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www.hiergeblieben.de , 16.07.2005 :

Übersicht

Veröffentlichungen am 16.07.2005

01.) Demonstration:
Abschiebehaft abschaffen - In Ingelheim und überall

02.) Der Patriot - Lippstädter Zeitung:
(Rüthen) von spitzer Warte



Nachrichten vom 16.07.2005



Flucht / Rassismus

01.) Aufmarsch von Neonazis befürchtet (Allgemeine Zeitung)

02.) "Wir machen weiter gegen Abschiebung mobil" / In Frankfurt/M. sind Hunderte Kinder aus Flüchtlingsfamilien betroffen / Erfolgreiche Kundgebung des Stadtschülerrates / Ein Gespräch mit Anne Juliane Alke (junge Welt)

03.) PKK-Unterstützer / Keine Einbürgerung (die tageszeitung)

04.) Interview mit dem Bündnis Nie wieder Sonntag (Indymedia)



01.) Aufmarsch von Neonazis befürchtet (Allgemeine Zeitung)

Ingelheim. Rund 400 Polizisten werden heute, Samstag, 16. Juli, bei der Demonstration in Ingelheim vor Ort sein, zu der das "Vorbereitungsbündnis Ingelheim - Aktiv gegen Abschiebung" aufgerufen hat. Wie Polizeisprecher René Nauheimer auf AZ-Anfrage mitteilte, gab es im Internet einen Eintrag der rechtsextremen "Kameradschaft Donnersbergkreis": Darin würden Neonazis aufgerufen, an der Demonstration teilzunehmen. "Ob tatsächlich damit zu rechnen ist, dass sie kommen, wissen wir nicht", sagte Nauheimer.

Beispiel Worms

Es soll aber eine Auseinandersetzung wie Anfang Mai in Worms verhindert werden, bei der 200 Neonazis und 300 Linksautonome aufeinandertrafen, und es zu Krawallen in der Innenstadt kam. Rund tausend Polizisten versuchten dort die Gruppen getrennt zu halten, dennoch flogen Steine und Flaschen. Dabei wurden mehrere Polizeibeamte verletzt, und es gab Sachbeschädigungen.

Polizeidirektor Rolf Ebling wird den Einsatz in Ingelheim leiten, vor Ort sind zudem Einsatzkräfte aus dem Bereich des Polizeipräsidiums Mainz sowie der Bereitschaftspolizei des Saarlandes.

Bei der von dem Aktionsbündnis angemeldeten Demonstration werden 200 Teilnehmer erwartet. Sie steht unter dem Motto "Abschiebehaft abschaffen - in Ingelheim und überall" und beginnt um 13 Uhr am Ingelheimer Bahnhofsvorplatz. Von dort geht es weiter zur Abschiebehaftanstalt. Dort wollen die Teilnehmer über die Behandlung von Asylbegehrenden und über deutsche und europäische Flüchtlingspolitik diskutieren. Ziel des Bündnisses ist es, "Rechte für Menschen in Not einzufordern".



02.) "Wir machen weiter gegen Abschiebung mobil" / In Frankfurt/M. sind Hunderte Kinder aus Flüchtlingsfamilien betroffen / Erfolgreiche Kundgebung des Stadtschülerrates / Ein Gespräch mit Anne Juliane Alke

Anne Juliane Alke ist Mitglied im Vorstand des Stadtschülerrats Frankfurt am Main. Sie arbeitet auch in der "Arbeitsgruppe Abschiebung" mit.

Frage: Der Frankfurter Stadtschülerrat hat am Donnerstag u.a. mit Unterstützung von "Pro Asyl" und vom Hessischen Flüchtlingsrat eine Kundgebung gegen die drohende Abschiebung von Schülern aus Flüchtlingsfamilien abgehalten. Was war der Anlass?

Anne Juliane Alke: Wir sind empört darüber, dass Kinder und Jugendliche, die hier aufgewachsen sind und hier zur Schule gehen, aus ihrem Leben herausgerissen werden sollen. Deshalb haben wir zunächst einmal Unterschriften für ihr Bleiberecht gesammelt und diese am Donnerstag Vertretern der Stadt übergeben.

