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06.08.2005 :
Übersicht
Veröffentlichungen am 06.08.2005
01.) Lippische Landes-Zeitung:
Etwas nicht Alltägliches / Berichterstattung über neuen Obelisken auf Lemgoer Friedhof
02.) Bielefelder Tageblatt:
(Leopoldshöhe/Warburg-Rimbeck) Zum 72. Todestag Fechenbachs
03.) Lippische Landes-Zeitung:
Das Gesetz zieht neue Grenzen / Leopoldshöher Ordnungsamt beschränkte zu Recht die Reisefreiheit eines Fußball-Rowdys
04.) Radio Lippe:
(Leopoldshöhe) Alles rechtens
05.) Bielefelder Tageblatt:
(Leopoldshöhe) Rathaus beschränkt Reisefreiheit / Fußball-Rowdy darf nicht über die Grenze
06.) Neue Westfälische:
(Bückeburg/Bad Oeynhausen) Staatsanwalt: Todesurteil fiel im Café / Kurden-Prozess um verletzte Familienehre
07.) Bielefelder Tageblatt:
(Bielefeld) Aktion wider Hartz IV
08.) Neue Westfälische:
Nacht der 100.000 Kerzen / Aktionen zum Gedenken auch in OWL
09.) Westfalen-Blatt:
(Bielefeld) Leitartikel / Schlusspunkt Wahlabend / Einer ist auf Abschiedstour / Von Rolf Dressler
10.) Westfalen-Blatt:
(Bielefeld) Kommentar / Rüttgers macht ernst / Mit grünen Mächten messen / Reinhard Brockmann
11.) Westfalen-Blatt:
(Bielefeld) Kommentar / Atomstreit mit Iran / Der Weg in die Isolierung? / Friedhelm Peiter
Nachrichten vom 06.08.2005
Flucht / Rassismus
01.) Aufruf: Aktionen gegen Abschiebungen am Freitag, 9. September in Berlin / Besuch der Parteizentralen mit Busfahrt
(Kampagne gegen Abschiebehaft)
02.) Polizei kontrolliert mehr als 1.400 Moslems
(Frankfurter Rundschau)
01.) Aufruf: Aktionen gegen Abschiebungen am Freitag, 9. September in Berlin / Besuch der Parteizentralen mit Busfahrt
Treffpunkt: 10 Uhr:
SPD-Zentrale Berlin
Willy-Brandt-Haus
Wilhelmstraße 141
U-Bahnhof "Hallesches Tor"
Kundgebung, 17 Uhr:
Pariser Platz
S-Bahnhof "Unter den Linden"
In Deutschland leben offiziell ca. 7 Millionen MigrantInnen und Flüchtlinge. Und etwa eine halbe Millionen Menschen leben ohne Papier unter prekärsten Bedingungen. Selbst die Eingebürgerten haben keinen sicheren Status, da ihnen der deutsche Pass jederzeit entzogen werden kann, wie es im Moment bei ca. 100.000 Menschen aus der Türkei der Fall ist.
Trotz der verbal anerkannten Realität der Migration, vor allem wegen der konsumierbaren Multikultivielfalt, wird das Leben der MigrantInnen und Flüchtlinge in Deutschland durch Rassismus, Ausgrenzung und Generalverdacht bestimmt. Ein menschenwürdiges Leben wird den MigrantInnen und Flüchtlingen systematisch verweigert; denn die "westliche Zivilisation" braucht ihre Feindbilder, um sie für soziale Missstände, Bildungsdefizite, Kriminalität, Terrorismus etc. verantwortlich zu machen.
Sie sind die ausgewählten Objekte, an denen die soziale Degradierung und die verschiedensten Formen der Repression des Kapitalismus zuerst angewendet werden. Hartz IV in gravierenderer Form gehört seit 12 Jahren zum Alltag der Flüchtlinge.
Seit Jahrzehnten gehören
- Sondergesetze (Zuwanderungsgesetz, Asylbewerberleistungsgesetz, …),
- Residenzpflicht ( Beschränkung der Bewegungsfreiheit auf einen Landkreis),
- Demütigung durch Lebensmittelgutscheine und 40,00 Euro Taschengeld im Monat,
- Gefangennahme in Sammellager und Abschiebehaft,
- ständige Drohung mit Abschiebungen (Ca. 50.000 Abschiebungen im Jahr),
- Ausschluss von der politischen Partizipation,
- Aberkennung der ohnehin sehr geringen Anzahl der Asylanerkennungen,
- ständiger Unsicherheitsstatus mit Kettenduldungen,
- Einteilung in "nützliche" und "unnützliche" MigrantInnen und Flüchtlinge,
- Einhämmerung der als Integration verpackten deutschen "Leitkultur",
- Körperverletzung und Tod durch rassistische Angriffe der Polizei und Neonazis,
zum Alltag der MigrantInnen und Flüchtlingen in Deutschland.
