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Bielefelder Tageblatt (BW) / Neue Westfälische , 05.10.2005 :

(Bielefeld) Wir gegen die! / Liebe und Politik: "The Movement" und "Kylesa" im AJZ

Bielefeld (RS). Ein wenig mutet es an wie der altbekannte Kampf gegen Windmühlen, was die jungen Leute im Innenhof des AJZ praktizieren: anlässlich des diesjährigen Gedenkens ans Ende des Zweiten Weltkriegs mahnen sie gegen das Erstarken einer faschistischen Reaktion. Derweil tobt drinnen im Saal eine andere Windmühle: der präzise kreisende, weit ausholende Pete-Townsend-Saitenanschlag. Formvollendet beherrscht Lukas Scherfig die klassischen Rockgitarristenposen. Seine Band "The Movement" beweist ohnehin in jeder Hinsicht Geschmack, in hochgeschlossenen Anzügen, mit Instrumenten aus den 60er Jahren, mit schnellem, rhythmischen Soul und Beat, definiert-rotzigem Sound und hymnischem dreistimmigem Gesang. Eben allem, was Mods und anderes Publikum seit den Sixties glücklich macht.

Der Name des dänischen Trios, das laut aktueller Plattenveröffentlichung "Revolutionary Sympathies" hegt, ist durchaus politisch zu verstehen. Da kommt die jüngere Vergangenheit ins Spiel, mit Punkrock und einer Lederjacke, die aus dem Publikum geworfen punktgenau mitten auf der Bühne landet, so dass man den aufgesprühten Schriftzug gut lesen kann: "The Clash".

Doch Zeit, um die triviale Referenz anzuerkennen, hat "The Movement" in seiner atemlosen Getriebenheit nicht. Nur Zeit für ein kurzes Statement zur Uptempo-Offbeat-Pogotanzhymne "More Products", in der die komplette Ökonomisierung des Menschenbildes angeprangert wird: "F... the European Union!" Ihr Arbeiter und Bauern aus dem Staate Dänemark, gäbe es da nicht wichtigere Zielscheiben?

Egal, die seit 2003 bestehende Band, die zum dritten Mal in Bielefeld auftritt, klingt ungeheuer stimmig, besonders, da sie die Themen, die die wahre Leidenschaft für Popmusik befeuern, nicht ausspart: "Get Pissed!", berauscht euch! Und immer wieder: die Liebe. Dazu eine erschöpfend extrovertierte Show, die ihresgleichen sucht.

Schon vorher flogen die Fetzen, besser gesagt: gebrüllte Wortbrocken von Bassist Cope, abwechselnd mit echtem, aber mit viel Hall verfremdetem Gesang der Gitarristin Laura Pleasants . "Kylesa", ein Quartett aus Georgia, das definitiv Liebe zur Musik mitbringt. Die Grundgangart "laut, hart, kathartisch" wird mit dekonstruiertem Blues angereichert und der stramm peitschende Takt unangestrengt rhythmisch verschachtelt, vier gegen drei, sechs gegen acht, wir gegen die!


lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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