Tageblatt für Enger und Spenge ,
13.09.2005 :
(Enger) "Eine Brücke zur Vergangenheit" / Interessanter Ausflug am Tag des offenen Denkmals zum Thema "Krieg und Frieden"
Von Ulrike Kindermann
Enger. Denkmäler sind meistens alt und wirken statisch. Was soll man damit? Denken zum Beispiel – oder sich vom Mahnmal mahnen lassen, dass Friedenszeiten lebenswerter sind als Kriege. Ein zweiteiliger Ausflug am Tag des offenen Denkmals zum Thema "Krieg und Frieden" führte zu der Erkenntnis, dass hinter den Objekten nicht nur viel Geschichte steckt, sondern auch die Chance zum Vergleichen mit der Gegenwart und zur Entwicklung von Zukunftsgedanken.
Die Leiterin des Widukind-Museums Regine Krull wertete es als Merkmal eines demokratischen Prozesses, dass es heute viel mehr Diskussionen um die Gestaltung von Denkmälern gebe als früher. "Ein Denkmal ist immer eine Brücke zur Vergangenheit", sagte Detlev Hölscher einleitend. Alle rund 20 Besucher konnten unterwegs feststellen, dass sie sich durch mehrere Jahrzehnte eines sich ständig wandelnden Zeitgeistes bewegten und dass dem Gedenken an Kriege, Leiden und Opfer die Möglichkeit zu friedlichen Formen der Auseinandersetzung in einer Demokratie gegenüber steht.
Detlev Hölscher, Jürgen Homeier, Regine Bürk-Griese und Werner Brakensiek vom Förderverein Widukindmuseum hatten auf Anregung von Museumsleiterin Regine Krull die Zeitreise vorbereitet, unterstützt von Kerstin Ebert und Birgit von Lochow (Stadt Enger). Sie führten die Gäste auf einen informativen Weg mit viel Diskussionsstoff.
Stationen waren waren zunächst die Sockelreste des Widukinddenkmals auf dem Kirchplatz und die frühere Widukindgedächtnisstätte (später Widukindmuseum) als vorübergehender Hort des Nazikultes. Ob die Sockelstücke einmal eine neue, betrachtungswürdige Anordnung erhalten werden, ist bisher im Dunkeln geblieben. Klarer ist die Zukunft des Museums, das im nächsten Jahr neu eröffnet wird. Schwerpunkt dabei soll dann kontrastreiche Wahrnehmung des Lokalhelden Widukind im Lauf der Jahrhunderte werden.
Das Kriegerehrenmal an der Bünder Straße wurde 1929 eingeweiht und seitdem sehr unterschiedlich interpretiert – je nach Zeit als Gesamtkunstwerk zwischen Architektur, Kultur und Friedhof, Mahnmal für den "Schutz der Heimat", Erinnerungsplatz an Stelle von fehlenden Gräbern, als Ort der Trauer oder als Kriegsrechtfertigung.
Jürgen Homeier gab dazu einen detailreichen Überblick. Wer gefallene Familienangehörige nicht in der Heimat bestatten konnte, schuf manchmal auch privat eine Grabstätte als Ort des Abschieds. Ein Beispiel dafür ist die Sewing-Gedenkstätte auf dem Engeraner Friedhof.
"Der Weg aus dem Krieg führte auf den Friedhof", kommentierte Regine Bürk-Griese die benachbarten Soldatengräber. Die Form der Grabsteine sei dem Eisernen Kreuz nachempfunden, erläuterte sie, und weise daher nicht auf das christliche Kreuz hin. Die Rückbesinnung auf christliche Werte nach dem Versagen der machtpolitischen Visionen zeigt sich im Holzkreuz von 1948 an der Meller Straße, dessen schlichte Form auch die damals neue Tendenz zu abstrakteren Gestaltungen dokumentiert.
Mit dem Gedenkstein für die Opfer des Naziterrors und dem immer wieder umstrittenen Kriegsgefangenendenkmal in der Steinstraße endete der Fußweg, zu dem einige Teilnehmer immer wieder eigene Erinnerungen beitrugen. Man müsse dieses Monument aus seiner Zeit heraus betrachten, war eine Meinung. Es sei nicht mehr aktuell, eine andere. "Das ist ein deutschlandweit einzigartiges Denkmal, aber auch ein ungeliebtes", stellte Regine Krull fest. "Man könnte ja eine zusätzliche Tafel anbringen, um das Problem der fehlenden Aktualität zu lösen."
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