Wir haben es satt, ständig auf die unerträglichen Zustände, die Kontinuitäten des Kolonialismus aufweisen, hinzuweisen. Wir appellieren nicht an das Gewissen der "bürgerlichen Demokratie" und ihrer Anhängerschaft. Wer diese Zustände mit seinem Gewissen und seiner politischen Anschauung nicht vereinbaren kann, wird ohnehin handeln.
Wir stellen nur klar: Wir haben ebenfalls ein unveräusserliches Recht auf ein menschenwürdiges Leben, für das wir immer und überall kämpfen werden.
Europäischen Staaten und ihren Gesellschaften sollte es klar sein: Wir sind nicht "Nutzniesser" dieses vermeintlichen Wohlstands, wie es oft verleumderisch behauptet wird. Der Reichtum dieses Landes beruht auf der Ausplünderung unserer Länder. Wir sind hier, weil unsere Länder durch westliche Länder ausgebeutet und zerstört werden.
Wir appellieren an die MigrantInnen und Flüchtlingen: Wir dürfen es nicht länger zulassen, dass wir als Menschen 2. oder 3. Klasse behandelt werden. Keiner außer uns ist die Kraft, die mit diesen Zuständen Schluss machen kann. Lassen wir uns nicht aufteilen in "gute" und "böse" MigrantInnen und Flüchtlingen. Nur mit einer internationalistischen Haltung und Solidarität haben wir die Chance, den Herrschenden Paroli zu bieten. Mit Almosen für Einzelgruppen sollten wir uns nicht zufrieden geben. Glücklich sind wir erst dann, wenn alle das sagen können.
Organisieren wir uns in allen Lebensbereichen und vernetzen wir unsere Initiativen!
Kämpfen wir bis der gegenwärtige Zustand sich grundlegend ändert!
Gegenwärtig werden auch in Berlin und Brandenburg hunderten von Menschen Abschiebungen angedroht. Das bedeutet Auslieferung an Verfolgerstaaten, die nicht selten mit Folter und Tod enden. Abschiebung von Menschen, die sich größtenteils mit der Familie hier seit Jahren eingelebt haben, bedeutet nicht anderes als ein zerstörerischer Einschnitt in ihrer Lebensgeschichte. Abschiebung, die Lebensgefahr für die Betroffenen billigend in Kauf nimmt, ist eine alarmierende Form der rassistischen Praxis, der wir entschieden entgegentreten müssen.
Schluss mit entwürdigenden Lebenszuständen in Deutschland, rassistischen Sondergesetzen und Abschiebungen!
Bleiberecht für alle - jetzt sofort!
Unsere Agenda heißt: Kampf um alle Rechte !
Bündnis "Stop Abschiebung"
E-Mail: stopabschiebung@web.de
UnterstützerInnen:
Alliance of Struggle, Allmende, Anti-Colonial Africa Conference, ARI, BBZ, Dest-dan, FIB, Flüchtlingsrat Berlin, FrauenRechtsBüro e.V., Initiative gegen Abschiebehaft, Initiative gegen Chipkartensystem, Karavane, Navenda Kurda, Plataforma, Respect, The Voice
Quelle: Kampagne gegen Abschiebehaft
02.) Polizei kontrolliert mehr als 1.400 Moslems
Mainz, 5. August (ap). Bei einer Großaktion zum Aufspüren krimineller Islamisten hat die Polizei in Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz zahlreiche Verdächtige überprüft. Wie das Mainzer Landeskriminalamt am Freitag berichtete, dienten die Kontrollen am Donnerstag dem Ziel, illegal eingereiste Personen mit falschen Ausweisen zu finden. Zudem sollten Erkenntnisse über länderübergreifende Strukturen islamistischer Fundamentalisten gewonnen werden. In Baden-Württemberg wurden 900 und in Bayern 372 Personen genauer unter die Lupe genommen.
Nach Angaben des LKA wurden in Rheinland-Pfalz 143 Personen und 85 Fahrzeuge kontrolliert. Festnahmen gab es keine. Ziel sei gewesen, die islamistische Szene für die Ermittler weiter aufzuhellen, erklärte ein Sprecher des Mainzer Innenministeriums. Bei der Polizeiaktion wurden in Rheinland-Pfalz rund 100 Polizisten eingesetzt.
