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Die Glocke , 21.06.2005 :

(Drensteinfurt) Ehemaliger Zwangsarbeiter / Stewwert von der schönen Seite kennen lernen

Drensteinfurt (gl). Vor über 60 Jahren musste Mikola Lysenko in Drensteinfurt die zerstörten Bahn-Schienen wieder herrichten. Als Zwangsarbeiter. Ohne Schutz dem Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs ausgesetzt. Jetzt kommt der Ukrainer wieder nach Stewwert. Dieses Mal, um die Stadt und seine Menschen "ganz anders kennen zu lernen". So jedenfalls formulieren es Josef Waldmann, Annette Mors und Sabine Omland, die drei Initiatoren des Besuchs, in ihrem Brief. Für den 1. bis 7. September haben sie den mittlerweile 79-jährigen Mann und seine Frau Nina eingeladen.

Dann steht viel auf dem Programm: ein Empfang in der alten Post, Besuche in der Haupt- und Realschule, vielleicht auch in Rinkerode und Walstedde. "Je nachdem wie viel Zeit bleibt", erklärt Sabine Omland. Auf jeden Fall soll Mikola Lysenko auch die schönen Seiten unserer Region kennenlernen. Dafür war damals keine Zeit. "Der Kontakt zu uns ist ihm wichtig", sagt Annette Mors, die sich mit dem Ukrainer regelmäßig per E-Mail austauscht. "Er will auch Jugendliche für das Thema sensibilisieren."

Um den Besuch in Drensteinfurt finanzieren zu können, brauchen die Organisatoren dringend Spenden. 900 Euro haben sie bereits gesammelt. "Wir brauchen aber 2.000 Euro", sagt Annette Mors. "Wir freuen uns über jede Unterstützung." Wer helfen möchte, kann unter dem Stichwort "Lysenko" auf die Konten des Fördervereins "Alte Synagoge" spenden. Auch Vereine will man noch gezielt ansprechen.

Mikola Lysenko ist einer von rund 700 Zwangsarbeiten, die in Stewwert eingesetzt waren. 242 waren es in Drensteinfurt selbst, 365 in Rinkerode und 112 in Walstedde. Außer Lysenko und Staniylaw Kocierz, einem Polen, der mittlerweile verstorben ist, war niemand weiter aufzufinden.

"Die Adressen von Zwangsarbeitern herauszufinden ist äußerst schwierig", erklärt Sabine Omland. Als 16-jähriger Lehrling war Lysenko damals nach Deutschland deportiert worden. Man hatte ihn abends unter einem Vorwand ins Jugendhaus gelockt. Am nächsten Morgen schon wurde er weggebracht. Und er landete in Drensteinfurt. Ab 1943 arbeitete er in einem so genannten Reparaturzug der Reichsbahn. Das zerbombte Schienennetz musste wieder hergestellt werden. "Die Deutsche Bahn hat sich sofort bereit erklärt, die Kosten für die Zugfahrt vom Frankfurter Flughafen zu übernehmen", berichtet Annette Mors. Auch Sparkasse und Volksbank unterstützen das Projekt. Jetzt wollen Josef Waldmann, Sabine Omland und Annette Mors Vereine, Bürger und Firmen um Unterstützung bitten. Damit Mikola Lysenko in Drensteinfurt eine schöne Woche verbringen kann.


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