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31.03.2023 :
Pressespiegel überregional
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Übersicht:
die tageszeitung, 31.03.2023:
Mehr rechte Gewalt in Sachsen
Frankfurter Rundschau Online, 31.03.2023:
Die NPD tritt nicht zur Landtagswahl in Hessen an
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die tageszeitung, 31.03.2023:
Mehr rechte Gewalt in Sachsen
Im Jahr 2022 hat es acht Prozent mehr rassistische und rechtsmotivierte Angriffe in Sachsen gegeben / Insbesondere Gewalt gegen LGBTIQ* nahm massiv zu
Aus Leipzig Rieke Wiemann
Nachdem die Anzahl der rassistischen und rechtsmotivierten Angriffe in Sachsen 2021 leicht zurückgegangen war, ist sie im vergangenen Jahr um acht Prozent gestiegen. Die Opferberatungsstellen zählten 205 Angriffe mit insgesamt 314 Betroffenen, darunter 44 Jugendliche und 24 Kinder. Das geht aus der Jahresstatistik 2022 vor, die die Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie Sachsen (RAA) am Donnerstag in Leipzig vorgestellt hat. Demnach ist es 2022 im Freistaat mindestens jeden zweiten Tag zu einem rechtsmotivierten Angriff gekommen.
Unter anderem wurden zwei Brandstiftungen an Geflüchteten-Unterkünften verübt: Im August - in der Gedenkwoche an die rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen vor 30 Jahren - hatten Unbekannte mehrere Brandsätze gegen eine Gemeinschaftsunterkunft in Leipzig-Grünau geworfen. Im Oktober wurde das frühere Spreehotel in Bautzen angezündet, in das kurze Zeit später Geflüchtete einziehen sollten.
"Bei den beiden Brandanschlägen ist zum Glück niemand verletzt worden", sagte Andrea Hübler von der RAA. "Ziel und Botschaft ist jedoch klar: Geflüchtete sind nicht erwünscht." Das zeigten auch die rassistischen Proteste, die seit Ende 2022 sachsenweit stattfinden, sowie die Angriffe auf zwei geplante Geflüchteten-Unterkünfte in Nordsachsen im Februar und März 2023. Bei einem Gebäude wurde eine Fensterscheibe eingeschlagen, bei einem anderen wurden Stahlstäbe in die Zufahrtsstraße gebohrt.
Vor diesem Hintergrund sei es umso wichtiger, dass Politik und Behörden die Gefahr rassistisch motivierter Anschläge und Angriffe ernst nähmen, heißt es im Bericht. Verlautbarung, die "Geflüchtete und deren Unterbringung als unlösbares Problem, potentielle Bedrohung oder als "von oben" aufgezwungen darstellen", würden das Problem dagegen weiter befeuern.
Neben den zwei Brandstiftungen an den Asylunterkünften zählten die Opferberatungsstellen der RAA 147 Körperverletzungen sowie 45 Nötigungen und Bedrohungen. Knapp die Hälfte der 205 Taten seien rassistisch motiviert gewesen, heißt es in dem Bericht. 51 Delikte hätten sich gegen politische Gegnerinnen, Gegner gerichtet, 23 gegen Nicht-Rechte und Alternative, 21 gegen queere Menschen. Damit sei die Zahl der Angriffe gegen LGBTIQ* im Vergleich zu 2021 um 163 Prozent gestiegen. Wie aus dem Bericht hervorgeht, handelte es sich bei diesen Taten vor allem um Körperverletzungen.
Andrea Hübler führt die massiv gestiegene Zahl der Angriffe gegen queere Menschen unter anderem auf eine höhere Meldebereitschaft und eine stärkere Vernetzung zurück. Unabhängig davon hätten Gewalttaten bei CSD-Veranstaltungen in Sachsen zugenommen. So wurde beim CSD in Zwickau zum Beispiel eine Person auf Grund ihrer sexuellen Orientierung angegriffen, außerdem warfen Rechte einen Gegenstand auf Teilnehmerinnen, Teilnehmer der Demo für die Rechte von LGBTIQ*. Auch bei CSD-Demonstrationen in Dresden und Döbeln kam es zu Gewalt gegen queere Menschen. "Die Angriffe zeigen deutlich, wie sehr das Feindbild LGBTIQ* in der rechten Ideologie verankert ist", sagte Hübler.