In Baden-Württemberg seien 19 Polizeidienststellen beteiligt und 320 Beamte im Einsatz gewesen, teilte das Landesinnenministerium in Stuttgart mit. Landesinnenminister Heribert Rech sagte: "Wir dulden bei uns keine rechtsfreien Räume." Deshalb müsse angesichts der permanenten Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus der Fahndungs- und Kontrolldruck aufrechterhalten werden.
Quelle: Frankfurter Rundschau
Revanchismus
01.) Rede von Bundesminister Otto Schily bei der Festveranstaltung des Bundes der Vertriebenen zum Tag der Heimat am 6. August 2005 in Berlin
(Bundesministerium des Innern)
01.) Rede von Bundesminister Otto Schily bei der Festveranstaltung des Bundes der Vertriebenen zum Tag der Heimat am 6. August 2005 in Berlin
(Es gilt das gesprochene Wort.)
Anrede,
Flucht und Vertreibung in größtem Ausmaß kennzeichnen das 20. Jahrhundert. Das von Fridtjof Nansen 1921 gegründete Flüchtlingshilfswerk des Völkerbundes hat bereits bis 1938 über 3 Millionen Flüchtlinge (überwiegend Russen, Armenier und Türken) betreut. In der damaligen Sowjetunion wurden allein in den Jahren von 1926 bis 1939 mehr als 3 Millionen Angehörige verschiedener Völker aus europäischen Landesteilen der Sowjetunion nach Sibirien oder in den Fernen Osten zwangsweise umgesiedelt.
Aus Deutschland flohen in den Jahren 1933 bis 1939 mehr als 350.000 jüdische Menschen vor den Verfolgungen des NS-Regimes. Eine Million Polen und rund 300.000 Juden wurden nach der Eingliederung der polnischen Westgebiete in das Deutsche Reich 1939/40 in das so genannte "Generalgouvernement" abgeschoben. Nach dem Beginn des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion ließ Stalin rund 400.000 Wolgadeutsche und 150.000 in Wolhynien ansässige Deutsche aus ihren jahrhundertealten Siedlungsgebieten nach Zentralasien deportieren. Im Zweiten Weltkrieg wurden von den Nationalsozialisten aus den besetzten Gebieten Millionen von Menschen als "Fremdarbeiter" deportiert und zur Sklavenarbeit in der deutschen Rüstungswirtschaft zwangsverpflichtet.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges betreute die UNRRA ("United Nations Relief and Rehabilitation Administration") mehr als 13 Millionen Kriegsgefangene und Zwangsverschleppte.
Anfang des Jahres 1945 begann mit den Flüchtlingstrecks der Bevölkerung aus den deutschen Ostgebieten vor der näher rückenden Front eine der größten Flüchtlingsbewegungen der Nachkriegsgeschichte, die mit der Vertreibung der Deutschen aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn nach Kriegsende einen weiteren Höhepunkt erreichte. Mehr als 15 Millionen Deutsche mussten flüchten, wurden vertrieben oder verschleppt; mehr als zwei Millionen Menschen verloren dabei ihr Leben.
Der Historiker Heinrich August Winkler beschreibt in seinem Buch "Der lange Weg nach Westen" den Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen, die Teilung Polens, die beginnenden Massenmorde an Juden und der polnischen Intelligenz und die Massen-Deportationen von Polen, Juden und Roma und Sinti. Deutsche Wissenschaftler unterstützten das Hitler-Regime bei der sogenannten "Umvolkung". Eine Schlüsselrolle spielten dabei die bereits 1931 gegründeten Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften. Ein aktives Mitglied dieser Forschungsgemeinschaft war ein Königsberger Historiker namens Theodor Schieder. Theodor Schieder, dem leider später die Hauptarbeit bei der Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ostmitteleuropa anvertraut wurde, dieser Theodor Schieder legte am 7. Oktober 1939 ein Gutachten vor, in dem er die Annektierung weiter Teile Polens als "Wiedergutmachung eines offensichtlichen politischen Unrechts" bezeichnete und dafür "Bevölkerungsverschiebungen allergrößten Ausmaßes" für notwendig erklärte. Eine Umsiedlung der Polen sollte vorzugsweise nach Übersee erfolgen, eine Aufnahme der "ausgesiedelten" Polen in das so genannte Generalgouvernement sollte nur bei "Herauslösung des Judentums" möglich sein. Wörtlich hieß es in dem Gutachten:" Die Entjudung Restpolens und der Aufbau einer gesunden Volksordnung erfordern den Einsatz deutscher Mittel und Kräfte und bringen die Gefahr der Entwicklung einer neuen polnischen Führerschicht ..mit sich." Das war eine der theoretischen Grundlagen für das, was das Nazi-Regime in unvorstellbarer Brutalität in Polen und anderen ostmitteleuropäischen Ländern praktizierte: Die Polen wurden als Untermenschen behandelt, ihre Führungsschicht wurde zu großen Teilen vernichtet.