Die Beteiligung an unserer Protestkundgebung war großartig. Wir hatten damit gerechnet, dass gut 200 Teilnehmer zum Römer kommen – es waren aber über 500. Wir haben viel Unterstützung bekommen und werden mit Sicherheit weiter Druck machen. Auch bei den Unterschriften gab es eine erfreuliche Überraschung: Ein paar hundert wären in der kurzen Zeit, in der die Listen kursierten, schon ein enormer Erfolg gewesen – wir konnten aber 8.000 überreichen.

Schon im Rahmen der Kampagne "Hier geblieben" hatten zahlreiche Gruppen und Organisationen an die Innenministerkonferenz appelliert, ein Bleiberecht zu ermöglichen. Es muss verhindert werden, dass diese Kinder und Jugendlichen in ein für sie völlig fremdes Land abgeschoben werden. Ihre Eltern sind z.B. aus dem Kosovo oder aus Afghanistan geflohen, und die meisten von ihnen leben schon sehr lange in Deutschland oder wurden gar hier geboren.

Aber die Innenminister haben am 23./24. Juni in Stuttgart beschlossen, an dem unmenschlichen Umgang mit Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern festzuhalten. Gegen diesen Skandal sind wir auf die Straße gegangen. Wir werden weiter gegen die Abschiebung von Mitschülern mobil machen.

Frage: Der Stadtschülerrat hat eine "Arbeitsgruppe Abschiebung" gegründet. Seit wann gibt es diese AG?

Anne Juliane Alke: Seit Februar. Der Fall der Iranerin Zarah Kameli hatte damals großes Aufsehen erregt. Sie sollte in den Iran abgeschoben werden, obwohl ihr dort wegen Verletzung iranischer Gesetze die Steinigung drohte. Gegen die Abschiebung gab es am Frankfurter Flughafen eine Demonstration, bei der mehrere Schüler von der Polizei festgenommen wurden. Zum Glück hatte sich dann der Pilot geweigert, Zarah Kameli mitzunehmen, die Abschiebung konnte daher in letzter Minute verhindert werden. Zarah Kameli hat mittlerweile das Bleiberecht erhalten.

Diese Vorgänge am Flughafen sowie weitere Ausweisungen waren der Anlass dafür, dass sich einige Schülerinnen und Schüler sagten: Wir müssen an dieser Stelle weiter aktiv bleiben. So entstand die Arbeitsgruppe des Stadtschülerrates, an ihr beteiligen sich Jungen und Mädchen verschiedener Schulen. Aber man muss nicht unbedingt noch zur Schule gehen, um mitarbeiten zu können – es ist jeder willkommen. Bei unseren wöchentlichen Treffen sind wir etwa zehn Teilnehmer. Mal mehr, mal weniger.

Frage: Wissen Sie, wie viele Frankfurter Schüler von Abschiebung bedroht sind?

Anne Juliane Alke: Ich habe versucht, von der Stadt genaue Informationen zu bekommen, doch die Beamten wollen oder können nichts dazu sagen. Der Hessische Flüchtlingsrat schätzt, dass alleine in Frankfurt einigen hundert Schülern die Abschiebung droht.

Frage: Kennen Sie persönlich Schüler, die möglicherweise abgeschoben werden sollen?

Anne Juliane Alke: Ja, ein Beispiel: Direkt nach Gründung der Arbeitsgruppe haben sich bei uns Haris, ein Junge bosnischer Herkunft, und zwei Mädchen, Aferdite und Valdete, gemeldet. Wir haben also unmittelbar mit jungen Menschen zu tun, die Angst davor haben, Deutschland verlassen zu müssen. Sie haben auch Angst, ihre Schulausbildung nicht beenden zu können und aus ihrer vertrauten Umgebung herausgerissen zu werden. Das hat uns noch einmal besonders eindringlich vor Augen geführt, wie dringend es ist, daß die Abschiebungen verhindert werden müssen.

Quelle: junge Welt (Interview: Thomas Klein)



03.) PKK-Unterstützer / Keine Einbürgerung

Ein irakischer Kurde, der sich im Verein Kulturzentrum Kurdistan engagiert, kann nach einem Urteil des OVG Rheinland-Pfalz nicht deutscher Staatsbürger werden. Die kurdischen Kulturvereine seien in Deutschland eine Agitationsplattform der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), hieß es (Az. 7 A 12260/04.OVG).

