Bünder Tageblatt / Neue Westfälische ,
22.04.2002 :
Linke Paprika gegen rechtes Keltenkreuz im Fenster / 150 Menschen demonstrierten gegen rechtsradikale Kameradschaften im Kreis Herford
Bünde. Über ihnen flatterte die schwarze Fahne der Anarchie und viele trugen sie als Vermummung im Gesicht. Unter dem Motto "Weg mit Bündes Kameraden" marschierten Samstagnachmittag 150 Demonstranten gegen Rechtsextremismus in der Region.
"Ob Ost, ob West, nieder mit der Nazipest" skandierten die Demonstranten. Absicht der Organisatoren der Antifaschistischen Aktion und der Jungen Linken war, organisierten Rechtsextremismus im Kreis Herford bloßzustellen. Auch in Bünde gebe es eine Kameradschaft von Neonazis, sagte ein Demonstrant. Er wolle ungenannt bleiben, denn "mit Übergriffen von Nazis ist einmal in der Woche zu rechnen".
Mindestens vier Streifenwagen der Polizei waren stets vor Ort und leiteten die Gruppe planmäßig bis zum Marktplatz. Ecke Moltke-/Marktstraße versperrten Einsatzkräfte den Weg.
Der Demonstrationszug sollte in die Hangbaumstraße geleitet werden, um eine stadtbekannte Bleibe von Rechtsradikalen zu umgehen. Vereinzelt flogen Flaschen und Obst.
Die Situation eskalierte an der Ecke Phillipp-/Hangbaumstraße. Auslöser waren provozierende Gesten kahlrasierter Anwohner, die aus dem Fenster mit einer Videokamera filmten. Ein Mann zeigte auf seinem T-Shirt ein Keltenkreuz, das zu den Abzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen gehört. Nach Meinung des Antifa-Sprechers Hauke Schneider sind diese Personen der Kern der Bünder Kameradschaft, die enge Kontakte zu dem Bielefelder Neonazi Bernd Stehmann unterhalte.
Wegen der drohenden Eskalation erklärte die Leitung die Versammlung für beendet. Über Lautsprecher wurde die Abschlusskundgebung abgesagt. Die Jugendlichen zerstreuten sich aber nicht und versuchten, das Haus der offensichtlich Rechtsradikalen zu erreichen. Vereinzelt setzten die Beamten Schlagstöcke ein, als die Menge Sperren durchbrechen wollte.
Schließlich umgingen die Demonstranten die Polizeireihen und erreichten die Marktstraße. Wasserbomben und Paprika flogen gegen das besagte Gebäude. Nach Aufforderung der Polizei den Platz zu räumen, planten sehr junge Demonstranten einen Sitzstreik, der sich aber zerschlug. "Zeit für den friedlichen Abzug", sagte ein Beamter.
Am Abend wurde ein 17-jähriger Demonstrant aus Löhne festgenommen, als er in einer Gaststätte an der Bahnhofstraße mit einem vermutlich Rechtsradikalen in Streit geriet. "Seine 19-jährigen Begleiter aus Bielefeld und Enger wurden in Gewahrsam genommen", sagt Wolfgang Seifried, Pressesprecher der Polizei. Alle sind wieder auf freiem Fuß.
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