Es gab nur einen Kreuzungspunkt der Wörter in der Mitte, keine mehrfache Verflechtung und es wurden extra doppelte und überflüssige Wörter hinzugefügt, nur um es wie ein Hakenkreuz erscheinen zu lassen. In Verbindung mit dem weißen Kreis auf rotem Grund ein Hinweis auf die Fahne der NSDAP.

Der Angeklagte habe jedoch nicht für die Ziele der verbotenen Partei werben, sondern Blicke anziehen und den Betrachter zum genaueren Anschauen des Flyers und dessen Inhalte animieren wollen. "Auch wenn er keine verfassungsfeindlichen Organisationen unterstützen wollte, so hat er sich dennoch der Verwendung eines Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation strafbar gemacht", so Richter Palm.

Doch damit nicht genug. Nachdem die Polizei sofort nach dem Auftauchen der ersten Flyer den kompletten Bestand beschlagnahmt hatte, brachte der Wagenfelder einen neuen Flyer heraus. Mit einem gelben Kreis, auf dem "Voll zensiert" geschrieben stand und im Innern mit einer Verkleinerung des ergangenen Gerichtsbeschlusses. Dreisterweise mit den Namen eines Lehrers, der Anzeige erstattet hatte und der zuständigen Richterin. Sein Verteidiger erklärte: "Ohne sich Gedanken zu machen."

Die hatte er sich nach Überzeugung des Gerichtes sehr wohl gemacht, allerdings nur um sich. Sein eigenes Geburtsdatum und seine Privatanschrift hatte Gerald C. geschwärzt, den Lehrer habe er bewusst als bösen Anzeigenerstatter erscheinen lassen wollen. Der sah dies als eine Art Gewaltaufruf gegen seine Person, konkrete Bedrohungen gab es aber glücklicherweise nicht.

Damit verstieß der nicht einschlägig, aber mehrfach Vorbestrafte gegen den auch für viele Juristen unbekannten Paragraphen 353 des Strafgesetzbuches. Dieser untersagt die Veröffentlichung von Schriftstücken eines Strafverfahrens, bevor diese in öffentlicher Sitzung erörtert worden sind. Die Berufung wurde, wie von der Staatsanwältin gefordert, verworfen und die Gesamtstrafe von 120 Tagessätzen á 30 Euro bestätigt.


lok-red.luebbecke@neue-westfaelische.de

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