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Neue Westfälische ,
09.06.2005 :
Bombe gegen Friedensversuch / Gütersloher und Paderborner entkommen Attentat in der Türkei
Es sollte eine Reise der Annäherung werden. Doch zwei Delegierte aus Ostwestfalen entkamen in der Türkei nur mit Glück einem Bombenattentat. Jetzt herrscht Sorge unter den Aramäern.
Von Hubertus Gärtner
Paderborn/Gütersloh. Vertreter zahlreicher aramäisch-assyrischer Organisationen in Deutschland fühlen sich seit Sonntag in Angst und Schrecken versetzt. Anlass ist ein Attentat in der südosttürkischen Region Tur Abdin.
Bei dem Anschlag sollten der Dekan der syrisch-orthodoxen St. Marien-Gemeinde Gütersloh, Ibrahim Gök, der Paderborner Geschäftsmann Hapsuno Kara sowie der Bürgermeister der Ortschaft Ücköy, Maravge Cinar, mit einer 30-Kilo-Bombe in die Luft gesprengt werden. Die drei waren gemeinsam in einem Auto unterwegs. Sie hätten lediglich deshalb überlebt, weil die Täter die in einer Mauer versteckte Bombe "eine Sekunde zu spät gezündet" hätten, sagte ein Bruder Karas in Paderborn.
Ibrahim Gök und Hapsumo Kara waren vor etwa anderthalb Wochen in die Region Tur Abdin aufgebrochen, um die Möglichkeiten einer Heimkehr des aramäisch-assyrischen Volkes zu sondieren. Als christliche Minderheit war es in der Türkei viele Jahrzehnte lang einer erbitterten Verfolgung ausgesetzt. In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts kehrten zahlreiche Aramäer deshalb ihrer Heimat den Rücken. Etwa 45.000 von ihnen leben heute verstreut in Deutschland. Aramäisch-assyrische Vereine existieren unter anderem auch in Paderborn, Rheda-Wiedenbrück, Gütersloh und Delbrück. Hier werden die alte Kultur und das Brauchtum gepflegt.
Bis vor wenigen Jahren gab es immer wieder Berichte über Gewalttaten, die offenbar an den in der Region Tur Abdin verbliebenen syrisch-orthodoxen Christen verübt wurden. Nie sei dort ein Täter gefasst worden, heißt es. Zuletzt schien jedoch allmählich Frieden einzukehren. Einzelne aramäisch-assyrische Familien kehrten bereits in ihre Heimat zurück. Diesen Prozess des Friedens, den der Gütersloher Pfarrer Ibrahim Gök als Vorsitzender des Dachverbandes der Entwicklungsvereine Tur Abdin maßgeblich unterstützte, sollte offenbar die von Extremisten gezündete Bombe wieder zunichte machen. In einem Brief haben fünf aramäisch-syrische Verbände und Organisationen nun die türkische Regierung aufgefordert, die Täter schnell ausfindig zu machen.
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