Quelle: die tageszeitung



04.) Interview mit dem Bündnis Nie wieder Sonntag

Von Martina Schneider

Ein Interview exklusiv für Indymedia mit der Sprecherin des Aktionsbündnisses "Nie wieder Sonntag" Sophie Rosenberg anlässlich des morgigen Aktionstages gegen Rassismus im Prenzlauer Berg und die Strategie des Cafés "An einem Sonntag im August", mit dem Rassismusvorwurf umzugehen.

Der Aktionstag findet am Sonntag, zwischen 10 und 22 Uhr am U-Bhf. Eberswalder Straße (neben Café "An einem Sonntag im August") statt.

Frage: Warum rufen Sie am Sonntag zu einem "Aktionstag gegen Rassismus" in Berlin-Prenzlauer Berg auf? Schließlich wird der Stadtteil allgemein eher mit Multikulti, Weltoffenheit und Toleranz assoziiert in Verbindung gebracht.

Sophie Rosenberg: Die vermeintliche Multikulti-Idylle schützt natürlich nicht vor normalem Alltagsrassismus. Das zeigt sich hierzulande bei jeder periodisch aufflackernden Einwanderungs- und "Werte"-Debatte, aber auch an Stellen, an denen man es nicht vermuten würde. So zum Beispiel in der HipHop-Szene, die einst als linke und migrantische Subkultur gegolten hat, und in der heutzutage Veröffentlichungen mit rassistischen und nationalistischen Tönen, wie beim Label “AggroBerlin”, äußert erfolgreich sind. Oder auch in beliebten Cafés, beispielsweise dem "An einem Sonntag im August" auf der Flaniermeile Kastanienallee. Dort versuchten die Inhaberinnen ihr angebliches Drogenproblem damit lösen zu können, indem sie ihre Angestellten anwiesen, "schwarzen Jugendlichen unter 25" den Zutritt zu verweigern.

Frage: Die Betreiberinnen des Lokals sprachen von einer unglücklichen Wortwahl in der Dienstanweisung, aus der Sie soeben zitierten. Als Reaktion organisieren sie nun zeitgleich zu Ihrem Aktionstag ein ganztägiges Programm im Café. Was sagen Sie dazu?

Sophie Rosenberg: Ich kenne die Argumentation, mit der die Geschäftsleitung versucht, das ramponierte Image des Ladens wieder geradezurücken. Das Fehlereingeständnis kommen jedoch etwas spät, wenn man bedenkt, dass sofort nach Aushang der Dienstanweisung am 12.04.2005 mehrere Angestellte auf den diskriminierenden Inhalt hingewiesen haben und die Chefinnen weiter auf eine Unterschrift beharrten. Auch sprechen Berichte von Gästen und ehemaligen Mitarbeiterinnen, nach denen abfällige Äußerungen beispielsweise über "Schokis" zum Alltag im Café gehörten, dagegen, dass es sich bloß um einen Ausrutscher handelte.

Ein wichtiger Teil der Rechtfertigungsversuche besteht darin, auf angebliche Drohungen des Bezirksamtes zu verweisen, dem Café die Gewerbekonzession zu entziehen. Verantwortliche Politiker verweisen darauf, dass dies nie ausgesprochen wurden.

Die ganztägige Veranstaltung unter dem Motto "Politisch korrekt? Rassismus und Alltag", die die Betreiberinnen angekündigt haben, könnte eine wunderbare Ergänzung zu unserer Aktion darstellen. Allerdings lässt bereits der Titel und die angemeldeten Gäste, darunter Cem Özdemir (MdB Bündnis90/Grüne) und das Aushängeschild der multikulturellen Wohlfühlgesellschaft, Annetta Kahane, vermuten, dass es hier darum geht, prominente Bürgen für die Unhaltbarkeit unserer Positionen zu präsentieren und uns als dogmatische Linke darzustellen, denen wie immer nichts besseres einfällt, als mit der Moralkeule um sich zu schlagen ...