Die Verbrechen des Nazi-Regimes schlugen mit ungeheurer Wucht auf Deutschland und die Deutschen zurück. Unbestreitbar waren in diesem Sinne die Vertreibungen eine Folge des Krieges, den Deutschland begonnen hatte - eine von den Siegermächten politisch gewollte Folge, aber keineswegs ein zwangsläufige und erst recht keine rechtlich oder moralisch zu rechtfertigende Folge. Die Vertreibung von Millionen unschuldiger Menschen, von Frauen und Kindern, Alten und Kranken, lässt sich nicht durch die Verbrechen eines terroristischen Regimes rechtfertigen.
Die Vertreibung war eindeutig Unrecht. Und Vertreibung ist und bleibt Unrecht.
Daher unterstütze ich das Anliegen, das der Bund der Vertriebenen im Motto zum diesjährigen Tag der Heimat formuliert hat: Vertreibungen weltweit zu ächten. Und es freut mich, dass mit Herrn Ayala-Lasso der ehemalige Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu uns sprechen wird.
Vertreibungen sind eine Missachtung der Menschenrechte. An jedem Ort. Zu jeder Zeit.
Die Meinung ethnisch homogene Staaten seien besonders stabil und friedenserhaltend und seien deshalb erstrebenswert, gehört zu den folgenreichsten, gefährlichsten und unheilvollsten politischen Verirrungen, die im vergangenen Jahrhundert in die schlimmsten Katastrophen geführt haben,. Leider wird das bis heute nicht überall erkannt.
Wer heute beispielsweise die Vertreibung der Sudetendeutschen im Rückblick als "präventive Maßnahme" zur Verhütung eines Krieges verteidigt, der ist noch nicht im Europa des 21. Jahrhunderts angekommen. Wer Vertreibungen rechtfertigt, stellt sich außerhalb Europas als einer Gemeinschaft grundlegender Werte und der Menschenrechte. Schließlich waren auch die sogenannten "ethnischen Säuberungen" auf dem Balkan im vorigen Jahrzehnt kein Friedensdienst, sondern ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das gilt für Serbien wie Kroatien gleichermaßen.
Anrede,
mein Freund Volkmar Gabert, der vor zweieinhalb Jahren verstorbene Bundesvorsitzende der Seliger-Gemeinde, hat uns seinerzeit gemahnt (ich zitiere): "Um für das neue Europa eine Zukunft zu schaffen, müssen wir miteinander reden. Trotz aller emotionalen Gegensätze."
Diese emotionalen Gegensätze sind leider auch heute noch groß. Umso größer müssen die Anstrengungen sein, sie zu überwinden.
Die deutschen Heimatvertriebenen haben schon frühzeitig in der "Charta der deutschen Heimatvertriebenen", die gestern vor 50 Jahren verkündet wurde, nach Wegen gesucht, im Dialog die emotionalen Gegensätze zu überwinden.
In der Charta, dem "Grundgesetz" der Vertriebenen, haben sie sich nicht nur zum Verzicht auf Rache und Vergeltung verpflichtet.
Sie erklärten zugleich (ich zitiere), "jedes Beginnen mit allen Kräften [zu] unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können".
Und sie bekundeten ihren festen Willen (Zitat:) "durch harte, unermüdliche Arbeit teilzunehmen am Wiederaufbau Deutschlands und Europas".
Anrede,
wenn Europa heute ein Hort des Friedens, der Freiheit und des Wohlstands ist, mit einem vereinten, demokratischen und wirtschaftsstarken Deutschland in seiner Mitte, dann haben Millionen von deutschen Heimatvertriebenen daran ihren bedeutenden Anteil.
Sie hatten die Heimat verloren, aber sie haben eine neue Heimat gefunden. Sie haben einen grossen Beitrag dazu geleistet, dass das zerstörte Deutschland wiederaufgebaut wurde. Und sie haben sich für Versöhnung und Überwindung von Haß und Feindschaft eingesetzt.
