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Die Glocke , 16.06.2005 :

(Ennigerloh) Asylbewerberbeauftragte Larissa Wolf / Mit Herz und Verstand helfen

Von Anke Rautenstrauch

Ennigerloh (gl). Selbstbewusst sollte man sein, gut zuhören können und ein gewisses Fingerspitzengefühl im Umgang mit Menschen besitzen. Larissa Wolf hat sie - die Eigenschaften, die eine Asylbewerberbeauftragte der Stadt Ennigerloh eben so braucht. In der Lage sein, Vertrauen zu den Asylbewerbern aufzubauen, ist besonders wichtig.

"Stellen Sie sich vor, sie wären - warum auch immer - aus ihrem Heimatland geflohen und müssten sich nun in der Fremde zurechtfinden. Ich möchte diesen Menschen dabei helfen und dazu gehört ein gutes Miteinander", sagt die zierliche Larissa Wolf sehr bestimmt. Ob das auch immer so reibungslos klappt? Aus Jugoslawien, dem Iran und Irak, Aserbaidschan, dem Kongo, Nigeria oder der Türkei stammen die Asylbewerber, die in Ennigerloh wohnen. Sprachschwierigkeiten gibt es aber trotzdem nicht. "Ein paar Brocken deutsch spricht fast jeder, viele bringen auch einen Dolmetscher, Freunde oder Bekannte mit, die übersetzen."

Seit August vergangenen Jahres ist Larissa Wolf als pädagogische Fachkraft an vier Tagen insgesamt zehn Stunden in der Woche erste Ansprechpartnerin für insgesamt etwa 60 Asylbewerber in Ennigerloh. Darunter sind 16 allein stehende Männer und neun allein stehende Frauen sowie 17 Familien - alle haben bei der Stadt einen Antrag auf Anerkennung auf Asylberechtigung gestellt. Bei vielen dauert dieses Verfahren mit dem Ziel einer Aufenthaltsberechtigung mehrere Jahre.

Ob erst kurz oder schon seit langem in der Drubbelstadt: die Probleme, mit denen sich die Asylbewerber auseinandersetzen müssen und Larissa Wolf um Hilfe bitten, sind oft die gleichen. Sie erklärt ihnen den Inhalt und die Bedeutung von Behördenbriefen, hilft ihnen Briefe an Behörden aufzustellen oder Formulare auszufüllen. "Dabei werde ich rein unterstützend tätig", betont die gelernte Erzieherin. "Ich selbst fülle für die Asylbewerber kein Formular aus oder schreibe für sie keinen Brief, sondern animiere sie, selbst aktiv zu werden und sich Gedanken zu machen." Sie zu bemuttern, helfe den Menschen nicht, selbstständig Probleme zu lösen und sich langfristig integrieren zu können.

Brücke zwischen Asylbewerbern und Amt

Damit die Menschen sie vor Ort aufsuchen können, hat Larissa Wolf ein eigenes Büro in einem der Container, in denen auch die Asylbewerber am Flachswerk in Ennigerloh wohnen. Mit ganz normalen Schwierigkeiten, die im Zusammenleben mehrerer Menschen unterschiedlicher Kulturen auftreten können, wird Larissa Wolf ganz nebenbei auch konfrontiert. So vermittelt sie, wenn Streitereien durch Unordnung in gemeinsam genutzten Küchen die Menschen beschäftigt.

Zweimal in der Woche verlässt Larissa Wolf ihr Büro im Container, schaut zum Beispiel bei "Horizonte" vorbei, wo viele der Asylbewerber gemeinnützig nebenbei arbeiten. Immer montags von 8.15 bis 11.45 Uhr ist die Mutter von zwei Töchtern im Rathaus tätig und bekommt einen Einblick in die Sachbearbeitung der Sozialarbeit. So kann sie Informationen von beiden Seiten, vor Ort von den Asylbewerbern und im Rathaus von der Verwaltung, bündeln. "Durch dieses Gesamtbild lassen sich besser Lösungen erarbeiten und ich kann mich auf kommende Fragen besser vorbereiten, zum Beispiel bei Änderungen von Gesetzen."

Viele Probleme der Asylbewerber, einige von ihnen haben auf ihrer Flucht aus dem Heimatland so manches Schicksal erfahren müssen, gehen auch Larissa Wolf nahe. "Das bleibt nicht aus, denn mit der Zeit lernt man sich persönlich kennen", sagt die junge Frau, die aber gelernt hat, abzuschalten. "Wenn ich zu meinen beiden Töchtern und zu meinem Mann von der Arbeit wieder nach Hause kehre, lasse ich die Probleme der Menschen, die ich betreue, hinter mir."


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