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Lippe aktuell ,
18.06.2005 :
(Detmold) Workuta-Ausstellung - Zur Geschichte eines sowjetischen Straflagers / "Damals waren wir die Pimpfe ... "
Detmold (ame). Bei Kriegsende befanden sich schätzungsweise mehr als drei Millionen deutsche Kriegsgefangene in russischen Gefangenenlagern. Auch später wurden noch mindestens 128.000 Deutsche aus Mittel- und Ostdeutschland in die damalige Sowjetunion deportiert. Auf der Grundlage des Erlebnisberichts des ehemaligen Häftlings Horst Schüler zeigt die Ausstellung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge "Workuta - Zur Geschichte eines sowjetischen Straflagers" mit vielen Bildern und Dokumenten das Schicksal dieser Millionen Häftlinge.
Die Ausstellung wurde am Montagabend von Landrat Friedel Heuwinkel als Vorsitzenden des Volksbundes in Lippe und Ulrich Appelt, Geschäftsführer des Bezirksverbandes OWL im Volksbund, im Beisein zahlreicher Gäste eröffnet. "Die Ausstellung betrifft zwar ein abgeschlossenes historisches Kapitel, will aber zugleich Warnung für die künftigen Generationen sein", so Heuwinkel in seiner Einführung. Wie das Motto des Volksbundes sei die Ausstellung, zusammen mit den vielen Kontakten, die ehemalige Häftlinge nach Russland geknüpft hätten, ein Beitrag zur "Versöhnung über den Gräbern". Auch Ulrich Appelt betonte: "Diese Ausstellung soll und darf nicht zur Aufrechnung führen." Die Ausstellung, so Heuwinkel weiter, solle wach rütteln und daran erinnern, das Frieden keine Selbstverständlichkeit sei.
Lange Zeit war Workuta in Deutschland überhaupt kein Begriff. Erst mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden zahlreiche Dokumente freigegeben, die das Schicksal der vielen Häftlinge erahnen lassen. Die Wanderausstellung entstand auf Grundlage des Buches "Workuta lebt" von Horst Schüler. Der Volksbund hat die Ausstellung übernommen und mit Hilfe des ehemaligen Häftlings Dr. Horst Henning erweitert. In der Ausstellung zeigen Bilder und Dokumente unter anderem den Fall des Oberst Sasse. Wie er wurden nach seriösen Schätzungen bis zu 2.00.000 Deutsche aus unterschiedlichsten Gründen verhaftet und oft unschuldig verurteilt. Bis zu 120.000 dieser Verurteilten sollen in den Straflagern der damaligen Sowjetunion umgekommen sein.
Zeitzeuge Helmut Brüggemann war zehn Jahre (1944 - 1954) in Gefangenschaft, davon drei Jahre (1947 - 1950) in Workuta. In bewegenden Worten erzählte er den Besuchern von seinen Erlebnissen. Brüggemann: "Viele sagen mir, ich solle die Erinnerungen vergessen. Aber ich kann Ihnen nur sagen: man kann so etwas nicht vergessen. Es geht wirklich nicht." Viele Jahre haben sich die ehemaligen Häftlinge einmal jährlich in Deutschland getroffen. "Nachdem die Kapelle größer war, als die Gruppe der Ehemaligen, haben wir beschlossen: einmal muss Schluss sein", so Brüggemann. "Damals, als wir eingezogen wurden, waren wir jung. Wir waren die Pimpfe - heute sind wir die alten Männer ... " Keiner seiner Kameraden habe damals geglaubt, Workuta lebend verlassen zu können. "Ich bin dem lieben Gott dankbar, dass ich danach ein normales Leben führen und sogar eine Familie gründen durfte."
Die kostenlose Ausstellung ist noch bis zum 9. Juli im Detmolder Kreishaus montags - donnerstags von 8 -18 Uhr, freitags von 8 - 15 Uhr für jedermann zugänglich.
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