Dennoch war der Schmerz über erlittenes Unrecht zuweilen stärker als der Sinn für das Mögliche. Geschichte lässt sich jedoch nicht ungeschehen machen. Die verlorene eigene Heimat lässt sich jenen, die dort heimisch wurden (oder werden mussten), nicht ohne neues Leid und neues Unrecht entreißen.
Der Verzicht auf Gebietsansprüche gegenüber Polen war daher eine politische Notwendigkeit, die von deutscher Seite 1970 im Warschauer Vertrag durch Bundeskanzler Willy Brandt und 1990 im Zwei-plus-Vier-Vertrag durch Bundeskanzler Helmut Kohl anerkannt wurde.
Die Bundesregierung ist unverändert - wie alle Bundesregierungen vor ihr - der Auffassung, dass die Vertreibung und die im Zuge dieser Vertreibung erfolgte entschädigungslose Enteignung Deutscher völkerrechtswidrig waren.
Diese Feststellung darf uns allerdings nicht dazu verführen, uns mit unseren ostmitteleuropäischen Nachbarn in sinnlose und aussichtslose vermögensrechtliche Streitigkeiten zu verstricken, die die beiderseitigen Beziehungen sehr belasten und die vielfältige Zusammenarbeit in Frage stellen würden. Die Bundesregierung wird daher weder heute noch in Zukunft im Zusammenhang mit der Vertreibung und entschädigungslosen Enteignung von Deutschen Vermögensfragen aufwerfen.
Anrede,
Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat 1985 in seiner Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes erklärt:
"Gewaltverzicht heute heißt, den Menschen dort, wo sie das Schicksal nach dem 8. Mai hingetrieben hat und wo sie nun seit Jahrzehnten leben, eine dauerhafte, politisch unangefochtene Sicherheit für ihre Zukunft zu geben. Es heißt, den widerstreitenden Rechtsansprüchen das Verständigungsgebot überzuordnen."
Das Verständigungsgebot muss absoluten Vorrang haben. Wer, gleich auf welcher Seite, ob als "Preußische Treuhand" oder als "Polnische Treuhand", die inzwischen sehr guten Beziehungen zwischen Deutschland und Polen durch finanzielle Forderungen gefährden will, dem muss von einer verantwortungsvollen und verständigungsorientierten Politik entschieden entgegentreten werden. Er sollte zugleich auch den Widerspruch all jener Vertriebenen finden, die in den vergangenen Jahrzehnten den meist beschwerlichen aber durchaus erfolgreichen Weg der Begegnung, des Gesprächs und der Versöhnung gegangen sind.
Anrede,
es ist heute allgemein anerkannt, dass die umsichtige Westpolitik Konrad Adenauers ebenso wie die mit strategischem Weitblick angelegte Ostpolitik Willy Brandts die entscheidenden Voraussetzungen für die Einigung Europas geschaffen haben.
Willy Brandt wusste als Emigrant aus eigener Erfahrung um den Wert der Heimat, die er verlassen musste. Er hatte hohen Respekt vor den Erfahrungen der Heimatvertriebenen und forderte zu recht (ich zitiere), dass "ihr moralisches, soziales und nationales Gewicht unmittelbar zur Geltung kommen müssen". Brandt wusste aber auch, dass die großen Leistungen der Vertriebenen beim Wiederaufbau Deutschlands nur dann von bleibendem Wert sein würden, wenn das demokratische und freiheitliche Deutschland sich auch mit seinen Nachbarn im Osten auf Dauer aussöhnte.
Anrede,
Ich gehöre zu einer Generation, die Europa vor 60 Jahren in Trümmern gesehen haben, die das unermessliche Leiden, das das Hitler-Regime über ganz Europa gebracht hat, noch in lebendiger Erinnerung behalten haben. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung erfüllt mich ein Gefühl größter Dankbarkeit gegenüber allen, die in den zurückliegenden Jahren im Großen wie im Kleinen an der Einigung Europas und an der Aussöhnung ehemals verfeindeter Nationen mitgewirkt und erreicht haben., dass aus Nachbarn Partner, und aus Partnern Verbündete und sogar Freunde wurden.
Seit mehr als einem Jahr sind 25 Staaten aus Ost- und Westeuropa unter dem Dach der EU vereint. Die fröhliche Begeisterung, mit der vor allem junge Menschen die Erweiterung am 1. Mai 2004 gefeiert haben, war ein eindrucksvolles und bewegendes Bekenntnis zu Europa und zur Europäischen Union.
Die Einwände gegen den Verfassungsvertrag - so berechtigt sie in manchem Detail sein mögen, - dürfen die Zukunft des europäischen Projektes nicht gefährden.