Frage: Erschöpft sich Ihre Kritik am Rassismus im Prenzlauer Berg am "An einem Sonntag im August"?

Sophie Rosenberg: Natürlich nicht. Unser Aufruf richtet sich explizit gegen jede Form der Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht, Herkunft usw., und das nicht nur im Prenzlauer Berg. Dennoch liegt der Fokus aus gegebenem Anlass auf diesem Kiez. Hier beobachten wir in den letzten Monaten eine Häufung polizeilicher Maßnahmen inform von "verdachtsunabhängigen Kontrollen" gegen Menschen mit migrantischem Hintergrund. Lokale Antifa-Gruppen bestätigen unseren Eindruck, dass es auch zu einer deutlichen Zunahme von Übergriffen mit rassistischem und homophoben Hintergrund im Prenzlauer Berg gekommen ist.

Frage: Mit Drogenhandel und -konsum müssen sich viele Lokalitäten auseinandersetzen, ebenso mit dem Vorgehen von Behörden und Polizei dagegen. Gibt es Cafés, die sich dem Problem auf andere Weise stellen und arbeiten Sie mit diesen zusammen?

Sophie Rosenberg: Wir haben in den letzten Wochen viel Unterstützung für unseren Aktionstag bekommen. Gerade von Kneipenbetreibern, die die Problematik aus eigener Erfahrung kennen, und daher am besten wissen, dass es andere, nichtrassistische Methoden gibt. Ein einfaches Schild, mit dem Hinweis, daß Drogen nicht erwünscht sind, reicht schon aus, um vor einer Schließung wegen "aktiver Tolerierung" sicher zu sein. Diese naheliegende Maßnahme wurde von den erfahrenen Geschäftsleuten im "Sonntag" in ihrem heroischem Kampf gegen die "Dealer-Gang" bis heute nicht ergriffen.

Frage: Was planen Sie am Sonntag?

Sophie Rosenberg: Der Aktionstag soll die Möglichkeit bieten, mit Anwohnern, Interessierten und Betroffenen ins Gespräch zu kommen. Es wird ab 16 Uhr eine Kiezdemonstration und zahlreiche Redebeiträge zum Thema Rassismus geben. Nicht zuletzt wollen wir eine ausgelassene Straßen-Party feiern, wofür unter anderem verschiedene DJs, Percussion-Gruppen und Performance-Künstler sorgen werden.

Informationen: http://www.nie-wieder-sonntag.tk.

Quelle: Indymedia



Antifa

01. Neonazi-Aufmarsch am 30.07. in Duisburg: Aufruf zu Gegenaktionen der Gruppe A2K2

"Multikultur abschaffen - Moscheebau stoppen! / Multicultuur afschaffen - Moskeebouw stoppen!" - so lautet das Motto unter dem deutsche und niederländische Neonazis am 30.07.2005 erneut in Duisburg aufmarschieren wollen. Verantwortlich für die Organisation des Aufmarsches am 30.07. ist erneut das "Aktionsbüro Westdeutschland", einem Netzwerk von neonazistischen Gruppierungen aus u.a. Dortmund, Köln, Leverkusen und dem "westlichen Ruhrgebiet".

Die lokale Sektion des "Aktionsbüro Westdeutschland" (AB West) firmiert unter dem Namen "Autonome Nationalisten westliches Ruhrgebiet" und dürfte primär aus den Duisburgern Dennis Meier, Steffen Pohl und "Sandy" Nadine Schlotmann bestehen. Pohl, und in zunehmenden Maße auch Schlotmann, zählen zu den wichtigsten Kadern des "Aktionsbüro Westdeutschland". So sind beide z.B. bei nahezu allen Veranstaltungen der NRW-weiten Neonazivernetzung zumeist als Ordner/in eingesetzt und stehen in engstem Kontakt zum Standart-Demoanmelder des "AB West", dem Kölner Neonazi Axel Reitz. Reitz ist auch Anmelder des Aufmarsches am 16.07.

