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Neue Westfälische , 25.06.2005 :

"Das Gefühl, am richtigen Ort zu sein" / Bielefelderin engagiert sich für die Aktion Sühnezeichen

Von Anja Husmann

Bielefeld. An ein Schlüsselerlebnis kann sie sich nicht erinnern, die Idee kam einfach so: Sarah Pfeiffer ist 20 Jahre alt und engagiert sich für die "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste" (ASF). Mit verschiedenen Projekten in 13 Ländern übernimmt ASF Verantwortung für die Folgen des Nationalsozialismus und sucht den Kontakt mit Betroffenen. Sarah hat Tschechien ausgewählt, wo sie von September an ein Jahr verbringen wird.

"Ich wollte unbedingt nach Osteuropa. Diese Länder ziehen mich irgendwie an und ich habe das Gefühl, am richtigen Ort zu sein", sagt die junge Frau. Auf dem ASF-Bewerbungsbogen kreuzte sie ihr Lieblingsland Tschechien an und wünschte sich für ihren Auslandsaufenthalt noch eine Arbeit mit alten Menschen und Behinderten.

Das Abitur des Oberstufen-Kollegs in der Tasche, wird Sarah bald in einer jüdischen Gemeinde in Brünn (Süd-Tschechien) leben. Kleine Arbeiten im Haushalt, Einkäufe und Botendienste - Sarah möchte alten Menschen helfen und als Deutsche mit ihnen in Kontakt treten. Bei einer Organisation, die betreutes Wohnen für Behinderte anbietet, wird sie ebenfalls arbeiten.

"Ich mache mir schon Gedanken, wie ich als Deutsche dort aufgenommen werde", gibt Sarah Pfeiffer zu. Auf distanzierte Begegnungen vorbereitet, ist sie trotzdem optimistisch. "Bestimmt freuen sich einige Leute über ein Gespräch." Bis zum Reiseantritt paukt sie deshalb tschechische Vokabeln.

Nationalsozialismus - das ist für die Bielefelderin ein Thema, "das nicht ohne Grund immer noch aktuell ist". Die deutsche Vergangenheit und ihre Bewältigung beschäftigen Sarah. Vor einigen Jahren wurde sie durch Diakon Rüdiger Wormsbecher, Vater ihrer Freundin Marei, auf die ASF aufmerksam.

Gemeinsam mit Marei Wormsbecher meldete sie sich für ein ASF-Sommerlager an, gärtnerte und schuftete zwei Wochen lang auf einem jüdischen Friedhof in der tschechischen Stadt Ostrava. "Das Gras war hüfthoch, die Grabsteine teilweise umgekippt und angesprayt", erinnert sich Sarah. "Der Friedhof hatte einfach keine Würde mehr, und die haben wir ihm teilweise zurückgegeben können."

Mit praktischer Arbeit wollen ASF-Freiwillige zur Versöhnung beitragen. "Jeder Freiwillige ist ein Teilstück auf dem Weg in eine friedlichere Welt", findet Sarah Pfeiffer, die nach ihrem Tschechien -Aufenthalt Psychologie studieren möchte. Momentan engagiert sie sich für den Verein "Heim-statt Tschernobyl" (Bünde) und hilft von heute an vier Wochen lang in einem Vorort der weissrussischen Stadt Lepel den Ärmsten.

Förderer gesucht

ASF ist als gemeinnütziger Verein auf Spenden angewiesen. Sarah Pfeiffer braucht 15 Förderer, die sie mit mindestens 10 Euro im Monat unterstützen und dafür Berichte erhalten. Vom 22. Juli an ist Sarah Pfeiffer unter Telefon (0521) 445932 erreichbar, bis dahin über reaction-team@web.de.

25./26.06.2005
lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de

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