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Die Glocke ,
15.06.2005 :
(Rietberg) Gymnasium / Beklemmende Atmosphäre im KZ Auschwitz
Von Nimo Grujic
Rietberg (gl). Diese Klassenfahrt werden die 36 Schülerinnen und Schüler des Rietberger Gymnasiums Nepomucenum so schnell nicht vergessen: In Krakau, Auschwitz und Berlin begaben sich die Jungen und Mädchen der Jahrgangsstufen zehn bis 13 auf Spurensuche. Ehemalige Konzentrationslager und früheren Juden-Ghettos standen auf dem Reiseprogramm der jungen Menschen aus Rietberg, die von einigen Eltern und Lehrern begleitet wurden.
"Das war Geschichtsunterricht zum Anfassen", zog Lehrerin Melanie Neumann, die die Fahrt gemeinsam mit ihrem Kollegen Nils Weinberg organisiert hatte, am Montagabend ein durchweg positives Fazit. "Die grausame Judenvernichtung durch die Nationalsozialisten kann kein Schulbuch so hautnah und packend vermitteln wie ein Gespräch mit Zeitzeugen und die Besichtigung der Originalschauplätze."
Beklemmend und bedrückend sei die Atmosphäre im früheren Konzentrationslager Auschwitz gewesen, in dem unzählige Juden während des Zweiten Weltkriegs den Tod fanden. "Jeder einzelne reagierte anders auf die Situation", so Melanie Neumann. "Einige Schüler waren sehr betroffen und den Tränen nahe, andere reagierten auf die ehemaligen Wirkungsstätten des NS-Terrors weniger emotionell." Ein Zeitzeuge, der die Gewalt und Unmenschlichkeit der Nazis am eigenen Körper erfahren hat, stand den Jugendlichen aus der Emsstadt während ihrer viertägigen Fahrt nach Krakau und Auschwitz für intensive Diskussionen zur Verfügung. Der 81 Jahre alte Tadeusz Sobolewicz berichtete von den schrecklichen Erinnerungen, die ihn nach mehr als 60 Jahren immer noch nicht loslassen. "Dabei vermied er es, Schuldzuweisungen zu machen", erklärte Lehrer Nils Weinberg. "Im Gegenteil: Er plädierte für Versöhnung und Verständigung." Eindringlich mahnte er die jungen Rietberger, alles dafür zu tun, dass sich die Gräueltaten des Dritten Reichs nie mehr wiederholen können.
Weiteres Ziel der 51-köpfigen Reisegruppe - neben 36 Schülern hatten sich sieben Lehrer und acht Eltern auf den Weg nach Polen gemacht - war der Tagungsort der Wannseekonferenz in Berlin. 15 nationalsozialistische Funktionäre und Politiker hatten dort an einem Tag über das Leben von Millionen Menschen entschieden. Als "Endlösung der europäischen Judenfrage" hatten die Nazis das Ergebnis der Konferenz in ihrer Propaganda-Maschinerie dem Volk "verkauft". In Krakau nahmen die Gymnasiasten das ehemalige Judenviertel Kazimierz in Augenschein. Wegen der guten Resonanz auf die jahrgangsübergreifende Fahrt soll im August kommenden Jahres eine Neuauflage stattfinden, erklärte Melanie Neumann.
Ausstellung informiert über Reise
Rietberg (ng). Ihre Eindrücke haben die Schülerinnen und Schüler in Fotos sowie kleinen Gedichten und kurzen Aufsätzen festgehalten. Aus dem umfangreichen Material haben die Jugendlichen eine Ausstellung zusammengestellt, die seit Montagabend in der Hauptstelle der Sparkasse Rietberg an der Bahnhofstraße zu sehen ist. Die Ausstellung läuft noch bis Freitag, 24. Juni, und kann täglich während der regulären Öffnungszeiten der Bank besucht werden.
Bei der Zusammensetzung der Bild- und Textausstellung ging es den Gymnasiasten nicht darum, die historischen Ereignisse möglichst präzise wiederzugeben. "Das kann jeder im Geschichtsbuch nachlesen", sagte Lehrerin Melanie Neumann am Montagabend während der Eröffnungsfeier. "Die Schüler wollten stattdessen ihre ganz persönlichen Gedanken, die der Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz bei ihnen hervorgerufen hat, in den Mittelpunkt stellen. Darüber hinaus versuchten sie, mit der Fotokamera die bedrückende Atmosphäre einzufangen, die das KZ-Gelände und das Haus der Wannseekonferenz auch nach 60 Jahren noch ausstrahlen."
glocke-online@die-glocke.de
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