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Lippische Landes-Zeitung ,
02.06.2005 :
(Blomberg) Arbeitserlaubnis Mangelware / Warum Afrora Bajaj (20) arbeiten könnte, aber nicht darf
Von Silke Buhrmester
Blomberg. Die Schule hat sie abgebrochen: "Ich darf ja sowieso keine Ausbildung in Deutschland machen", sagt Afrora Bajaj. Als Hilfskraft würde die 20-Jährige dennoch gerne arbeiten - wenn die Agentur für Arbeit und die Ausländerbehörde sie denn lassen würden. Denn Afrora ist in Deutschland nur geduldet. Deshalb tendieren ihre Arbeitschancen gen Null - selbst wenn sie sich selbst eine Stelle sucht.
Vor 13 Jahren kam die fünfköpfige Familie, die zu der Minderheit der Ashkali im Kosovo gehört, nach Deutschland. Vor vier Jahren fand Afroras Vater eine Stelle als Gebäudereiniger in Bad Salzuflen. Seit die junge Frau im Februar 2004 die Schule verließ, hat sie sich ebenfalls um Jobs bemüht, um das schmale Familieneinkommen ein wenig aufzustocken. Zunächst als Spülkraft, doch dafür erhielt sie keine Genehmigung. Nun hatte sie einen Job an einer Heißmangel gefunden: "Ich hab eine Anzeige in der Zeitung gelesen und einfach mal in der Reinigung nachgefragt", erzählt sie.
Wolfgang Reuter, in dessen Betrieb sie vorsprach, hatte zwar keine Stellenannonce aufgegeben, aber während der Hochsaison von Mai bis August könnte er schon ein paar helfende Hände mehr brauchen. "Es hat mir imponiert, dass Afrora von sich aus gekommen ist und nach Arbeit gefragt hat", sagt er. Schnell stellte er fest, dass Afrora sich bestens für die im Hochsommer nicht immer angenehme Arbeit an der Heißmangel eignete.
"Seit Hartz IV sind Kriterien strenger"
Kerstin Stuwe
Doch selbst für eine geringfügige Beschäftigung - zweimal pro Woche etwa drei Stunden - benötigt die 20-Jährige eine Arbeitsgenehmigung. Und die erteilte ihr die Ausländerbehörde auch diesmal nicht. "Grundsätzlich dürfte Afrora schon arbeiten, denn die Abschiebung in den Kosovo ist derzeit ausgesetzt", erläutert Behördenleiter Dirk Watermann. Jedoch: Arbeitsmarktpolitische Gründe sprächen dagegen.
Die Agentur für Arbeit ist diejenige, die nach einer Arbeitsmarktprüfung entscheidet, ob "bevorrechtigte" Personen für den Job in Frage kämen. So eine Prüfung kann bis zu vier Wochen dauern - für Saisonkräfte eine Ewigkeit. Im Fall von Afrora fiel sie negativ aus: "Es gibt viele Arbeitslosengeld II-Empfängerinnen deutscher Herkunft oder aus einem anderen EU-Land, die die Arbeit machen könnten", sagt Vermittlerin Kerstin Stuwe. Ihr sind auf Grund der Gesetzeslage die Hände gebunden: "Seit Hartz IV sind die Kriterien noch strenger." Und Geduldete stehen eben in der Reihe der Arbeitssuchenden an allerletzter Stelle.
Afrora wird also den selbst gesuchten Job an der Heißmangel nicht antreten dürfen. Ihr drei Jahre älterer Bruder, der eine Stelle in einer Horner Leiharbeiterfirma in Aussicht hatte, darf ebenfalls nicht arbeiten.
Nützen wird die Ablehnung der Agentur für Arbeit in Afroras Fall übrigens keinem anderen Arbeitnehmer. Denn Wolfgang Reuter wird die Zusatzarbeit auf seine vier Mitarbeiterinnen, seine Frau und sich selbst verteilen. Eine andere Kraft lehnt er ab. Er hat schlechte Erfahrungen gemacht mit Bewerbern, die ihm die Behörde schickte. "Hier möchte jemand arbeiten, darf es aber nicht. Das kann ich nicht nachvollziehen. Die Sozialhilfe müssen doch wir alle bezahlen", ärgert er sich über den Bürokratismus.
Dirk Watermann will nicht ganz so schwarz malen: "Afrora soll es weiter versuchen. Vielleicht gibt es eine Sparte, für die keine anderen Arbeitnehmer gefunden werden", ermutigt er. Doch die Motivation der 20-Jährigen tendiert nach der erneuten Absage ebenso gen null wie ihre Arbeitschancen.
Blomberg@lz-online.de
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