Gütersloher Zeitung ,
13.09.2005 :
(Harsewinke) Dunkle Stunden der Geschichte / Radtour am "Tag des offenen Denkmals" zum Thema "Krieg und Frieden"
Von Richard Zelenka
Harsewinkel. Waren die "Tage des offenen Denkmals" in den vergangenen Jahren von "Leichtigkeit, Fröhlichkeit und Lebenslust" geprägt, wie es Stadtarchivar Eckhard Möller ausdrückte, so wählte man diesmal ein nachdenkliches Thema für die bundesweite Veranstaltung aus: "Krieg und Frieden".
Auf Einladung der beiden Veranstalter, Stadt Harsewinkel und Volkshochschule, nahmen 40 Interessierte am Sonntag an einer Radtour durch alle drei Ortsteile teil. An acht Stationen, die auf verschiedenste Weise an den Zweiten Weltkrieg und die nationalsozialistische Diktatur erinnern, unternahmen sie eine Reise in die dunkelsten Stunden der deutsche Geschichte. Im Blickpunkt standen dabei die Harsewinkeler Stadtführer, die im vergangenen Jahr ihre Prüfung bei der VHS abgelegt hatten – für sie war der Trip die erste große Bewährungsprobe vor einem größeren Publikum. Mit Bravour und Einfühlungsvermögen versorgten sie die Teilnehmer mit allen wichtigen Informationen zu den einzelnen Stationen.
Der Auftakt erfolgte in der Marienfelder Abteikirche: Nach der Begrüßung durch Bürgermeisterin Sabine Amsbeck-Dopheide gab Pater Gottfried Meier eine Einführung zum Thema "Krieg und Frieden" aus der Sicht der biblischen Überlieferung. Mit zwei Stücken auf der Orgel stimmte Winfried Klasmann die Besucher darauf ein.
Nächster Zwischenstopp war der Marienfelder Friedhof. Die Teilnehmer verweilten an den Gräbern eines polnischen Kindes und eines Zwangsarbeiters, deren Schicksal Monika Kuhnke schilderte, bevor es weiter ging zum Ehrenmal mit der von Hubertus Hartmann geschaffenen Figur des Heiligen Georg. Über die Entstehung und Geschichte dieser Gedenkstätte berichtete Barbara Ketteler.
Nach einem Verweilen im Waldgebiet Große Heide, wo sich einst die alte Rollbahn befand, wurde der kleine jüdische Friedhof an der August-Claas-Straße aufgesucht. Über das Schicksal der früheren Harsewinkeler jüdischen Gemeinde sprach Bernhard Kruk.
Nach der Mittagspause im Rathaus, wo die Radler vom Greffener Heimat- und Schützenverein bestens mit Schnittchen, Kaffee und Tee bewirtet wurden, ging es weiter in Richtung Rhedaer Bauernschaft, wo Helmut Buchmann am Bildstock der Familie Wibbelt an die Schrecken von Krieg und Gewaltherrschaft erinnerte.
Den Abschluss der Denkmalreise bildete der Greffener Friedhof. Das dortige Ehrenmal mit der von Bernhard Hartmann geschaffenen Soldatenfigur ist für Agnes Pelkmann, die auf die bewegte Vergangenheit dieser Gedenkstätte zurück blickte, ein "ganz persönliches Denkmal": Auch der Name ihres Großvaters ist dort in der Liste der Greffener Kriegstoten verzeichnet.
Sichtlich gerührt erzählte Heinrich de Byl, der in Greffen seine Kindheit verbrachte, am kleinen Gräberfeld vom schweren Los der Zwangsarbeiter aus der ehemaligen UdSSR, die während der Kriegsjahre in Harsewinkel schuften mussten und dabei oft ihr Leben ließen. Die 15 Gräber am Rande des Friedhofs sind Mahnung und sichtbares Zeichen für dieses dunkle Kapitel der Harsewinkeler Geschichte.
Nach einem musikalischen Intermezzo des Gütersloher Gitarrenvirtuosen und Musikpädagogen Dirk Bischof, der ein russisches und ein deutsches Lied spielte, klang die Tour mit einer ökumenischen Fürbitte aus. Michael Prien, der als Sassenberger evangelischer Pfarrer auch für Greffen zuständig ist, und der emeritierte katholische Pfarrer Adolf Schmid, der regelmäßig Messen in der St.-Johannes-Kirche zelebriert, beteten gemeinsam mit den Teilnehmern für einen dauerhaften Frieden in der Welt.
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