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Neue Westfälische , 13.06.2005 :

(Gütersloh) Heimkehrprojekt in die Türkei gefährdet / Aramäer nach Bombenanschlag verunsichert

Gütersloh (rb). Vor der syrisch-orthodoxen Kirche St. Maria an der Eichenallee hängt die Einladung zur Abschiedsfeier. Anfang Juli sollten rund 70 Aramäer aus Deutschland und anderen Ländern verabschiedet werden, die sich im Herbst in dem Dorf Kafro in ihrer alten Heimat Tur Abdin neu ansiedeln wollten. Doch nach dem Bombenanschlag, der, wie berichtet, am 6. Juni auf den Dekan von St. Maria, Ibrahim Gök, und zwei Begleiter verübt worden ist, steht die Heimkehr in Frage.

Nach dem aktuellen Stand seien "die Voraussetzungen einer Rückkehr in den Tur Abdin" nicht gegeben, "da die Sicherheit der syrisch-orthodoxen Christen nicht gewährleistet ist", schreiben Vertreter des Kirchenkreises NRW und politischer Organisationen der Aramäer am Freitag in einer Presseerklärung.

An diesem Tag war eigentlich Pfarrer Gök in seiner Gemeinde zurückerwartet worden. Gök und seine Mitfahrer seien "mit leichten Schrammen" davongekommen, so Rechtsanwalt Kaya Meytap als Sprecher der Unterzeichner. Wegen der behördlichen Untersuchungen könne er aber erst Ende dieser Woche wieder in Gütersloh sein.

Laut Erklärung war Gök im Auftrag des Dachverbandes der Entwicklungsvereine Tur Abdin zur Wiederbesiedlung und Aufbau der Dörfer des aramäisch-assyrischen Volkes (DETA) "auf Einladung des türkischen Katasteramtes" in den Südosten der Türkei gereist, um "Dörfer unseres Volkes" katastermäßig erfassen zu lassen. Auch die Restaurierung von Kirchen und der Aufbau der Infrastruktur gehörten zu den Aufgaben der DETA.

Im Rahmen der Heimkehraktion, ermutigt durch die türkische Regierung, die 2001 im Zuge der angestrebten EU-Mitgliedschaft die geflüchteten Aramäer zur Rückkehr aufgerufen habe, seien bereits 17 Häuser in dem Dorf Kafro errichtet worden.

Dorthin wollten die 70 Aramäer im September übersiedeln. Und auf dem Weg in dieses Dorf war Göks Wagen am vergangenen Montag gestoppt worden, nach Informationen der Aramäer durch eine am Wegesrand versteckte, von Unbekannten ferngesteuerte Bombe.

"Diese Rückkehrbestrebungen sind einigen Gruppierungen in der Türkei ein Dorn im Auge", heißt es in dem Papier weiter. "Sie befürchten den Verlust der unrechtmäßig besetzten Ländereien und Besitztümer." Dagegen erwarten die Verfasser der Presseerklärung, neben Kirchenleuten Vertreter der deutschen und europäischen aramäisch-assyrischen Organisationen DETA, FASD, ADO, ZAVD, und ESU, vom türkischen Staat, "sich schützend vor die indigene Bevölkerung innerhalb ihres Staatsgebiets zu stellen".

Darauf sollte angesichts der Beitrittsbemühungen der Türkei auch "das Augenmerk der EU" gerichtet sein, erklärte Rechtsanwalt Meytap. "Wir wollen einfach Sicherheit für die Menschen im Tur Abdin", sagte der Gütersloher Pfarrer Sabri Aydin, der für den syrisch-othodoxen "Pastoralrat NRW" das Schreiben unterzeichnete.



lok-red.guetersloh@neue-westfaelische.de

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