Die Erweiterung der EU ist kulturell, politisch und wirtschaftlich ein grandioser Erfolg, dieser Erfolg muß aber auch durch die Erneuerung der europäischen Institutionen abgesichert werden.
Anrede,
"In Vielfalt geeint" - so wird im Verfassungsvertrag die Grundstruktur der Europäischen Union definiert.
Schon Wenzel Jaksch hatte die "Einheit in der Vielfalt" benannt als "Gegenprinzip zur Aufspaltung der Welt in feindliche Heerlager". Mit diesen Worten beschloss der große sudetendeutsche Sozialdemokrat und Sachwalter der Vertriebenen 1957 die "europäische Bilanz" am Ende seines Buches über "Europas Weg nach Potsdam".
Wenzel Jaksch hat als überzeugter und überzeugender Demokrat und Europäer die richtigen klaren Konsequenzen aus dem Elend der Hitlerzeit und der Katastrophe des zweiten Weltkrieges gezogen.
Wenzel Jaksch forderte für die Vorbereitung einer Partnerschaft zwischen West- und Osteuropa "geistige Pionierarbeit". Das entspricht der Erkenntnis, dass Verständigung und Aussöhnung zuallererst eine geistig-kulturelle Aufgabe sind. Sie erfordert vor allem Aufrichtigkeit und Mut zur Wahrheit. Solche mutige Pionierarbeit ist von vielen Menschen schon zu Zeiten geleistet worden, als die Teilung Europas noch unüberwindbar erschien.
Anrede,
wie schwierig es ist, geistige Pionierarbeit über Grenzen und historische Gräben hinweg zu leisten, zeigt der Streit um das geplante "Zentrum gegen Vertreibungen".
Das Vorhaben ist vom Grundsatz her unterstützenswert, wenn es als europäisches Projekt und nicht als isolierte deutsche Veranstaltung geplant und umgesetzt wird. Nur als europäisches Projekt wird es weitreichende politische Verwerfungen vermeiden und den richtigen historisch-politischen Kontext finden.
Die Diskussion der vergangenen Jahre hat leider gezeigt, dass das geplante Zentrum gegen Vertreibungen vor allem in Polen und Tschechien auf große Bedenken und härteste Kritik stößt. Die Heftigkeit einiger Reaktionen mag manche überrascht haben. Wir können sie aber nicht einfach ignorieren, auch wenn sie teilweise polemisch überspitzt und ungerecht sind. Genauso wenig darf aber verkannt werden, dass ein Zentrum gegen Vertreibungen nicht unter Ausschluss der deutschen Vertriebenen-Verbände zustande kommen kann.
Ralph Giordano hat Tschechen und Polen um "Zweiäugigkeit" in der Geschichtsbetrachtung gebeten und für eine "Dialektik der Empathie" geworben. Dies lässt sich gewiss nicht verordnen. "Zweiäugigkeit" müssen wir uns alle immer wieder erarbeiten.
Ein deutsches Zentrum gegen Vertreibungen an Stelle eines europäischen Projektes setzt sich mindestens der Gefahr der Missverständnisse und Fehlinterpretationen aus.
Es erscheint mir aussichtsreicher, das Projekt eines Zentrums gegen Vertreibungen in das Europäische Netzwerk einzubeziehen, das als Ergebnis der deutsch-polnischen Präsidenteninitiative vom Oktober 2003 entstanden ist. Mit der "Danziger Erklärung" hatten Bundespräsident Rau und Polens Präsident Kwasniewski zu einem "ehrlichen europäischen Dialog" über die Leiden der Vergangenheit aufgerufen. Die Europäer sollten (so wörtlich) "alle Fälle von Aussiedlungen, Flucht und Vertreibungen, die im 20. Jahrhundert stattfanden, neu bewerten und dokumentieren, damit ihre Ursachen, der historische Kontext und die Folgen für die Öffentlichkeit verständlich werden".
Es geht also um eine umfassend angelegte gesamteuropäische Geschichtswerkstatt über das Jahrhundert der Vertreibungen. Ein solches Projekt muss von möglichst vielen Beteiligten getragen werden. In der Vergangenheit ist zwar schon eine Reihe einzelner, teils binationaler Forschungsergebnisse vorgelegt worden. Auf europäischer Ebene und für eine größere Öffentlichkeit steht dieser Aufklärungs-, Verständigungs- und Vermittlungsprozess jedoch noch ganz am Anfang.