Dass es sich bei Reitz, Pohl und Schlotmann nicht nur um einige hochgradig paranoide und geltungsbedürftige, letztlich aber harmlose Subjekte handelt, verdeutlichen die Ereignisse des Frühjahrs. Am 29.03. wurde in Dortmund der Punk Thorsten S. von einem Neonazi in einer U-Bahnstation
erstochen. In einer im Internet verbreiteten Erklärung solidarisierten sich daraufhin "Autonome Nationalisten" aus dem "östlichen Ruhrgebiet", welche über enge Kontakte zu Pohl und Schlottmann verfügen, mit dem Täter und erklärten dieser sei "einer von uns". Wenige Tage später wurden in
Dortmund Plakate geklebt in denen AntifaschistInnen gedroht wurde. Verantworlich im Sinne des Pressegesetztes war für die Plakate Axel Reitz.

Offiziell unterstützt wird der Aufmarsch auch von der lokalen Skinhead- und Hooligankameradschaft "Die Moite Essen/Duisburg" und der "JN-Duisburg". Bei der "JN-Duisburg" handelt es sich um die lokale Abteilung der Jugendorganisation der NPD, den "Jungen Nationaldemokraten", welche seit Jahren von dem Duisburger Nico Wedding geführt wird. Der wegen einschlägiger Delikte vorbestrafte Wedding ist zugleich auch Landesvorsitzender der JN und Mitglied im Landesvorstand der NPD in NRW.

"Was sollen die Nazis raus aus Deutschland, was hätte das für einen Sinn ... denn hier gehören sie hin"
Die Goldenen Zitronen

Offen nazistische Gewalt findet seit der sog. "Wiedervereinigung" Deutschlands immer wieder eruptive Höhepunkte. Zielsicher schreitet der deutsche Mob hin und wieder - angeführt nicht selten vom neonazistischen Spektrum - zum Kampf gegen alle die am deutschen Wesen "genesen" sollen.

Als seinerzeit, anfang der neunziger Jahre, die PolitikerInnen aller Parteien von einer "Asylantenschwämme" faselten und "Das Boot ist voll!" schrieen, griffen die militant völkischen Teile der Deutschen im vorauseilenden Gehorsam, ohne Marschbefehl oder große manipulative Rhetorik, zu den Brandsätzen und Baseballschlägern. Danach war erst mal staatstragende Empörung angesagt und zur Entschuldigung all dessen, und aus mehr oder minder offen artikulierten Verständnis für die rassistischen Übergriffe und Morde, bannte mensch den Volkszorn in Gesetzesform und verschärfte das Asylrecht. Ausdruck der Empörung waren zudem Lichterketten und bedrückte Gesichter, welche nach innen und außen verdeutlichen sollten, dass dies alles nicht repräsentativ für das "neue", schwer geläuterte Deutschland sei.

Als im Jahre 2000 dann in Düsseldorf eine Handgranate auf eine Gruppe Jüdinnen und Juden geworfen wurde, kamen ganze Horden in Berlin zusammen um zu demonstrieren, dass Deutschland nun anders sei und der neonazistische Mob nur ein Randphänomen, dem mittels einem "anständigen Aufstand" der Krieg erklärt wurde. Nazis wurden - zumindest vorerst - aus der Gemeinschaft der Deutschen ausgeschlossen. Im Gegensatz zu der "Asyldebatte" Anfang der Neunziger wurden nun nämlich neonazistische Stichwortgeber und Vollstrecker des allgemeinen Volkswillen nicht mehr gebraucht.

So richtig können die Deutschen aber auch anno 2005 nicht von alten Feindbildern lassen. Wenn sich die Krise verschärft und der Drang zur Weltmacht größer wird, werden die Deutschen immer wieder auf den Kern ihrer deutsch-völkischen Ideologie gestoßen. Dann geht es gegen JüdInnen und Juden, "Sozialschmarotzer " jeglicher couleur vom "raffenden Bonzen" alias "den Heuschrecken" bis zum "arbeitsscheuen" Tagedieb - und nicht zuletzt auch gegen "die Ausländer", die den deutschen wahlweise die Arbeitsplätze, Wohnungen oder Frauen wegnehmen sollen, wie der Volksmund zu berichten weiß. Die "Fremden", die nicht zur "deutschen (Leit)Kultur" so recht passen, oder sich dieser nicht in dem Maße wie vom Großteil der "angestammten" Bevölkerung gewünscht unter- und einordnen wollen, werden
dann in regelmäßigen Abständen Ziel von Attacken oftmals nicht nur verbaler Art.