An zwei Asylunterkünften wurden Brandstiftungen gezählt
Die Zahlen der RAA weichen von denen der Polizei ab. Ein Grund ist, dass die Betroffenen laut RAA in nur drei Vierteln der Fälle Anzeige erstattet hätten. Zudem beurteilt die Polizei manche der Fälle anders als die Opferberatungsstellen. Von den 151 Gewalttaten, die polizeibekannt seien, habe die Polizei lediglich 84 als politisch motivierte Kriminalität von rechts eingestuft, heißt es in dem Bericht.
Zu den meisten Angriffen 2022 kam es laut der RAA in den Städten Dresden (64), Leipzig (50) und Chemnitz (14) sowie den Landkreisen Nordsachsen (14), Bautzen (13), Zwickau (13) und Leipzig (10).
"Der Landkreis Nordsachsen war zusammen mit dem Landkreis Leipzig in den vergangenen Jahren immer wieder eine Schwerpunktregion, ebenso Zwickau und Bautzen. Das hat auch mit einer rechten Raumnahme in den dortigen Klein- und Mittelstädten zu tun", sagte der Geschäftsführer der RAA, Robert Kusche.
Ulrike Sprenkmann von der RAA wies darauf hin, dass die Statistik nur Gewaltdelikte abbilde - keine Beleidigungen oder Anfeindungen. "In Gesprächen mit Betroffenen und ihren Familien wird uns gespiegelt, dass die alltäglichen rassistischen Erlebnisse für sie oft nicht minder belastend sind", sagte Sprenkmann. Gewalttätige Angriffe seien nur "die Spitze des Eisberges". Ein Betroffener, so erzählte es Sprenkmann, habe einmal zu ihr gesagt, dass er sich wünsche, "einfach nur in Ruhe zur Arbeit oder zu Freundinnen, Freunden gehen zu können", ohne angefeindet zu werden.
Sachsens Sozialministerin Petra Köpping teilte mit, die rechten Übergriffe "zutiefst" zu verurteilen. In einer so herausfordernden Zeit sei es wichtig, die universellen Menschenrechte zu verteidigen. "Zeigen wir gemeinsam, dass wir uns dem menschenverachtenden Hass und der Hetze mit vereinten Kräften entgegenstellen", sagte Köpping.
Seit Jahren liegt die Zahl der rechten Angriffe in Sachsen auf ähnlich hohem Niveau. Noch höher waren die Zahlen 2015, 2016 und 2018. In den Jahren 2015 und 2016 wegen der zahlreichen rassistischen Angriffe gegen Geflüchtete und Asylunterkünfte, 2018 wegen der rassistischen Ausschreitungen im Sommer in Chemnitz.
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Frankfurter Rundschau Online, 31.03.2023:
Die NPD tritt nicht zur Landtagswahl in Hessen an
31.03.2023 - 17.10 Uhr
Von: Hanning Voigts
Die rechtsextreme NPD will nicht zur hessischen Landtagswahl antreten. Die seit langem schwächelnde Neonazi-Partei gesteht damit ihr politisches Scheitern ein.
Wiesbaden. Die rechtsextreme NPD will nicht zur hessischen Landtagswahl am 8. Oktober antreten. Wie Daniel Lachmann, stellvertretender Vorsitzender des NPD-Landesverbandes, der Frankfurter Rundschau auf Anfrage mitteilte, wolle man stattdessen "den Wahlkampf der links-grünen Parteien kritisch mit Aktionen begleiten". Ihren Wahlvorschlag müssen die Parteien bis Ende Juli beim hessischen Landeswahlleiter einreichen.
