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Neue Westfälische , 05.01.2004 :

Karriere in Flecktarn / Wie Kommandeur Michael Oberneyer bei der Bundeswehr aufstieg

Höxter. Michael Oberneyer ist studierter Diplom-Pädagoge und wollte eigentlich mal Bauingenieur werden. Mittlerweile ist der 41-Jährige ein moderner Nomade. Der Kommandeur und Standortälteste der Höxteraner General-Weber-Kaserne musste mit seiner Familie bereits neunmal umziehen. Die Bundeswehr ist sein Dienstherr und der Dienstherr bestimmt, wohin die Reise geht. Oberneyer folgt und macht Karriere.

Oberstleutnant Michael Oberneyer stammt aus dem schleswig-holsteinischen Mölln, sein Vater war Maurerpolier und später Geschäftsführer einer Baufirma. "Er hätte es schon gerne gesehen, wenn ich auch in seiner Branche geblieben wäre", so Oberneyer. Doch die Familie war sich nicht einig, was sie dem Sprössling empfehlen sollte: "Ein entfernter Onkel war Polizeichef von Aachen-Land und der hat gesagt ‚Junge, geh zum Bund." Oberneyer folgte dem Ratschlag des Ordnungshüters und wählte den "sicheren Job" in der Armee. Am 1. Juli 1983, knapp zwei Monate nach dem Abitur, wurde er Zeitsoldat in einer ABC-Abwehrtruppe im holsteinischen Albersdorf.

Nach einem dreijährigen Pädagogikstudium an der Universität der Bundeswehr in Hamburg, war Oberneyer wieder regulärer Zeitsoldat. Vorgesetzte fanden bald Gefallen an ihm und sein Bataillonskommandeur schubste ihn die Flecktarn-Karriereleiter hinauf: "Wie wär’s, wenn sie Berufssoldat würden?"

"Das war eine Entscheidung, die wir in der Familie intensiv besprochen haben. Uns war klar, dass wir dann mit häufigen Versetzungen leben mussten", so Oberneyer im Rückblick. Trotzdem entschied sich die Familie 1989 für die Bundeswehr als lebenslangen Brötchengeber. Vor Oberneyer lag die Knochenmühle für Bundeswehrelite: Stabsoffizierlehrgang, Sprachenfortbildung und ein Generalstabsdienstlehrgang, der als Management-Ausbildung auf höhere Weihen vorbereitet. Seine Abschlussarbeit schrieb der heutige Kommandeur 1998 zur möglichen Neuorientierung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Nach Abschluss des Lehrgangs ("da haben wir militärisches Handwerkszeug gelernt") arbeitete der Norddeutsche in Potsdam im Stab des IV. Korps und leitete im Bereich des militärischen Nachrichtenwesens teilweise eine eigene Abteilung. Eine Arbeit, die ihn für höhere Aufgaben empfahl.

Bevor Oberneyer 2002 nach Höxter kam, war er Teil des Machtzentrums des deutschen Militärs. In der Berliner Abteilung des Verteidigungsministeriums war er ab 2000 Referent in der Abteilung für Grundsatzfragen deutscher Militärpolitik. Oberneyer bewertete die bilateralen Beziehungen Deutschlands mit der Türkei, dem Nahen und Mittleren Osten: "Wir haben Einschätzungen, Gesprächsunterlagen und Empfehlungen für den Minister im Bundessicherheitsrat erarbeitet." Damit Rudolf Scharping und Peter Struck gut informiert waren, schlug sich Oberneyer manche Nacht um die Ohren und hatte regelmäßig 14-Stunden-Tage. Zur Belohnung war er am Ende stellvertretender Referatsleiter.

Und dann Höxter? "Ich habe eine Kommandeursverwendung angestrebt und Höxter war meine Wunschverwendung", erklärt der Soldat mit soldatischen Begriffen. Wohl im kommenden Sommer oder Herbst wird der Kommandeur des Bataillons von derzeit 900 Soldaten in der General-Weber-Kaserne seinen Posten an der Brenkhäuser Straße wieder verlassen.

Mit den Höxteraner Soldaten verbindet ihn das einschneidende Erlebnis des Kuwait-Einsatzes 2003. Der bekennende Familienmensch sagt, er habe keine Angst empfunden, als irakische Raketen im kleinen Golfemirat einschlugen: "Im Einsatz bleibt keine Zeit, darüber nachzudenken. Es war mehr ein Kribbeln im Bauch."

Den Weg seiner Höxteraner Jungs wird er demnächst vielleicht von Brüssel aus verfolgen. Denn: "Mein nächster Wunsch wäre eine NATO-Verwendung." Die Karriere in Flecktarn scheint gesichert. Kürzlich hat Oberneyer sogar erfahren, dass ihn seine Vorgesetzten für geeignet halten, eines Tages General zu werden.


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