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Lippische Landes-Zeitung , 12.09.2005 :

(Kreis Lippe) Rückschritt ohne Zukunft / Diskussion zum Thema Ausstieg aus der Atomkraft

Kreis Lippe (mk). 1999 beschloss die Bundesregierung den Ausstieg aus der Atomkraft. Welche Folgen hätte ein Ausstieg aus dem Atomausstieg nach einem Regierungswechsel für die Wirtschaft und vor allem für die Umwelt? Der SPD-Bundestagskandidat Johannes Reineke lud zur Diskussion dieser Frage am Freitag ins Gildezentrum.

Als Referenten begrüßte er die SPD-Europaabgeordnete und Energie-Expertin Mechtild Rothe, Milan Nitzschke vom Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) und, als "Symbolfigur einer ganzen Atomkraftgegner-Generation", Professor Klaus Traube.

Traube erläuterte den zahlreichen Interessierten, dass er 1976 als geschäftsführender Direktor der "Interatom "ausgestiegen und seitdem überzeugter Atomkraftgegner sei. "Welche enorme Gefahr von Kernreaktoren ausgeht, ist durch die Tschernobyl-Katastrophe deutlich geworden", erklärte er.

Auch das Entsorgen radioaktiven Abfalls stelle ein großes Problem dar, so wie in Wismuth, wo seit 14 Jahren 300 Millionen Kubikmeter radioaktiver Schlammmassen, verursacht durch Uranabbau, saniert werden, was 13 Milliarden Euro verschlinge. "Für dieses Geld könnte man 25 Prozent des ostdeutschen Strombedarfs decken", erklärte Traube.

Der Bedarf an Atomenergie sei laut einer Studie der Internationalen Agentur für Atomenergie (IAEA) längst nicht so hoch, wie vor einigen Jahren angenommen, deshalb sei es weder politisch noch finanziell durchsetzbar, zukünftig den Bedarf an Strom und Wärme aus Atomkraftwerken zu gewinnen. Das Argument für Atomkraft, fossile Ressourcen würden nicht lange reichen, könne er nicht nachvollziehen, Uran sei auch nicht endlos verfügbar. Die Tatsache, dass der Bau von Atomkraftwerken weltweit zurückgegangen sei, zeige, dass die Zukunft anderen Formen der Energiegewinnung wie Wind-, Solar- und Biomasse gehöre. Das bestätigte Milan Nitzschke, der auf eine Prognose von Shell zurückgriff, wonach der Bedarf an fossilen Energien ab 2020 sinken werde. Der Trend zu erneuerbaren Energien sei hingegen steigend: Betrug der Anteil an erneuerbaren Energien 1990 noch drei Prozent so betrage er jetzt bereits zehn Prozent. Dass diese Form der Energie teurer sei, könne er nicht bestätigen. Erneuerbare Energien böten ein großes Potenzial an Arbeitsplätzen. Bisher gäbe es 130.000 Beschäftigte mit steigender Tendenz, verfolge man den Weg weiter. Die Atomkraftindustrie könne nur 35.000 Plätze schaffen.

"Unternehmen werden abwandern"
Mechtild Rothe

"Ein Ausstieg aus dem Atomausstieg, wie es die Opposition plant, bedeutet einen Rückschritt", erklärte Mechtild Rothe. Auf europäischer Ebene seien erneuerbare Energien im Vormarsch, Deutschland sei sogar Vorreiter, dessen Fördertechnologien in ganz Europa kopiert würden. "Wenn es einen Rückschritt zur Atomenergie gibt, werden die Unternehmen der Windkraft-, Solar- und Biomasseenergie ins Ausland gehen", warnte sie.

Man würde diese erkämpfte Vorreiterposition mit all seinen wirtschafts- und umweltpolitischen Potenzialen verlieren.


Detmold@lz-online.de

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