Lebenslaute ,
30.08.2005 :
Lebenslaute-Konzertaktion am Abschiebetor am Dienstag, den 30.08.2005 in Bielefeld
Erklärung der Gruppe Lebenslaute zur "Konzertaktion am Abschiebetor" am Dienstag, den 30.08.2005 in Bielefeld
Unter dem Motto "Aufspielen statt Abschieben" behinderten ca. 30 MusikerInnen und AktivistInnen der Gruppe Lebenslaute den Zugang zur ZAB (Zentrale Ausländerbehörde), Am Stadtholz. Die frühmorgendliche, gewaltfreie Aktion Zivilen Ungehorsams war Abschluss und Höhepunkt der Lebenslaute-Konzerttage in diesem Jahr. Die MusikerInnen aus ganz Deutschland hatten in dieser Woche in Bielefeld ein Konzertprogramm eingeübt, um ihre Kritik an der ZAB und der rassistischen deutschen Abschottungspolitik insgesamt hörbar zu machen und zu diskutieren. Die Gruppe präsentierte ihr überwiegend klassisches Konzertprogramm in drei öffentlichen Auftritten am Sonntagabend im Ceciliengymnasium, Montagnachmittag mit einer Demonstration durch die Innenstadt und Dienstagmorgen mit der "Konzertaktion am Abschiebetor" der ZAB.
Am Montag waren ca. 150 Menschen gekommen, um mit Lebenslaute und der Bielefelder Kampagne "Z-ABschaffen" gegen den staatlich institutionalisierten Rassismus der ZAB zu protestieren. Die Demonstration war auch Teil der "Anti-Lager-Tour 2005" der "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen". Diese Tour richtet sich schwerpunktmäßig gegen die staatliche Diskriminierung von Geflüchteten durch lagerartige Einrichtungen wie "Ausreisezentren", Abschiebegefängnisse oder "Dschungelheime". Die MigrantInnen wehren sich gegen ihre gesellschaftliche Marginalisierung und Rassismus.
Startpunkt der Demo war das Bielefelder Rathaus, weil das kommunale Ausländeramt seit einigen Wochen drei Roma-Familien akut mit der Abschiebung nach Kosovo bedroht. Alle drei Familien sind über zehn Jahre lang in Bielefeld und leben seitdem im rechtlichen Status der "Duldung". Diese ist nur die "Aussetzung der Abschiebung" und wird im Rathaus in der Regel für drei Monate gewährt - oder nicht mal das. Die Menschen müssen ständig Angst vor Abschiebung haben und werden durch zahlreiche Maßnahmen diskriminiert - wie beispielsweise das faktische Verbot von Ausbildung und Arbeit!
Der Leiter des Ausländeramts, Herr Schmidt, der auch der überregionalen Abschiebebehörde ZAB vorsteht, hatte die Konzertaufführung im Foyer des Rathauses untersagt. Konzert und Demo begannen draußen vor dem Rathaus. Die stimmungsvolle Demonstration führte über die Stationen Jahnplatz und Arbeitsagentur zur ZAB. Es gab interessante Redebeiträge, wie der des Bielefelder Flüchtlingsrats zum Arbeitsverbot für Flüchtlinge und ein anderer zum Thema Transsexualität und Asyl.
Die Musikbeiträge der MusikerInnen gaben der Demonstration die besondere Note. Chor, Orchester und Kammermusikgruppen interpretierten Stücke aus verschiedenen Stilepochen um die Themen Migration und Rassismus. Ursula Kramer von Lebenslaute: Neben "absoluter Musik" wie der Sinfonie Nr. 49 'La Passione' von Haydn spielen wir heute politische Kompositionen wie das 'Spiritual of Anger' aus Michael Tippetts antirassistischem Oratorium 'A Child of Our Time'. Andere Stücke - zu Themen wie Heimatlosigkeit, Trennung und Vertreibung - wurden erläutert und in den politischen Kontext der Aktion gestellt.
Ein ähnliches Programm erklang am Dienstagmorgen ab 6.30 Uhr vor dem Haupttor der ZAB. Die Darbietung von klassischer Musik, Flugblättern und Transparenten erschwerte den Arbeitsbeginn der ZAB-MitarbeiterInnen. Lebenslaute lud MitarbeiterInnen und PassantInnen zur Diskussion über die als rassistisch kritisierte Arbeit ein. Leider waren nicht alle so diskussionsfreudig wie die bald eintreffende Polizei. Eine ZAB-Mitarbeiterin steuerte mit ihrem Auto bedrohlich nah auf die Konzertgruppe zu, bis sie einen Chorsänger berührte. Die Aktion blieb friedlich, der Chor und der glücklicherweise unverletzte Sänger ließen sich nicht unterbrechen. Ein zur Abfahrt bereitstehender Bus zur Abholung von Flüchtlingen wurde mehrere Stunden aufgehalten. Die Polizei nahm die Personalien einiger MusikerInnen und UnterstützerInnen auf, die an der zweiten Zufahrt demonstrierten.
Dort beendeten die MusikerInnen ihre erfolgreiche Aktion gegen 9 Uhr mit einer letzten Tutti-Aufführung des Lieds vom Baggerführer Willibald, der die ZAB abreißt.
Wir setzen uns ein für offene Grenzen und Solidarität, für die Bekämpfung von Fluchtursachen und für die Abschaffung der unmenschlichen ZABs. Die Praxis der "Kettenduldungen" muss beendet werden! - Her mit dem Aufenthaltsrecht!
Lebenslaute - Konzertaktion als Ziviler Ungehorsam:
www.lebenslaute.de - info@lebenslaute.de
Nachfragen und Fotos zu den Aktionstagen "Aufspielen statt Abschieben" 2005:
bielefeld@lebenslaute.de
info@lebenslaute.de
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