Neue Westfälische ,
02.07.2005 :
(Bad Oeynhausen) Ein Werkzeug für den Frieden / Getöteter Soldat Andreas H. feierlich beigesetzt / 300 Trauernde / Kunkel: "Er hat sich selbst gegeben"
Von Stefan Schelp
Bad Oeynhausen. Er wollte den Kindern überall auf der Welt helfen. Damit sie ein Leben in Frieden und ohne Angst vor Minen führen können. Deshalb war er mit der Bundeswehr im Kosovo. Deshalb folgte er dem Ruf nach Afghanistan – als Werkzeug des Friedens. "Er hat Liebe gegeben. Und er hat sich selbst gegeben", erklärte Pfarrer Lars Kunkel. Am vergangenen Samstag starb Andreas H., getötet im Einsatz für den Frieden. Gestern wurde der 37-Jährige in einer feierlichen Zeremonie beigesetzt.
Der Sarg ist mit der deutschen Fahne und einem Stahlhelm geschmückt. Blumen füllen die Kapelle, in der Mitte steht als letzter Gruß der Eltern ein Gesteck aus roten Rosen und weißen Lilien. Acht Kameraden von Andreas H. aus seiner Kaserne in Ehra-Lessien halten die Ehrenwache – regungslos, und doch zutiefst bewegt.
Auf seinem letzten Weg, hin zur Grabstelle direkt hinter der Kapelle, begleiten Andreas H. Soldaten vom Pionierbataillon aus Minden, wo die Bundeswehrlaufbahn des 37-Jährigen vor fast 20 Jahren begann. Die Familie, Freunde und zahlreiche Bundeswehrangehörige folgen dem Sarg – rund 300 Trauernde zählt der Zug. Sie lauschen dem Knirschen der Schritte auf dem Kiesweg, dem Läuten der Totenglocke und dem Wirbel einer einzelnen Trommel.
Minuten später wird es ganz still um das Grab. Ein Trompeter setzt zu "Ich hatt' einen Kameraden" an – und löst bei den Trauernden noch mehr Beklommenheit aus. "Das ist das Schwerste, sein eigenes Kind zu begraben", raunt ein Besucher, während die Soldaten den Eltern die kunstvoll gefaltete Fahne und die Ehrenabzeichen ihres Sohnes überreichen. Beim Gottesdienst hatte Lars Kunkel, Pfarrer der Altstadt-Gemeinde, den Menschen Andreas H. in Erinnerung gerufen. Ein "kleiner Rabauke" sei er gewesen, damals, im Kindergottesdienst und als er mit dem Fahrrad die Straße herunter gerast sei. "Das konnte nicht gefährlich genug sein." Eine Maschinenschlosser-Ausbildung hat er abgeschlossen. "Aber die Bundeswehr war immer sein Ding." Zum Sprengmeister ließ er sich ausbilden – einer der gefährlichsten Berufe überhaupt. Stets habe ihm der Schalk im Nacken gesessen. Zum Beispiel, als er bei einer Verlobung das Schlafzimmer der Gastgeber in ein Zeltlager verwandelt habe. "Mit echtem Sand und echtem Zelt." Gute Freunde hätten auch eine andere Seite kennen gelernt. "Er war sensibel. Er konnte zuhören. Er war da, wenn man ihn brauchte." Wie viele Freunde er gehabt habe, das zeige sich heute. "Entsetzen, Verzweiflung, Trauer herrschen nicht nur in Bad Oeynhausen, sondern in ganz Deutschland und darüber hinaus."
Einer dieser Freunde war es, der am offenen Grab von Andreas H. daran erinnerte, was dem Toten wichtig war: "Passt auf euch auf. Helft einander. Seid für einander da." Als Trost für die Eltern. Und als Mahnung für die Kameraden.
Streifendienst vor dem Trauerhaus
Während der Trauerfeier fuhren Beamte der Polizeiwache Bad Oeynhausen verstärkt Streife vor dem Elternhaus des getöteten Bad Oeynhauseners. Auf diese Weise halfen sie, zu verhindern, dass Kriminelle die Beerdigung ausnutzten, um in das verwaiste Haus einzubrechen. Eben dies hatte der Vater des Verstorbenen befürchtet, nachdem sein Haus nicht in der Neuen Westfälischen, wohl aber in einer anderen Zeitung abgebildet worden war.
02./03.07.2005
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