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Neue Westfälische ,
02.06.2005 :
(Kreis Herford) Litauische Pässe schaffen Schein-Legalität / Falsche Dokumente sorgen für Reisefreiheit und beschäftigen die Ermittler
Kreis Herford (jwl). Nach der EU-Osterweiterung versuchen offensichtlich Menschenhändler, sich die Reisefreiheit zu Nutze zu machen, Frauen aus Russland, der Ukraine oder Weißrussland mit falschen oder auf dunklen Wegen organisierten Pässen Litauens nach Deutschland zu schmuggeln, wie die letzte große Razzia im Kreis Herford und in Bad Oeynhausen beweist.
"Es gibt derzeit mehrere Verfahren, in denen falsche litauische Pässe der Frauen eine Rolle spielen", so ein Sprecher der für den Kreis Herford zuständigen Staatsanwaltschaft in Bielefeld. Im Paderborner Bereich, so ein Sprecher der dortigen Staatsanwaltschaft, seien in der Vergangenheit immer wieder Russinnen mit litauischen Pässen aufgefallen. Sie seien meist in schwer kontrollierbaren Privatwohnungen der Prostitution nachgegangen. Durch die Pässe eines baltischen EU-Staates habe die Besitzerin Vorteile, etwa bei der durchgängigen Reisefreiheit, so die Bielefelder Anklagebehörde. So können die Frauen - falls sie illegal der Prostitution nachgehen und bei einer Kontrolle auffallen - nicht wie früher abgeschoben werden. Und im Baltikum gibt es viele Bürger, die russischer Nationalität sind. So dass die Besitzer der gefälschten Dokumente zur Not behaupten kann, er gehöre zu dieser Minderheit.
"Offenbar sind falsche litauische Pässe relativ preiswert zu erhalten", sagt Hans-Walter Hartogs vom Ordnungsamt des Kreises Herford. "Nach Medienberichten sollen die Papiere in Osteuropa nur 20 bis 30 Dollar kosten." Da das Amt keine eigenen Kontrollen durchführe, sei es für ihn aber schwierig, Angaben über die Zahl gefälschter litauischer Dokumente und zu deren Besitzern zu treffen.
Das Auftauchen der offensichtlich preiswerten aber falschen Pässe sorgt auch bei Club-Betreibern für erheblichen Ärger , da sie "keine illegalen Prostituierten beschäftigen wollen", wie Caroline Brockmeier (36), Geschäftsführerin des "Café Wien" in Löhne erläutert. Die 36-Jährige erhielt bei der Groß-Kontrolle Ende April ebenfalls Besuch von der Polizei, die sich für eine der bei ihr arbeitenden Frauen interessierte. Die Dame, die die Ermittler überprüften, habe Steuern gezahlt und habe auch mit ihren Papieren die Anmeldung und Überprüfung bei der Stadt und beim Arbeitsamt überstanden, sagt Brockmeier. Bis dato habe sie deshalb geglaubte, alles richtig gemacht zu haben.
Erst die Polizei habe nach eingehender Prüfung feststellen können, dass das litauische Personaldokument eine Fälschung gewesen sei. "Wir haben keine Möglichkeit die Pässe auf ihre Echtheit zu kontrollieren", sagen die 36-Jährige und ihr Vater, die sich wegen des nachfolgenden Ärgers als Geschädigte sehen.
Demnächst könne sie - auf Anraten der Polizei - nur die Sprachkenntnisse testen, in dem sie eine legal in Deutschland arbeitende Frau aus Litauen neben die angebliche Landsmännin setzte. Versteht die nur Russisch, so die Schlussfolgerung, müsse Zweifel an der im Pass bescheinigten Herkunft geben.
Von den weiteren 27 Frauen, die vor allem in Clubs in Kirchlengern und Bünde so wie in Privatwohnungen festgenommen und überprüft wurden, lebten weitere neun illegal in der Bundesrepublik.
Bei drei Ukrainerinnen wurden die litauische Pässe gefunden. Die Frauen wurden in Abschiebehaft, eine der Osteuropäerinnen in ein Schutzprogramm genommen, gegen zwei weitere Frauen wurde Haftbefehl erlassen.
Der mutmaßliche Drahtzieher, der Anlass der Razzia war, sitzt nach wie vor in Haft. Gegen den Russen (35) wird wegen gewerbsmäßiger Schleusung, Hehlerei und Geldwäsche ermittelt. Neben dem 35-Jährigen richten sich die Ermittlungen noch gegen zwei Deutsche und einen Russlanddeutschen. Die 41 bis 43 Jahre alten Männer, von denen einer in Herford lebt, wurden erkennungsdienstlich behandelt.
lok-red.herford@neue-westfaelische.de
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