Für die NPD Hessen bedeutet die Entscheidung, den Einzug in den Hessischen Landtag nicht einmal mehr zu versuchen, einen politischen Einschnitt. Der hessische Landesverband der Neonazi-Partei kämpft zwar seit vielen Jahren mit personellen Problemen und vermag es schon lange nicht mehr, größere Aktionen zu starten oder eigene politische Akzente zu setzen. Dennoch war die NPD in den vergangenen 15 Jahren stets zu allen Wahlen auf kommunaler oder Landesebene mit ausreichend eigenen Kandidatinnen, Kandidaten angetreten.
Bei der Landtagswahl 2013 hatten die Rechtsextremen so immerhin 1,1 Prozent der Stimmen erhalten und noch rund 33.400 Wählerinnen, Wähler von sich überzeugen können. Bei der Landtagswahl 2018 schrumpfte die NPD aber bereits auf rund 6.200 Stimmen, was einem Anteil von nur noch 0,2 Prozent entsprach. Damit fiel die NPD auch aus der Wahlkampfkosten-Erstattung, erhielt also keine staatlichen Gelder für ihre Partei-Arbeit mehr. Wie überall in der Republik war es am Ende wohl die in Teilen rechtsextreme AfD, die mit ihren Wahlerfolgen die sowieso schwächelnde NPD in die politische Bedeutungslosigkeit beförderte.
Hessen: Politikwissenschaftler nennt die Entscheidung der NPD konsequent
Dass die Partei in Hessen nicht mehr zur wichtigsten Wahl antritt, bedeutet insofern auch das Eingeständnis ihres Scheiterns. Noch Mitte der 2000er Jahre, zu Zeiten des Landesvorsitzenden Marcel Wöll, der eng mit der militanten Neonazi-Szene verbunden war und diese sogar anführte, hatte die hessische NPD für bundesweites Aufsehen gesorgt, etwa mit Demonstrationen und professionell produzierten Propaganda-Filmen. Mittlerweile verfügt die NPD aber nur noch über rund ein Dutzend wirklich aktiver Mitglieder und musste im April vergangenen Jahres noch den Tod ihres langjährigen Kaders Thomas Hantusch aus Wetzlar verkraften.
Reiner Becker, Politikwissenschaftler und Leiter des Demokratiezentrums Hessen, sagte der FR, die Entscheidung der NPD sei im Grunde konsequent. Die Partei habe in Hessen keine Wählerbasis mehr, bekomme keine Wahlkampfkosten mehr und habe sogar Probleme, "eine Parteibasis zu halten". Für einen Wahlkampf brauche man aber Personal und Ressourcen, "um die Kraft aufbringen zu können, die kleinen Hochburgen zumindest symbolisch halten zu können", sagte Becker.
Bei der hessischen Kommunalwahl 2021 büßte die NPD teils deutlich Mandate ein. Für den Experten Becker ist klar, dass vor allem die Präsenz der AfD die Rechtsextremen Stimmen gekostet hat.
NPD Hessen
Die rechtsextreme NPD hat in Hessen derzeit noch etwa 260 Mitglieder. Ihr Landesvorsitzender ist seit Herbst vergangenen Jahres Stefan Jagsch aus Altenstadt (Wetteraukreis), sein Stellvertreter Daniel Lachmann aus Büdingen (Wetteraukreis). Die verbleibenden Hochburgen der NPD liegen in der Wetterau und im Lahn-Dill-Kreis.
Politisch spielt die NPD in Hessen bis auf einige kommunale Mandate schon länger keine Rolle mehr. Bei der Landtagswahl 2018 erhielt sie 6.173 Stimmen, das entsprach 0,2 Prozent.
Bildunterschrift: NPD-Wahlwerbung so wie hier beim Bundesparteitag 2018 in Büdingen wird es in Hessen demnächst wohl nicht so viel geben.
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