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Neue Westfälische , 08.06.2005 :

(Gütersloh/Türkei) Pfarrer überlebt Anschlag / Autobombe in der Südtürkei explodiert / Rückschlag für das Heimkehrerprojekt

Von Ludger Osterkamp

Gütersloh. Auf einen aramäisch-assyrischen Pfarrer aus Gütersloh ist am Montag in der Türkei ein Anschlag verübt worden. Pfarrer Ibrahim Gök überlebte das Attentat leicht verletzt. Der Geistliche, der in Gütersloh die St. Marien-Gemeinde an der Eichenallee in Kattenstroth führt, saß in einem Auto, als eine Bombe hochging.

Neben ihm saßen der örtliche Bürgermeister und ein Geschäftsmann aus Paderborn. Alle drei kamen mit leichten Blessuren davon.

Die Vertreter der aramäisch-assyrischen Organisationen in Gütersloh gehen davon aus, dass es sich um einen gezielten Mordanschlag handelte. "Nach den Meldungen, die uns erreicht haben, hatten mehrere Autos an dem Morgen das Dorf Kakro verlassen. Das Fahrzeug, in dem Pfarrer Gök und seine Mitfahrer saßen, wurde gezielt durch eine fern gezündete Bombe angegriffen, mit dem Ziel, sie zu töten", heißt es in einer Erklärung, die sie gestern unter anderem an den türkischen Ministerpräsidenten sandten.

Ibrahim Gök, der seit 27 Jahren in Gütersloh lebt und die deutsche Staatsangehörigkeit innehat, war in die Region Tur Abdin (Südost-Türkei) gereist, um sich wegen eines Rückkehrprojektes über die Situation zu informieren. Als Dekan der Kattenstrother St. Marien-Gemeinde, die rund 2.000 Mitglieder zählt, ist er ein hoher Geistlicher der Aramäer und Assyrer. Unter anderem ist er Kommissionsvorsitzender des Dachverbandes der Entwicklungsvereine Tur Abdin (DETA).

"Mit dem Anschlag wollen türkische Extremisten versuchen, die Rückkehr des aramäisch-assyrischen Volkes zu stoppen", sagte gestern Johann Roumee, Vorstandsmitglied der DETA. "In den vergangenen Jahren herrschte Frieden in der Region Tur Abdin. Mehrere Gütersloher Familien sind bereits in ihre Heimat zurückgekehrt. Nun sind wir alle schockiert", sagte Roumee.

Der Anschlag, so Roumee, habe dem Frieden und der Rückkehrbereitschaft einen empfindlichen Schlag versetzt. Dass Pfarrer Gök, Vater von vier Söhnen und drei Töchtern, die alle in Gütersloh aufgewachsen sind, den Anschlag überlebt habe, sei ein Glück. Am Freitag werde er in Gütersloh zurück erwartet.

In dem offenen Brief, der an die türkische Regierung geschickt wurde, fordern die Gütersloher Organisationen die Türkei auf, die Täter des Anschlages schnell ausfindig zu machen und sie zu verurteilen. "Wir fordern in erster Linie für unseren Dekan sowie den dort Lebenden und den Rückkehrwilligen, die sich zum Teil dort befinden, Sicherheitsmaßnahmen zu treffen", heißt es weter. Unterzeichnet ist der Brief von der DETA, der Föderation der Aramäer (Suroye) Deutschland, der Assyrisch-Demokratischen Organisation Sektion Deutschland, dem Zentralverband der Assyrischen Vereinigungen in Deutschland und der European Syriac Union. Gütersloh gilt als Hochburg der Aramäer-Assyrer in Deutschland. Neben St. Marien gibt es hier mit St. Lukas und St. Stephanus zwei weitere aramäische Kirchengemeinden.


lok-red.guetersloh@neue-westfaelische.de

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