Lippische Landes-Zeitung ,
08.08.2005 :
(Leopoldshöhe) Begegnungen beim Bittgang / Was beim Sammeln für die Kriegsgräberfürsorge passiert
Von Astrid Sewing
Leopoldshöhe-Asemissen. "Wir spenden lieber für die Lebenden", Tür zu. Auch so eine Erfahrung macht man, wenn man mit der Sammelbüchse unterwegs ist und für die Kriegsgräberfürsorge in Leopoldshöhe und Asemissen Spenden eintreibt. Das Gros allerdings ist bereit, kleines Geld für die Pflege der Kriegsgräber und die Projekte der Friedenserziehung zu spenden. Nach vier Stunden klingeln 78 Euro in meiner Tasche.
Keiner möchte sich auf einer Liste eintragen und eine Spendenquittung. Und Überwindung kostet es auch, bei wildfremden Menschen zu klingeln, und sie um etwas zu bitten. Ein oder zwei Euro, mal auch 50 Cent wandern in die Geldbörse. Mal mit, mal ohne Gespräch. Vor allem Ältere bitten mich herein, und einige erzählen, was sie im Krieg erlebt haben. Wie sie von ihren Kameraden getrennt wurden, sie sterben sahen, von ihrem Glück, wieder nach Hause zu kommen, und jetzt, da ist es für sie ein Stück weit wichtig, dass ihre Erinnerungen dokumentiert werden. "Wenn man die langen Reihen der Kreuze sieht, kann man sich erst vorstellen, wie viele Opfer es gegeben hat", auch so macht eine Sammlung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge Sinn.
Erzählungen über den Krieg
Für andere ist es so etwas wie das ewig Gestrige, wie der Versuch, die Erinnerung an das Kriegsgrauen künstlich aufrecht zu erhalten. "Wir haben so viele Probleme, die wichtiger sind. An Krieg denkt hier doch sowieso keiner mehr. Das ist Zeitverschwendung", das ist die andere Seite, die wohl langsam auch das Übergewicht bekommt.
Klaus Sunkovsky, der im Ordnungsamt der Gemeinde arbeitet, koordiniert seit vielen Jahren die Sammlung. Immer weniger sind bereit, von Tür zu Tür zu gehen. Jüngere lassen sich überhaupt nicht gewinnen. "Wir hatten früher zwei Ältere aus der Kyffhäuser-Kameradschaft, die haben immer in ihrer Nachbarschaft gesammelt und auch so 1000 Mark zusammen bekommen. Als die Bundeswehr auch noch sammelte, kamen wir schon mal insgesamt auf 4000 Mark. Das ist aber lange vorbei."
Seine Werbung in Schulen, wo er anbot, die Projekte des Volksbundes vorzustellen, lief ins Leere. Dabei gibt es die Erinnerung quasi vor der Haustür. In Stukenbrock wird der sowjetische Soldatenfriedhof gepflegt. Dort gibt es auch eine Dokumentationsstelle, und wer will, kann sich mit tragischen Familienschicksalen auseinandersetzen, und feststellen, dass die Folgen von Gefangenschaft, Flucht oder auch Vertreibung bis heute nachwirken.
"Das ist ein wichtiger Teil der Friedenserziehung", findet Sunkovsky, und deshalb setzt er sich auch Jahr für Jahr wieder für die Sammlung ein und lässt seine selbst gebastelte Pappschachtel bei den Vereinen herumgehen. Wenn er jetzt abrechnet, sind es insgesamt 300 Euro, die der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge aus Leopoldshöhe bekommt. Ein kleines Stück davon verbindet sich für mich mit sehr interessanten Begegnungen beim ungewohnten Bittgang von Tür zu Tür.
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