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Neue Westfälische , 21.06.2005 :

Vlotho trommelt gegen Nazis / Mehr als 800 Menschen bei der Demo gegen das Collegium Humanum / Alt und Jung zeigen Flagge

Von Michaela Berbalk

Kreis Herford (va). Es war ohrenbetäubend: Ein Konzert aus unzähligen Trillerpfeifen, Trommel-Wirbeln, Klatsch-Salven. Vlotho zeigte am Samstag lautstark Flagge gegen das Collegium Humanum.

Über 800 Menschen drängen sich auf dem Sommerfelder Platz, rücken zusammen gegen Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit. "Ich bin überwältigt", meint Bürgermeister Bernd Stute. Jung und Alt, zum Teil mit Kinderwagen oder Fahrrad, bilden eine beeindruckende Kulisse.

Zuvor hatte sie der Demonstrationslindwurm durch Vlothos Innenstadt geschlängelt. Kleine Weserstädter liefen mit Plakaten vorneweg. "Wir waren in Bergen Belsen und haben Schreckliches gesehen", hatte eine Schülerin mit roter Schrift auf Pappe geschrieben. Daneben hält eine Frau das Schild "Haut ab Nazis" hoch. "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen", "Jeder ist Ausländer - überall": Weserstädter und Gäste machen ihrem Unmut unmissverständlich deutlich.

Die OWL-Gruppe "Samba For Ya" trommelt und reißt die friedliche Demo mit. "Leute lasst das Glotzen sein und reiht Euch in die Demo ein", schallt ein vereinzelter Ruf an der Langen Straße durch die Menge. Für einen kurzen Moment lassen die Händler ihre Arbeit liegen, mancher Anwohner schaut dem Zug vom Fenster aus zu.

Bürgermeister Stute begrüßt ausdrücklich alle, die gekommen sind, um den "frechen Lügen eine Abfuhr" zu erteilen. Zum ersten Mal zeige die Stadt auf breiter Basis Flagge gegen die rechte Einrichtung auf dem Winterberg. "Wir müssen sagen, was sich hinter dem zunehmenden biederen Auftreten dieser Leute verbirgt", mahnt Stute und findet deutliche Worte an die Adresse des Collegiums: "Wir wollen euch hier nicht und wir wollen eure vorgestrige Ideologie nicht. Und ihr habt nirgendwo das Recht, euren geistigen Müll zu verbreiten."

Inge Wienecke, Vorsitzende der Fachschaft Geschichte am Weser-Gymnasium, und Abiturientin Friederike Twele zeigen deutlich die Machenschaften des Collegiums auf. Dieses reihe sich ein in zahlreiche Aktivitäten der rechten Szene, die besonders auf junge Menschen zielt. Als "Einstiegsdroge" wirken oft Nazi-Rockbands wie "Kroitzfoier" oder "Sturmtrupp", die "mit ihren Anhängern den 'Kanakensong' grölen, bevor sie sich wieder dem Koma-Saufen zuwenden."

Dem Geschichtsunterricht falle eine wichtige Aufgabe zu. Inge Wienecke: "Unsere Schüler müssen in die Lage versetzt werden, die NS-Ideologie, wo sie wieder den Kopf hebt, zu erkennen und zu bekämpfen." Friederike Twele ruft die Machenschaften der Nationalsozialisten ins Gedächtnis. "Wir wollen nie wieder eine Gesellschaft, in der Jungen mit Spielzeugpanzern, Bleisoldaten und militärischem Drill auf einen geplanten Krieg vorbereitet werden."

Dass es insbesondere für Vlothos demokratische Bildungsstätten unerträglich sei, eine Einrichtung mit dem schönen Namen "Collegium Humanum" (CH) ("menschliche Versammlung") an der Bretthorststraße zu haben, macht Prof. Dr. Hilmar Peter, Leiter des Jugendhofes, klar.

Nicht hinnehmbar sei es für alle, dass das CH die menschenverachtendste Handlung, die Deutsche begangen haben - den Holocaust - leugnen. "Wir können keine Einrichtung gebrauchen, die den Namen der Bildung verfälscht und einen guten Begriff - Collegium Humanum - als neonazistische Plattform missbraucht", ruft Peter.

Nächstes Treffen des Vlothoer Bündnisses gegen das Collegium Humanum ist am Dienstag, 17 Uhr, im Jugendhof.


lok-red.loehne@neue-westfaelische.de

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