Immerhin haben sich die Kulturminister Deutschlands, Polens, der Slowakei und Ungarns im Februar dieses Jahres darauf verständigt, ein - für weitere Staaten offenes - "Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität" einzurichten. Schon die Bezeichnung zeigt jedoch, wie schwer es ist, gemeinsam die Dinge beim Namen zu nennen.
Es ist ein bescheidener Anfang, der hoffentlich noch andere zur Mitarbeit bewegen wird. Tschechien konnte sich bisher nicht zu einer Beteiligung auf Ministerebene verstehen. Interesse an einer aktiven Mitwirkung haben die Ukraine und Litauen signalisiert.
Sehr positiv zu bewerten ist auch der Vorschlag des früheren polnischen Außenministers Geremek und anderer polnischer Persönlichkeiten, in Breslau ein "Zentrum der Versöhnung" zu schaffen.
Damit wir vorankommen, bedarf es des ständig erneuerten Mutes zum Dialog, den Volkmar Gabert über alle emotionalen Gegensätze hinweg gefordert hatte. Und es bedarf einzelner Gesten und der Bereitschaft, sie auch als Gesten guten Willens anzunehmen.
Ich begrüße daher die Absicht des tschechischen Premierministers Jirí Paroubek, sudetendeutsche Antifaschisten, Sozialdemokraten, und katholische Priester zu würdigen. Anerkennenswert ist nicht nur die Tatsache, dass er an dieser Idee trotz heftiger und teils auch peinlicher Kritik von verschiedenen Seiten festhält. Bemerkenswert ist auch seine Begründung: Eine solche Geste sei nämlich schlicht und einfach "eine Frage des Anstands".
Im Mai dieses Jahres hat die tschechische Stiftung Charta 77 den Franti¨ek-Kriegel-Preis für Zivilcourage erstmals an eine Ausländerin verliehen. Die Sudetendeutsche Maria Machnig, Tochter des deutsch-böhmischen Parlamentariers Otto Halke, wurde stellvertretend geehrt für alle Sudetendeutschen, die sich dem Hitler-Regime entgegengestellt haben.
Als beachtliche Geste sollten wir auch werten, dass vor wenigen Tagen (in Anwesenheit des stellvertretenden tschechischen Außenministers) in Aussig an der Elbe (Ústí nad Labem) eine Gedenktafel für die sudetendeutschen Opfer des 31. Juli 1945 eingeweiht worden ist.
Zudem wird die geplante Errichtung eines "Collegium Bohemicum" in Aussig der Erforschung und Dokumentation der Geschichte der Deutschen in den böhmischen Ländern dienen.
Auch der jüngste Besuch von Johann Böhm als Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Lidice und Theresienstadt ist ein Beitrag zur Versöhnung und zur wechselseitigen Wahrnehmung erlittenen Leids.
Anrede,
Nach einem Jahrhundert der furchtbarsten Verbrechen, der Massenmorde, der kriegerischen Verwüstungen, der Vertreibung, der geistigen und physischen Verelendung leben wir heute in einem freien und demokratischen Europa, das sich als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts versteht. Dieses Europa in seiner wunderbaren Vielfalt ist unsere gemeinsame Heimat, für dieses Europa tragen wir Verantwortung. Und Europa hat eine Verantwortung nicht nur für sich sondern für unsere ganze eine Welt. Kern dieser Verantwortung ist die unbedingte Wahrung der Menschenrechte und damit auch die Ächtung der Vertreibung. In diesem Sinne hoffe ich auf weitere konstruktive Zusammenarbeit mit dem Bund der Vertriebenen.
