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Westfalen-Blatt , 08.08.2005 :

(Bielefeld) Leitartikel / Putin und das Mini-U-Boot / Am liebsten noch ein bisschen mehr

Von Rolf Dressler

Buchstäblich am seidenen Faden hatte das Leben der sieben Seeleute in dem russischen Klein-U-Boot gehangen. Vorerst noch werden die Marinesoldaten und ihre Familien die glückliche Rettung aus allerhöchster Not kaum fassen können.

Dass die Bergung - im Wettlauf gegen die Zeit - gelungen ist, haben alle unmittelbar und mittelbar Beteiligten allein der ebenso raschen wie präzisen Hilfe "von draußen" zu verdanken. In diesem Falle arbeiteten britische Spezialisten vorbildlich professionell und so schnörkellos, wie es der dramatischen Situation angemessen war. Gevatter Tod wurde aus dem Felde geschlagen.

Nicht auszudenken die Tragödie, wären die Helfer auch nur ein, paar Stunden (oder Minuten) zu spät gekommen - oder, womöglich auf höhere Weisung aus Moskau, gar nicht sonderlich erwünscht gewesen etwa nach der Eifersuchtsdevise: "Das regeln und schaffen wir Russen schon selbst."

Doch auch Wladimir Putin muss ganz offenbar mit sich gerungen haben. Immerhin zwar gab er schon sehr bald nach dem Notruf der U-Boot-Besatzung grünes Licht für die Helfer aus Großbritannien, Japan und den USA. Gleichwohl aber entsandte der Präsident erst fast drei Tage später einen gebührend hochrangigen Einsatzleiter in die unmittelbare Nähe der Meeresregion, in der sich das Mini-Boot in 190 Meter Tiefe, seither unmanövrierbar, pikanterweise im Kabelgeflecht einer Spionage-Aushorchanlage verheddert hatte.

"Ein Schlückchen Bier verträgt Putin allemal, Kritiker aber eher nicht."
"Frankfurter Rundschau"

Damit späht das russische Militär auch anderswo bis heute unverändert argwöhnisch feindliche (?) Schiffe vornehmlich der Amerikaner aus. Genauso wie weiland zu Zeiten des Kalten Krieges, als die "ruhmreiche Sowjetarmee" jahrzehntelang nachgerade Gewehr bei Fuß stand für den Erstschlag und den daraufhin erhofften welthistorischen Sieg über den "bösen" Westen.

Gewiss, seit den großen Umbruchjahren 1989/90 ff. hat sich auch im übriggebliebenen, freilich immer noch riesigen Kern-Russland vieles bewegt. Manches durchaus zum Besseren, vieles jedoch leider auch zum deutlich Schlechteren.

Besorgnis breitet sich aus. Und diese trägt einen Namen: Wladimir Putin.

Der Mächtige im Kreml - so ist zu befürchten - wäre am liebsten noch etwas mehr: übermächtig, unstürzbar noch für möglichst viele Jahre, entscheidend beschirmt, gestützt und komfortabel getragen von jener Überall-Über-"firma", deren Ziehkind Wladimir Putin einst war und im Geiste immer noch ist - von der gigantischen Geheimdienst-Maschinerie, der er nicht von ungefähr zu neuem Machtglanz verholfen hat.

Zutrauen und Vertrauen sind bei dieser Kreml-Sphinx nur schwach ausgeprägt. Kontrolle bevorzugt er ganz entschieden - getreu dem Leitspruch des Weltrevolutionärs Wladimir Iljitsch Lenin, der der Menschheit im Verbund mit Karl Marx und Friedrich Engels Furchtbares zugefügt hat.

Sogar noch bis in unsere Tage hinein. Wohin also will Putin?


wb@westfalen-blatt.de

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