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Neue Westfälische ,
03.06.2005 :
(Bielefeld) Der verführte Soldat / Gestern Abend: Wibke Bruns las aus "Meines Vaters Land"
Bielefeld (cos). Kurt Klamroth pflegte seinen Ahnenfimmel. Der Stammbaum wucherte, selbst Karl den Großen verleibte sich Familie Klamroth ein. Kurt Klamroths Sohn Hans-Georg dienten die Aufzeichnungen, um in der Nazizeit die makellos arische Herkunft der Klamroths zu dokumentieren. "Unsere Familie ist austauschbar", sagt Wibke Bruns, Tochter von Hans-Georg Klamroth.
Die ehemalige ZDF-Nachrichtenfrau und Stern-Redakteurin las gestern in der Ravensberger Spinnerei aus ihrem Bestseller "Meines Vaters Land". NW-Chefredakteur Uwe Zimmer, Bruns' Vorgänger als USA-Korrespondent des Sterns, ebnete den fast 300 Gästen den Einstieg in die repräsentative Geschichte einer deutschen Familie, speziell eines Mannes, der erst der Naziversuchung erlag, mit dem Strom schwamm und nach dem 20. Juli 1944 am Nazigalgen endete: Hans-Georg Klamroth.
Vor 25 Jahren in einer TV-Dokumentation sah Wibke Bruns ihren Vater wieder. "Elend, sehr kläglich" stand ihr Erzeuger vor dem tobenden Roland Freisler. Sie beschloss, die Geschichte dieses Soldaten und Geheimagenten zu erforschen, der einst den "Zuchtwert" (Bruns) der arischen Familie betont und dann erkannt hatte, er dient einem Verbrecherregime.
Im Herzen war der WKI-Freiwillige und Leutnant Hans-Georg Klamroth, "HG" nennt ihn Bruns, ein Soldat. "Glücklich" war der Geschäftsmann, als die Nazis Wehrübungen einführten, und den Zweiten Weltkrieg machte er als Hauptmann von Beginn an mit.
HG sprach Dänisch und liebte Dänemark. Die Abwehr schickte ihn als Spion ins besetzte Land, wo er begann, sich vom braunen Terror zu lösen. Mit dem dänische Widerstand arbeitete HG zusammen, fürchtete aufzufliegen und ließ sich freiwillig an die Ostfront versetzen. Spätestens da muss er begriffen haben, auf wessen Seite er kämpft. Als er später die "Wunderwaffe" V2 schützen sollte, sah er "das schlimmste Zwangsarbeiter in Deutschland" – und schwieg, als sein Vetter Stauffenberg den Sprengstoff fürs Attentat besorgte. Dafür starb er.
lok-red.bielefeld@neue-westfaelische.de
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