AntifaschistInnen aus OWL und Umgebung ,
13.09.2005 :
"Oscar kommt" ... nach Bielefeld: Für einen angemessenen Empfang am Dienstag, 13. September um 20 Uhr vor dem Alten Rathaus
"Sozialräuber quälen – Oskar wählen" ist der Titel einer Veranstaltung von "Die Linke.PDS" am Dienstag, 13. September, mit dem Spitzenkandidaten aus NRW, Oskar Lafontaine. Die Wahlveranstaltung beginnt um 19 Uhr vor dem Alten Rathaus mit einer Vorstellung der Kandidatinnen und Kandidaten aus Ostwestfalen-Lippe. Oskar Lafontaine wird ab 20 Uhr erwartet.
Oskar Lafontaine wurde bei einer Mitgliederversammlung in Essen mit 193 Stimmen zum Spitzenkandidaten des Bündnisses aus PDS und WASG in Nordrhein-Westfalen gewählt. Er setzte sich dabei gegen seinen Gegenkandidaten Axel Gonder durch, auf den 26 Stimmen entfielen.
Lafontaine sagte am Rande der damaligen Abstimmung, bei den Wählern rechtsradikaler Parteien in Ostdeutschland handele es um verzweifelte Menschen, die aus Wut nicht gewusst hätten, wem sie ihre Stimme geben sollten. Auch diesen Menschen müsse die neue Linkspartei ein Angebot machen. Rechte Politiker müssten angegriffen und gestellt werden. Ihre Wähler dürften aber "nicht gleich in diese Ecke gestellt" werden, mahnte er.
Seit Monaten hetzt der ehemalige SPD-Parteivorsitzender nun in einer Manier, wie es selbst von bekennenden Neuen Rechten jahrzehntelang großteils vermieden wurde: "Fremdarbeiter" wollen wir hier in Deutschland nicht.
"Fremdarbeiter"?
Ja, dieses Wort fiel tatsächlich, Oskar Lafontaine hat es mehrfach gebraucht und bis heute gerechtfertigt. So - bekanntermaßen - auf einer Kundgebung in Chemnitz am 14. Juni 2005:
"Der Staat ist verpflichtet, seine Bürger und Bürgerinnen zu schützen, er ist verpflichtet zu verhindern, dass Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter zu niedrigen Löhnen ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen."
Damit wird an einem bedeutenden Punkt der politischen Kultur der BRD ein eklatanter Tabubruch begangen. Die Anlehnung an das Vokabular des Nationalsozialismus ist in der öffentlichen Rede der Bundesrepublik nicht so ohne weiteres möglich gewesen – jedenfalls für bürgerlich-demokratische Parteien. Und jetzt Lafontaine. Nach wenigen Wochen des Bekanntseins einer Kooperation von WASG und PDS lag dieses Wahlbündnis in Umfragen bei 11 Prozent.
Oskar Lafontaine ist darüber hinaus seit 15 Jahren für seine rassistische Politik bekannt. Dabei ist das Fremdarbeiter-Zitat nur ein letzter Ausdruck: Es beginnt mit seiner Rolle als Oberbürgermeister von Saarbrücken, wo er Lager für Flüchtlinge und die Ausgabe von Sachleistungen statt Bargeld eingeführt hat, dann seine Vorreiterrolle bei der Abschaffung des Asylrechts, oder im letzten Jahr seine Zustimmung zu den von Schily angedachten Lagern in Nordafrika. Das steht alles in einer Kontinuität.
Lafontaine fischt am rechten Rand - "Die Linke.PDS" distanziert sich nicht
Oskar Lafontaine hat verstanden, dass der Populismus in Deutschland aus historischen Gründen nur Chancen hat, wenn er sich einen linken Anstrich gibt und doch hemmungslos das ganze Spektrum rechtsextremistischer Ansichten bedient. In Chemnitz hat er gezeigt, dass er sehr weit zu gehen bereit ist, um diese Chancen zu nutzen.
