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Lippe aktuell , 04.06.2005 :

(Detmold) Schüler und Lehrer verschiedener Nationen zusammengeführt / Gesamtschüler entdecken Verbindungen

Detmold (tw). In dem zu Ende gehenden Schuljahr nahm die Geschwister-Scholl Gesamtschule aus Detmold an einem Projekt der EU teil. Mit drei Schulen aus drei Ländern Europas wurden gemeinsam Erkenntnisse zum Thema "Spurensuche - Widerstand, Deportation und Befreiung in Italien, Österreich und Deutschland 1943 bis 1945" erarbeitet. Die Partnerschulen der Detmolder Geschwister-Scholl Gesamtschule sind das Bundesgymnasium Dornbirn in Voralberg und das Humanistische Gymnasium "Walter von der Vogelweide" sowie die Oberschule für Geometer "Peter Anich", beide aus Bozen in Südtirol. Die Idee zu diesem Projekt entstand in Detmold im Jahre 2oo auf dem Symposium zum Thema "Widerstand gegen Faschismus und Besatzung".

Im Oktober 2003 trafen sich Vertreter der vier Schulen zu Vorgesprächen in Detmold. "Dort verdeutlichten wir uns die Verbindungen zwischen den einzelnen Ländern und Städten und einigte uns auf ein gemeinsames Thema", erzählt Projektleiter und Oberstudienrat der Detmolder Gesamtschule Dr. Karl Schaper. Bei einem weiteren Treffen der Projektbeteiligten im November 2004 in Dornbirn wurde die Projektdurchführung geplant und die Schwerpunkte der jeweiligen Schulen festgelegt. Nach einem zwischenzeitlichen Treffen in Bozen, fand kürzlich eine abschließende Versammlung in der Geschwister-Scholl-Gesamtschule in Detmold statt. Dabei wurden die Ergebnisse resümiert und über die neu gewonnen Erfahrungen diskutiert. Durch den mehrtägigen Besuch der Partnerschulen in der lippischen Residenzstadt soll das Projekt ein gebührendes Ende finden. So besuchten die Projektteilnehmer die Dokumentationsstätte "Stalag 326" des italienischen und sowjetischen Soldatenfriedhofes in Schloss Holte-Stukenbrock, machten eine Stadtführung "Auf Spuren jüdischen Lebens in Detmold", besichtigten den Hermann und erinnerten sich der im Zeitraum des Projekts entstandenen Eindrücke bei einem gemeinsamen Abendessen. Gründe für die Auswahl der Partnerschulen waren unter anderem deren geschichtlichen Verbindungen. So lebte der Kommandant Thito des KZ-Lagers Fossoli in Obertitalien bis zu seinem Tod in der Umgebung von Detmold. Tausende Inhaftierte kamen vom Lager Fossoli über das Durchgangslager Bozen in die Vernichtungslager. Nach 1943 wurden zudem hunderte italienischer Militärinternierte in die Nähe von Detmold in Arbeitslager gebracht. Ein Beispiel für Familien aus Österreich, die über Italien ausreisen wollten, jedoch in die Lager von Fossoli und Bozen gebracht wurden ist die Dornbirner Familie Turteltaub.

Bei diesem Comenius-Projekt, welches von der EU finanziell unterstützt wird, hatte jede der beteiligten Schulen ihre Schwerpunkte.

Die Geschwister-Scholl-Schule in Detmold befasste sich mit italienischen Militärinhaftierten, den Detmolder Juden und dem Lageraufseher in Fossoli und Bozen, Thito. "Die Ausarbeitung erfolgte mittels Facharbeiten, Zeitzeugenbefragungen und Auswertung von Bildern. Beteiligt sind mehrere Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen", erklärt Dr. Karl Schaper. Das Bundesgymnasium aus Dornbirn beschäftigte sich mit der Aufarbeitung geschichtlicher Hintergründe, der Initiative "Schüler entwerfen Denkmal", dem Widerstand in Voralberg und den Opfergruppen. Das Humanistische Gymnasium "Walter von der Vogelweide" in Bozen erstellte Facharbeiten und befragte Zeitzeugen zu Themen wie "Italien von 1943 bis 1945", "Das Bozener Lager bis zu seiner Auflösung" oder zur Geschichte der Juden.

Interessant gestalteten sich vor allem die Ergebnisse der Oberschule für Geometer "Peter Anich" aus Bozen. Dort lag der Schwerpunkt neben der Erarbeitung des geschichtlichen Hintergrunds vor allem auf der Ausarbeitung eines Lagerplans und der Erstellung eines Modells. Dazu wurden unter anderem die Lagermauern des Durchgangslagers in der Reschenstraße Nr. 80 vermessen.

Darüber hinaus befasste sich die Südtiroler Oberschule mit der Transkribierung von Zeitzeugeninterviews, der Gestaltung von Plakaten für eine Ausstellung im Rathaus von Bozen und dem Vergleich der Interniertenlisten des Lagers Bozen mit den Listen der Detmolder Internierten. Alle beteiligten sind mit den Ergebnissen und dem Ausgang des Projekts sehr zufrieden und von der großen Anteilnahme der Öffentlichkeit begeistert. "Heute haben wir endlich die Fäden zusammengezogen", freut sich Dr. Karl Schaper.


la.redaktion@lippe-aktuell.de

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