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Neue Westfälische , 01.06.2005 :

Kriegsende 1945: Schüler sollen Schätze heben / Bürgerstiftung Paderborn startet Schülerwettbewerb / Hauptpreis: 1.500 Euro für die Klassenkasse

Paderborn (st). Allen Beteiligten ist klar: Die Zahl der Zeitzeugen, die aus eigenem Erleben über das Kriegsende 1945 und den Beginn des Wiederaufbaus in der unmittelbaren Nachkriegszeit berichten können, wird immer kleiner. Auf der anderen Seite ist Rolf-Dietrich Müller, der Leiter des Stadtarchivs, überzeugt, dass in vielen Paderborner Familien noch Dokumente jener Zeit schlummern: "Da ist noch eine ganze Menge an Schätzen zu heben."

Auf solche "Schätze" und Erlebnisberichte von Zeitzeugen zielt der Schülerwettbewerb "60 Jahre Kriegsende" ab, den die Bürgerstiftung Paderborn jetzt für Schülerinnen und Schüler der jetzigen Jahrgangsstufen 9/10 sowie 11/12 startet.

Bis Ende Januar 2006 - auch wenn sie dann zum Teil in der Jahrgangsstufe 13 sind - haben die Teilnehmer Zeit, allein, in Gruppen oder als Projekt der ganzen Klasse Schilderungen der Großeltern oder von Nachbarn zu Papier zu bringen und darüber hinaus schriftliche oder fotografischer Erinnerungen an Krieg, Kriegsende, Gefangenschaft, Flucht oder Vertreibung, Kriegszerstörung und das Leben in der Nachkriegszeit aufspüren. In den Zeitzeugenberichten sollen sich die Lebensbedingungen jener Jahre widerspiegeln.

Die Wettbewerbsbeiträge werden später dem Stadtarchiv zur Verfügung gestellt. Wer sich nicht von einem Dokument trennen mag: Das Archiv ist auch bereit, Originale zurückzugeben und für seine Sammlung eine Reproduktion oder Kopie anzufertigen. Ebenso können für die Nutzung solcher Dokumente aus Privatbesitz durch künftige Archivbesucher- etwa für Tagebücher, Fotoalben, oder Feldpost- und andere Briefe - Sperrfristen vereinbart werden.

Was das Kriegsende in Paderborn betrifft, klafft im Stadtarchiv nach den Worten Rolf-Dietrich Müllers "eine Riesenlücke", denn bei der Zerstörung der Stadt 1945 sei auch die Verwaltung mit ihren Registraturen ausgebrannt. Mehrfach hat das Archiv inzwischen davon erfahren, dass nach dem Tod von Zeitzeugen deren schriftlicher Nachlass in den Container wanderte und unwiederbringlich verloren ging. Darunter Fotos von Paderborner Opfern des 27. März 1945. Müller: "Schon eine Baugenehmigung für den Wiederaufbau eines kriegszerstörten Hauses kann für uns von hohem Wert sein."

Bürgermeister Heinz Paus begrüßte am Montag die Initiative der Bürgerstiftung. Vorstandsmitglied Hans Behringer und ihr Geschäftsführer Bernhard Hartmann informierten im großen Rathaussaal Paderborner Geschichtslehrer über den Wettbewerb. Doch ein kleiner Raum hätte gereicht. Nur wenige Lehrer kamen. Vielleicht lag es daran, dass auch die 60. Jahrestage der Zerstörung Paderborns und Kriegsendes inzwischen Vergangenheit sind. Bernhard Hartmann: "Wir hätten uns eine größere Resonanz gewünscht." Oder hat es damit zu tun, dass es in den heutigen Schulklassen aufgrund des hohen Anteils von Mädchen und Jungen aus Migrantenfamilien "nur noch in Einzelfällen" unmittelbare Bezüge von Schülern zu Großeltern aus der Kriegsgeneration gibt, wie einer der Lehrer vermutete?

Die Stiftung schreibt alle weiterführenden Schulen noch einmal an. "Die ausgesetzten Preise sind attraktiv", warb ihr Geschäftsführer. In den beiden Alters- und Wertungsgruppen winken als 1. Preis bei einer Klassenarbeit 1.500 Euro, bei einer Gruppenarbeit (mehr als vier Teilnehmer) 1.200 Euro und bei einem Einzelteilnehmer 300 Euro. Als zweite Preise sind 1.000, 800 und 200 Euro ausgesetzt, als dritte 500, 400 und 100 Euro. Eine Jury wird über die Beiträge entscheiden. Die Stiftung will die Preise in einer öffentlichen Feierstunde verleihen und die prämierten Arbeiten öffentlich präsentieren. Heinz Paus: "Ich wünsche diesem Wettbewerb ein großes Echo."

Infos und Anfragen zum Schülerwettbewerb: Bürgerstiftung Paderborn, Rolandsweg 80, 33102 Paderborn, Telefon 148710, Fax 148799, E-Mail info@buergerstiftung-paderborn.de.


lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de

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