Die Nazis haben also gar nicht so unrecht, wenn sie sich als Vollstrecker eines Volkswillens verstehen, welcher sich vor "Überfremdung" und "Unterjochung" durch die "Andersartigen" fürchtet. Im Grunde artikulieren die Nazis das, bzw. denken das zu Ende, was in einem jedem nationalistischen Subjekt, zumal bei Deutschen, fest angelegt ist. Sie sprechen die paranoide Angst vor dem Untergang des Bezugrahmens (Volk, Nation, Staat) durch die Konkurrenz der "Anderen", des Äußerlichen und "Fremden" aus, wenn sie z.B. fordern "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus".

Rassismus und "nationale Kultur(en)" oder: Willkommen im Etnozoo!

Wenn am 30.07.2005 die Neonazis des "AB West" gegen den Bau einer Moschee demonstrieren geht es ihnen natürlich nicht um irgend eine Form von Religionskritik oder gar um eine Kritik an irrationalen Denkformen. Wie auch? Sind sie doch selber in irrationalen Denkformen aufs Tiefste verfangen. Zu dem Glauben der Nazis - und anderer Deutscher - an die "Übermenschlichkeit" und die vermeintliche Macht der Juden, welche sich verschworen hätten um die (von den Nazis für sich beanspruchte) Weltherrschaft an sich zu reißen, und welchen letztlich nur mit kollektiver Ausrottung beizukommen sei. Ihre soll ihnen "Kulturlosigkeit" qua "Abstammung", also qua ihrer "jüdischen Gene" anhaften soll. Zu dem Glaube an die "Übermenschlichkeit" der Juden gesellt sich die Vorstellung vom "Untermenschentum" von "Völkern" nicht nordisch-arischer "Rasse".

Zumindest andersartig seinen sie aber, die verschieden "Völker", "Ethnien" und "Kulturen". Hierbei sind sich die Nazis dann auch wieder mit Rest der Deutschen, von der antiimperialistischen Linken bis zur CDU/CSU einig. Menschen sollen, so die Auffassung der "Völkerfreunde" aus allen politischen Lagern, wenn nicht durch ihre "Abstammung", so doch zumindest aufgrund ihres "kulturellen Backgrounds" verschiedenen Völkern, Kulturen oder "communities" angehören.

Nun ist es ja auch auf den ersten Blick richtig, dass sich die Menschheit in eben jenen hochideologischen Zwangskollektiven mehr oder minder freiwillig "zusammenfindet", oder besser, sich in diesen zusammenpfercht.

Volk, Nation und Rasse sind aber kein Zustand, sondern ein Projekt von Herrschaft, sie sind die "Selbstbehauptung des bürgerlichen Individuums, integriert ins barbarische Kollektiv" (Adorno/Horkheimer). Auf eine kritische Hinterfragung dieser vermeintlichen Naturgegenbenheiten kommt aber kaum jemand. Würde dies doch bedeuten sein Kollektiv, eben jene
Zusammenrottung von Menschen, die mensch zumeist noch nicht einmal persönlich kennt und die dem nationalistischen Subjekt doch eine heimelige Wärme - Heimatgefühle - zu geben scheint, seinen vorrauseilenden Gehorsam zu entziehen, was wiederum das Kollektiv mit Ausschluss und Verachtung bestraft.

Rassismus und Kapitalismus

Der rassistische Ausschluss aus der Menschheit speist sich zum einem aus der Angst vor dem Alleinsein, dem Ausschluss aus dem eigenen Kollektiv, welches in der kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft Wärme zu geben scheint, und zum anderen aus der Angst vor Entwertung, vor dem Überflüssigsein im kapitalistischen Produktionsbetrieb. Beides ist auf das Engste miteinander verbandelt. Der Ausländer - der Fremde - welcher ja eigentlich ein Untermensch oder zumindest "anders" ist, wie ein jeder Deutscher weiß, droht dem gestandenen Nationalisten auch noch das was ihm Identität verschaffen scheint - z.B. den Arbeitsplatz oder die nationale Kultur - zu nehmen. Dies treibt ihn notwendigerweise in eine Angst, genauer in einen Wahn, worüber sich das nationalistische Subjekt jedoch nicht bewusst ist. Schließlich gelten auch für den rassistischen und nationalistischen Wahn die Worte Siegmund Freuds: "Den Wahn erkennt natürlich niemals, wer ihn selbst noch teilt".

