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Bielefelder Tageblatt (SH) , 13.09.2005 :

(Schloß Holte-Stukenbrock) Zeitzeugen unter sich / Trotz regionaler Themen kaum Resonanz beim Tag des offenen Denkmals

Schloß Holte-Stukenbrock (kap). Woran es gelegen haben mag, dass die Besucherresonanz am Tag des offenen Denkmals in der Stadt gegen Null tendierte, darüber konnte Manfred Büngener am Sonntag nur spekulieren. Tatsache ist, dass sich an den von den StadtführerInnen erarbeiteten Vorträgen zum Thema "Krieg und Frieden" in der Pfarrkirche St. Johannes Baptist lediglich fünf und in der Dokumentationsstätte "Stalag 326" nur sechs Personen interessiert zeigten. Obgleich dort jeweils zwei Termine angeboten wurden.

Selbst in der alten Ursula-Schule blieben die von Giesela Hörster eigens eingeladene Zeitzeugen beinahe unter sich. Dabei wussten gerade sie Spannendes zum Thema "Krieg und Frieden" zu berichten. Elly Balsliemke (88) etwa hatte den Tag, an dem die SS im Oktober 1944 in den Ort kam "und wir pro Person nur ein Zimmer behalten durften", nicht vergessen. Auch nicht, dass später "ein paar hundert Handgranaten bei uns auf dem Dachboden lagerten".

Wolfgang Hörster erzählte, wie er um sein Leben rannte, als 120 Brandbomben fielen. Lediglich einmal in der Woche habe es seinerzeit Unterricht im Ausweichquartier der evangelischen Schule an der Schloßstraße gegeben, schilderten Elisabeth Bökamp und ihre Schwester Marianne Glenz unvergessene Kindheitserlebnisse in den Kriegsjahren. Zu ihnen gehört auch die Schulspeisung, bei der "die Schokoladensuppe am besten geschmeckt hat".

Heinz Engel ist ein riesiger Tigerpanzer der SS im Gedächtnis geblieben. "Als der sein Rohr ausfuhr, lagen alle im Graben." Elly Balsliemke veranschaulichte folgende Situation: "Als SS-Offiziere von der Kaffeetafel einer Verlobungsfeier flohen, traten die Amerikaner ein, setzten sich an den Tisch und verzehrten genüsslich die zurückgelassenen Torten."

"Sehr nett und freundlich" seien die Amerikaner gewesen, lobten die Zeitzeugen übereinstimmend und bekannten zugleich: "Aber Angst hatten wir trotzdem." Stadtführerin Giesela Hörster hatte bereits vor den Zeitzeugenberichten die Bedeutung der Ursula-Schule während und nach dem Zweiten Weltkrieg hervorgehoben: "Sie gehörte zur Leibstandarte Adolf Hitlers."

Die Recherchen Hörsters ergaben unter anderem, dass Pfarrer Brill den ersten Ostertag 1944 in seiner Wohnung verbringen musste. "Später bemerkte er, dass sein Motorrad aus der Sakristei verschwunden war." Hörster selbst erinnerte sich an die Zeit Anfang der 50er-Jahre, als in einem Schulanbau Badezimmer mit fließend warmem Wasser errichtet wurden. "Für 50 Pfennig konnte man hier eine halbe Stunde lang baden."


lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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