Quelle: Bundesministerium des Innern
Schlagzeilen vom 06.08.2005
International
- Cape Canaveral / Raumfähre "Discovery" auf riskantem Heimflug von der ISS
- Toronto / Millionenklage nach der Bruchlandung / Nur vier der acht Notausstiege zu öffnen
- Kolumbien / Ausbildung von Guerillakämpfern / Verurteilte IRA-Männer nach Irland geflohen
- Santiago / Chile befreit seine Verfassung von den Spuren der Diktatur
- Niger / USA schicken über 200 Tonnen Nahrungsmittel / US-Hilfe in 2005 13,75 Millionen Dollar
- Niger / Vereinten Nationen bitten die internationale Gemeinschaft um 55 Millionen Dollar
- Peking / Mehr als eine Million Chinesen auf der Flucht vor Taifun
- Gedenken an den 6. August 1945 / Friedenskerzen in Hiroshima
- Gedenkfeier in Japan / Hiroshimas Bürgermeister kritisiert die Atommächte
- Gedenken / Im Schatten von Hiroshima verdrängt Japan eigene Kriegsverbrechen
- 60 Jahre nach der atomaren Bombardierung von Hiroshima und Nagasaki / Mythos und Mahnung
- Mahnung Hiroshima / 50.000 Menschen gedachten des Atombombenabwurfes vor 60 Jahren
- Gegner der Remilitarisierung Japans sind in der Defensive / Friedensbewegung aktiv
- Washington / Laut "New York Times" stammen moderne Sprengsätze im Irak aus Iran
- Bomben in Irak stammen aus Iran / US-Medienbericht über ausländische Hilfe für Aufständische
- Irak/ "New York Times": Sprengfallen aus Iran sind größte Bedrohung
- Teheran / Iran signalisiert Ablehnung des EU-Atomvorschlags
- Berlin / Fischer warnt Iran vor "Politik der Selbstisolierung"
- Schröder und Fischer verwarnen Iran / Ahmadinedschad zeigt sich unnachgiebig
- Kanzler besorgt über Kurs Irans / Schröder schließt Sanktionen im Atomstreit nicht aus
- Iran im Atomstreit kompromisslos / "Wertloses" Angebot der EU
- Atomstreit / Iran weist Europas Kompromiss-Vorschlag ab
- Teheran / Irans neuer Präsident Ahmadinedschad wird vor Parlament vereidigt
- Moskau / Rettungsgerät für U-Boot-Insassen auf Kamtschatka eingetroffen
- Moskau / Britische Retter unterwegs zu U-Boot-Unglücksstelle
- Petropawlowsk / Bergungsversuch / Rettungskräfte schlingen Kabel um das U-Boot
- Moskau / Russlands Armee im katastrophalen Zustand / Investitionsbedarf soweit das Auge reicht
- Türkei/ Beitrittsverhandlungen / EU-Koordinator Sungar tritt verärgert zurück /
- Istanbul / Mindestens zwei Tote bei Explosion eines Gastankers in Türkei
- Serbien / Milosevic-Sohn Marko nicht mehr unter Anklage / Staatsanwalt macht Rückzieher
- Bulgarien/ Regierungsbildung in Sofia erneut gescheitert / Sozialisten lehntenBeteiligung ab
- Rom / Berlusconi lässt sich wieder Haare transplantieren
- Palermo / Mindestens 14 Tote bei Flugzeugunglück vor Sizilien
- Notwasserung vor Palermo/ 23 Passagiere aus Flugzeugwrack im Mittelmeer gerettet
- London / Britischer Ex-Außenminister Robin Cook gestorben
- Zusammenbruch auf Bergtour / Britischer Ex-Außenminister Cook mit 59 Jahren gestorben
- Terroranschläge / Londoner Moschee warnte die Polizei
Deutschland
- Berlin / Struck spricht mit Annan über Sudan-Mission / Entsendung von Militärbeobachternzugesagt
- Bundes der Vertriebenen / Heftige Debatte um geplantes Zentrum gegen Vertreibungen
- Tag der Heimat / Schily lehnt deutsches Zentrum gegen Vertreibung ab
- Kontroverse um "Zentrum gegen Vertreibungen" / Pfiffe und empörte Zwischenrufe gegen Schily
- Uneinigkeit zwischen Merkel und Schily bei "Tag der Heimat 2005" / Polnische Kritik an Merkel
- Hannover / Vertriebene pfeifen Schily aus / Merkel verspricht einen "nationalen Gedenktag"
- Hannover / Deutschland gedenkt der Atombombenopfer von Hiroschima und Nagasaki
- Schröder enttäuscht über Kurs Teherans im Atomstreit / Besorgnis über "konfrontativen Kurs"
- Rücktritt Schönbohms verlangt / Brandenburgs Innenminister wegen SED-Äußerung unter Druck
- Säuglingstötungen in Ostdeutschland / Schönbohm / Empörung zieht sich durch alle politischen Lager
- Berlin / SPD-Streit über Linkspartei / Wowereit hält an rot-roter Vision fest
- Berlin / Gewerkschaften uneins über Umgang mit der Linkspartei
- Berliner PDS-Chef wirbt für fusionierte Linkspartei nach der Wahl
- Gysi als Berliner PDS-Spitzenkandidat mit 92,6 Prozent gewählt
- Berlin / Lohnzuwächse / Kanzler gönnt Arbeitnehmern "Schluck aus der Pulle"
- Rente / Clement plädiert für längere Lebensarbeitszeit / Renteneintrittsalter von 67 Jahren
- Tarifautonomie / IG-BCE-Chef Schmoldt droht der Union mit politischen Streiks
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