Das kapitalistische Subjekt, dem auch die Produktion von Ware, Wert und Kapital notwendigerweise ein Rätsel bleiben muss und dem Staat, Nation und Tausch als naturgegeben erscheinen, ist scheinbar kaum in der Lage eben jene, doch eigentlich offen zu Tage liegenden Verblendungen und
Wahnvorstellungen, welche sich u.a. im Nationalismus und Rassismus artikulieren, zu durchschauen.

just one way out:

Eine Überwindung der herrschenden Verhältnisse, welche u.a. Rassismus und Nationalismus, und somit auch diejenigen die diese Wahnvorstellungen konsequent zu Ende denken, hervorbringen - deutsche Neonazis z.B.- ist nicht möglich ohne die Überwindung von Volk, Staat und Kapital. Nur nach dem Ende der (abstrakten) Herrschaft eben dieser kann sich eine Gesellschaft entwickeln in dem das Individuum im Zentrum steht und in der sich der Mensch nicht Sachzwängen und Ideologien, etwa den Zwängen der Wertverwertung und Zwangskollektiven, unterwerfen muss. Da aber eine revolutionäre Überwindung der schrecklichen gegenwärtigen Verhältnisse nicht gerade in nächster Zeit zu erwarten ist, ist es um so nötiger einen Rückfall in noch barbarische Zeiten zu verhindern.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist es deshalb den Neonazis, die am 30.07. durch Duisburg marschieren wollen, einen möglichst unangenehmen Tag zu bereiten!

Ein Antifaschismus der seinen Namen verdient hat, darf sich aber nicht nur an den öffentlichen Auftritten von Neonazis abarbeiten, sondern muss in einem noch stärkeren Maße ihre ideologischen und gesellschaftlichen Grundlagen ins Visier nehmen.

Den Naziaufmarsch am 30.07. in Duisburg verhindern!
Volk, Staat und Kapital abschaffen!
Für eine freie Assoziation der Individuen!

antifaschistische Gruppe A2K2 (westliches Ruhrgebiet)

internet: www.no-nazis.de

Quelle: Offene Antifa Münster (OAM)




Schlagzeilen vom 16.07.2005



International


- Kleinraketen und Mörsergranaten / Militante Palästinenser setzen Angriffe fort

- Britische Soldaten und irakischer Justizbeamter im Irak getötet
- Über ein Dutzend Tote bei Anschlägen im Irak
- Irak / Über 90 Tote bei Selbstmordanschlag an Tankstelle

- Iran / Geheimdienst spürt Qaida-Netz auf / Mitglieder "Theologiestudenten und gläubige Sunniten"

- Türkei / Kleinbus geprengt / Selbstmordattentäterin reißt Touristen mit in den Tod
- Terroranschlag in türkischem Urlaubsort / Mindestens fünf Tote

- Labour-Linke bringen Anschläge mit Irakkrieg in Verbindung
- Britische und amerikanische Muslime verdammen Terrorismus
- berwachungskamera / Die Attentäter von London am Bahnhof


Deutschland


- Neuwahlen / Schröder wird bei Nein Köhlers nicht zurücktreten

- CDU schließt höheren Rentenbeitrag nach Wahlsieg aus
- Bildungspolitik / Bayern und Nordrhein-Westfalen stoppen Rechtschreibreform

- Linksbündnis legt laut Umfrage weiter zu / Bei einer Bundestagswahl auf zwölf Prozent
- Bisky erwartet klare Zustimmung zur Umbenennung in "Linkspartei"
- Fremdarbeiter-Äusserung / Gysi nimmt Lafontaine in Schutz

- Nach VW-Affäre fordern Politiker mehr Transparenz bei Betriebsräten
- Lustreisen-Affäre / Hartz hört zum 1. August auf




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