Oskar Lafontaine will es noch einmal wissen – und dabei ist er sich für keine Klientel und für kein Thema zu gut. Die "Fremdarbeiter"-Äußerung hatte quer durch die Gesellschaft und Politik Empörung (aus unterschiedlichen Gründen natürlich ... ) hervorgerufen – die "Die Linke.PDS" bzw. WASG windete sich, distanzierte sich aber nicht, auch nicht in Ostwestfalen-Lippe: Sämtliche OWL-Kandidatinnen und Kandidaten wollen am 13. September in Bielefeld gemeinsam mit Oskar Haider "Sozialräuber quälen" ...
Für uns gab und gibt es grundsätzliche Zweifel an einer parlamentarischen Perspektive. Dies war jedoch niemals eine dogmatische Grundsatzfrage, wir haben in der Vergangenheit immer wieder mit Einzelpersonen und Strukturen aus der PDS punktuell zusammengearbeitet. Wir sehen aber wenig Sinn darin, auf eine Partei zu zu gehen, die sich - wie jetzt in Bielefeld - für Lafontaine als populistisches Zugpferd entschieden hat.
Ratsherr kandidierte erst für REP, dann für PDS
Wie weit in diesen Strukturen einer "nationalen Oppositionsarbeit" weite Tore geöffnet sind, zeigt das Beispiel Friedrich-Wilhelm Biermann aus Bad Salzuflen:
Biermann, der 2004 für die PDS in den Salzufler Rat eingezogen ist, hat 2002 für die Republikaner München kandidiert. Zudem gab Biermann eine seiner Internetseiten bei Roland Wuttke in Auftrag. Er ist Bezirksvorsitzender der NPD Oberbayern und und publizierte rechte Schriften im "Nation & Europa"-Verlag.
Die Internetseite seines Ladens in München nutzte er jedoch als Forum, um Wahlkampf im Sinne der REP zu machen. Unter dem Thema "Christentum" schreibt er: "Das Gottesbild im Islam und der Gott Israels sind grausam." Biermann weiter: "Der Absolutheitsanspruch, der sich im Islam und Judentum findet, birgt die Gefahr des Fanatismus, der gewaltsamen Eroberung der Welt." Und: "Die jüdischen Gemeinden haben sich verdoppelt, der Islamismus explodiert."
Eine weitere Internetseite, mit der Biermanns Ansichten transportiert werden, ist bei der Domain-Registrierungsstelle "denic" wiederum auf Roland Wuttke zugelassen.
Wuttke unterhielt zumindest im Jahr 2003 Kontakte zum Neonazi Martin Wiese. Wiese wurde wegen des geplanten Anschlags auf die Baustelle des Jüdischen Gemeindezentrums München vom Bayerischen Obersten Landgericht zu sieben Jahren verurteilt.
Biermann bestätigte gegenüber der Lippischen Landes-Zeitung (LZ), die Internetseite bei Wuttke in Auftrag gegeben zu haben. Auf die Fragen, ob ihm damals der politische Hintergrund Wuttkes bekannt gewesen sei und in welcher Verbindung er zu Wuttke stehe, wird Biermann so zitiert: "Was meinen Sie, wen ich in München so alles kenne?! Ich habe mit Herrn Strauß ebenso ein Bier getrunken wie mit Herrn Schönhuber." (26. August 2005)
Erst durch die LZ will die Bad Salzufler PDS von Biermanns Aktivitäten für die REP erfahren haben. Die PDS hatte vor Monaten die Zusammenarbeit mit Biermann aufgekündigt - allerdings mit der offiziellen Begründung, Biermann verfechte "neoliberale Vorstellungen zur Gewerbesteuer" und gebe Informationen aus dem Salzufler Rat mangelhaft weiter.
Die PDS hat sicher gut daran getan, sich von Biermann zu trennen. Es bleibt aber fraglich, warum sie bei der Haushaltsrede von Biermann "neoliberale Positionen" zum Schwerpunkt ihrer Kritik machte. Biermann hatte nämlich im Rat Bad Salzuflen öffentlich ein Loblied auf die Wirtschaftspolitik der NSDAP von sich gegeben und das Vorgehen von Hjalmar Schacht hervorgehoben - zwischen 1933 und 1936 Reichsbankpräsident und später Hitlers Wirtschaftsminister.
|