www.hiergeblieben.de

Mindener Tageblatt , 27.09.2005 :

(Minden) Versöhnung über den Gräbern / Günther Henneking und Reinhard Tschapke engagieren sich für den Erhalt der Kriegsgräber

Minden (mt). Die Erinnerung an die Opfer der Weltkriege festhalten und für ein friedliches Miteinander wirken, das sind die Ziele des Mindener Ehrenringträgers Günther Henneking, wenn er sich für die Instandsetzung der Kriegsgräber auf dem Nordfriedhof einsetzt.

Von Hans-Jürgen Amtage

Vor zwei Jahren hatte sich Günther Henneking bereits für die Sanierung der Steinkreuze der Gefallenen des Ersten Weltkrieges engagiert, jetzt widmete sich der 83-Jährige gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge Minden, Reinhard Tschapke, den so genannten Ostgräbern. Dort sind die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter beigesetzt, die während des Zweiten Weltkrieges oder kurz danach verstarben. Ihre Grabplatten waren in den vergangenen Jahrzehnten verwittert, ihre Namen unleserlich geworden.

128 ausländische Opfer von Krieg und Gewalt ruhen in dem Gräberfeld: Belgier, Niederländer, Jugoslawen, Letten, Polen, Russen, Ungarn und Kriegsopfer aus anderen Nationen. Rund 50 von ihnen fanden nach Umbettungen 1976 hier ihre letzte Ruhestätte, als die Anlage neu gestaltet wurde.

Die Namen dieser Menschen, die für viele andere Opfer der Kriege in aller Welt stehen, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, das liegt Günther Henneking besonders am Herzen. Da die Stadt Minden keine Finanzmittel zur Verfügung hat, die verwitterten Grabplatten aufzuarbeiten, griff der engagierte Mindener, der für seine Jahrzehnte langen Aktivitäten auch das Bundesverdienstkreuz erhielt, zur Spendendose. Er organisierte ein Benefizkonzert und warb anderweitig für Spenden, erhielt eine kräftige finanzielle Unterstützung auch von einem Unternehmer, sodass die Sanierung und Restaurierung der Grabstätten der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter angegangen werden konnte. "Trotz der großen Summe, die zur Verfügung stand, reichten die Mittel aber leider nicht aus, um all die Grabplatten aufzuarbeiten", bedauert Henneking und wirbt um weitere Spenden. Auch der Mindener Pfarrer i. R. Ehrhardt Wichmann, der sich im Internationalen Versöhnungsbund engagiert, habe signalisiert sich einzubringen, freut sich der 83-Jährige, der weiterhin eng mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zusammenarbeitet und in Reinhard Tschapke einen großen Unterstützer hat.

Dabei sehen beide ihre Aufgabe hinsichtlich der Grabpflege und der damit verbundenen "Versöhnung über den Gräbern" ohnehin noch nicht beendet. Denn es gelte auch noch die Grabkreuze der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges und die Grabplatten der Mindener Bürgerinnen und Bürger zu sanieren, die Opfer der Bombenangriffe waren.

Insgesamt ruhen 566 Opfer beider Weltkriege, darunter 264 Zivilisten in den Kriegsgräberstätten auf dem Nordfriedhof. Die meisten der beigesetzten deutschen Soldaten starben in Lazaretten an den Folgen ihrer Verwundungen. Einige fielen noch in den letzten Kriegswochen.

Die dort beigesetzten Zivilisten sind vor allem Opfer der Bombenangriffe auf Minden. Am 29. Dezember 1943 war die Weserstadt erstmals Ziel eines Bombenangriffes. 29 Tote waren damals zu beklagen. Zerstört wurden Häuserzeilen in der Kampstraße, Pöttcherstraße und in der Brüderstraße. 108 Tote forderte der Bombenangriff der Alliierten am 6. November 1944, als es um die Zerstörung des Kanales und von Bahnanlagen ging. Den schwersten Angriff erlitt die Stadt am 28. März 1945. Der Dom, das Rathaus, viele öffentliche Gebäude und Wohnhäuser wurden zerstört oder stark beschädigt. 171 Menschen kamen bei diesem Bombenangriff ums Leben.

Die Kriegsgräberstätten auf dem Nordfriedhof wurden in den Jahren 1945 und 1946 angelegt. Mit Unterstützung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge wurde der den Gefallenen des Ersten Weltkrieges gewidmete Teil vor 30 Jahren neu gestaltet. Dabei engagierten sich auch immer wieder Mindener Schülerinnen und Schüler an der Pflege der Stätten und der Versöhnung über den Gräbern.

Rund 2.100 Kriegsgräberstätten beider Weltkriege gibt es allein in Nordrhein-Westfalen. Mehr als 333.000 Menschen fanden als Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft dort ihre letzte Ruhe. Sie alle sollen erinnern an an die Auswirkungen von Krieg und Gewaltherrschaft, an das millionenfach zugefügte und erlittene Leid.


mt@mt-online.de

zurück