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Neue Westfälische ,
21.02.2001 :
Herausragender Ort der Erinnerung / Gedenkstätte Stalag 326 soll ausgebaut werden
Gütersloh. Der wissenschaftliche Beirat der Projektwerkstatt Erinnerungskultur ist sich einig: Das ehemalige Lager der Nazis für sowjetische Kriegsgefangene bei Stukenbrock, das Stalag 326, ist ein"herausragender Erinnerungsort von bundesweiter Be- deutung". Daher sollte die Gedenkstätte endlich "angemessen ausgebaut und dargestellt werden", betonte der Vorsitzende des Beirats, Professor Volkhard Knigge, am Ende einer zweitägigen Tagung in Stukenbrock.
"Die Geschichten, die hier in Stukenbrock erzählbar sind, sind an keiner anderen Stelle in Deutschland erzählbar", betonte Knigge und empfahl dem Kreis Gütersloh sowie dem Kreis Paderborn, Anträge ans Land NRW zu richten, um den Ausbau der Gedenkstätte voran zu bringen. "Sagt das Land eine 50-prozentige Förderung zu, dann wäre es möglich, auch Gelder aus dem Topf des Bundesgedenkstättenkonzepts zu erhalten", sagte Knig- ge, der die laufenden Kosten für eine neue Gedenkstätten-Arbeit auf etwa 500.000 Mark pro Jahr beziffert.
Für den Vorsitzenden des Beirats steht nach mehr als einem Jahr Projektwerkstatt Erinnerungskultur, die von den Kreisen Gütersloh und Paderborn ins Leben gerufen wurde, fest: "Das Stalag 326 sollte an oberste Stelle der künftigen Projektarbeit stehen, da hier noch am meisten zu tun ist und die Bedeutung dieser Gedenkstätte lange unterschätzt und verkannt worden ist."
Zum Hintergrund: Im Stalag 326 wurden zwischen 1941 und 1945 über 300.000 sowjetische Kriegsgefangene, unter menschenunwürdigen Bedingungen zusammen gepfercht und zur Zwangsarbeit weiter verteilt. Mehr als 65.000 Rot-Armisten starben. Seit mehreren Jahren erinnern ein von den befreiten Häftlingen errichteter Obelisk, eine Dokumentationsstätte sowie Grabsteine an das ehemalige Lager. Knigge: "Dank bürgerschaftlichen Engagements ist die Erinnerung hier lebendig gehalten worden. Das ist ausdrücklich zu würdigen." Dennoch sei es an der Zeit, mehr für diesen Ort des Gedenkens zu tun. Knigge nennt mehrere Punkte, die die Bedeutsamkeit der Gedenkstätte ausmachen: die Größe des Lagers, die Bedeutung des Lagers als Umschlagplatz für Zwangsarbeiter, die große Rolle, die die Gedenkstätte für die Erinnerung der Menschen in Russland spielt, die Möglichkeit anhand der Lagergeschichte den Anti-Slawismus des NS-Regimes zu verdeutlichen sowie das Mahnmal, das von den Opfern selbst erbaut wurde, und ein einzigartiges Erinnerungssymbol in Deutschland darstellt. Und Knigge ergänzt: "Wir können zudem anhand der Biografien auch das Schicksal der Gefangenen nacherzählen, die nach Befreiung und Rückkehr in die Sowjetunion oft in die Mühlen des stalinistischen Terror-Regimes gerieten, da sie als Verräter galten." Um all dies deutlich machen zu können, sollten sowohl ein Pädagoge als auch ein Historiker in der Gedenkstätte dauerhaft arbeiten, unterstreicht Knigge.
Der Beiratsvorsitzende nutzte die Halbzeit in der Projektarbeit aber auch zu einer Empfehlung:
"Die Planungswerkstatt hat Modellcharakter weit über die Region hinaus und sollte auf jeden Fall weiter geführt werden."
redaktion@nw-news.de
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