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Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische ,
03.11.1997 :
Max Hollweg berichtet aus dem Leben im KZ / "Wewelsburg, ich kann dich nicht vergessen"
Büren-Wewelsburg (lz). "Oh Wewelsburg, ich kann dich nicht vergessen, weil du mein Schicksal bist." So lautet die erste Strophe des Niederhagener Lagerliedes. Einer, der das Lied zwischen 1940 und 1945 oft gesungen hat, ist Max Hollweg. Der heute 87-jährige Schlangener Heilpraktiker hat seine Erlebnisse als Häftling im Konzentrationslager Niederhagen jetzt in einem Buch veröffentlicht. Es heißt "Es ist unmöglich, von dem zu schweigen, was ich erlebt habe" und ist im Mindt-Verlag, Bielefeld erschienen.
Max Hollweg ist Zeuge Jehovas und wurde während der Zeit des Nationalsozialismus deswegen verfolgt. Zwar legt er in seinem Bericht immer wieder "Zeugnis ab", wie seine Glaubensbrüder es nennen. Also weist er zum Beispiel auch auf das weise Wirken Jehovas hin. Doch sein Buch ist trotzdem für den heimatgeschichtlich interessierten Leser informativ und gut zu lesen. Auf rund 60 der 160 Seiten erzählt er aus dem Lagerleben, und das sehr anschaulich. Kaum zu glauben, was sich vor 50 Jahren vor unserer Haustür ereignete.
Vernichtung durch Arbeit ist das Ziel der SS. "Ohne zwei bis drei Tote rücken wir heute nicht ein. Alles im Laufschritt." Die Kommandoführer lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass es für die Häftlinge keine Zukunft geben soll. Mit Stöcken schlagen sie auf die Gefangenen ein und machen sich einen Spaß daraus, viele zu Tode zu hetzen. Wer beim Bau des SS-Zentrums Wewelsburg vor Entkräftung tot zusammenbricht oder den sadistischen Aufsehern zum Opfer fällt, den tragen abkommandierte Häftlinge zunächst durch das Dorf zurück in das Lager. Eine Praxis, die später eingestellt wird, um kein Aufsehen zu erregen.
Häftlinge, die zu flüchten versuchen, werden mit Hunden gehetzt, wie Wild. Werden sie aufgestöbert, lässt man sie von abgerichteten Hunden zerfleischen. Die zerfetzten Körper werden im Lager zur Abschreckung ausgestellt. Die gesamte Lagerbesatzung muss dann im Gänsemarsch an dem Bild des Grauens vorbei ziehen.
Max Hollweg erzählt die Geschichte des Lagers Niederhagen, und zwar aus der Perspektive eines Häftlings. Von der Errichtung bis zur Auflösung und dem Einmarsch der amerikanischen Truppen. Er schildert detailreich, wie sich die Kriegslage im Lager auswirkt. Und er zeigt, wie auch in Grenzsituationen Menschlichkeit Leben retten und erträglicher machen kann.
lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de
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