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Neue Westfälische , 08.09.2003 :

Zeichen gegen das Vergessen / "Blumen für Stukenbrock": Appelle für ein Leben in Frieden vor 400 Besuchern

Schloß Holte-Stukenbrock - Im Alter von elf Jahren wurde Prof. Dr. Wladimir Naumow im Zweiten Weltkrieg zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert. Als einer der Überlebenden übergab er am 2. Mai 1945 den Sowjetischen Soldatenfriedhof der Öffentlichkeit. Zur Mahn- und Gedenkveranstaltung anlässlich des 36. Antikriegstages unter dem Motto "Für ein Leben in Frieden", an der rund 400 Menschen teilnahmen, kehrte Naumow nach 60 Jahren mit seinem heute elfjährigen Enkel Wanja an die Stätte seiner Peiniger zurück.

Ebenso wie der Vorsitzende des Arbeitskreises "Blumen für Stukenbrock", Werner Höner, plädierte Naumow (71) dafür "die Vergangenheit niemals zu vergessen, wenn wir an die Zukunft denken". Und beantwortete damit die oftmals an den Arbeitskreis gestellte Frage, "ob all unsere Mahnungen zum Frieden und unser Gedenken an die 65.000 Toten des Lagers Stukenbrock vergeblich waren".

Dass sie das nicht sind, sondern im Gegenteil alles unternommen werden müsse, damit diese Geschichte nicht in Vergessenheit gerät, betonte auch Dr. Norman Peach, Professor für öffentliches Recht, Völker- und Verfassungsrecht an der Universität Hamburg. "Kein Volk ist so verantwortlich für den Kampf gegen den Krieg und für die Erhaltung des Friedens wie das deutsche", erinnerte Peach in seiner Gedenkrede an die Millionen Toten und verheerenden Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges.

Es gehe jedoch nicht nur um die Opfer und den Verlust des Eigentums. "Es geht um die Methoden des Krieges, die Instrumente des Mordes, die Strategie der Eroberung und Vernichtung, die Brutalität und Unmenschlichkeit des ganzen Apparates, an dem viel mehr Menschen als nur aus Militär, Wirtschaft und Politik beteiligt waren", so Peach. Nur wer den Zusammenhang all der für Völkermord und Angriffskrieg verantwortlichen Akteure, Teile und Institutionen vor Augen habe, begreife auch den Satz, der keine Ausnahme dulde: "Nie wieder Krieg!"

Diesem Satz dürfe kein "aber" hinzugefügt werden, forderte Peach und sprach sich dafür aus, von politischer Seite "eine klare und überzeugende Position gegen den Krieg zu begründen, die nicht bei jeder neuen Versuchung ins Schwanken gerät".

Bereits in seinen Begrüßungsworten hatte Werner Höner an den "auf Lügen und Täuschungen aufgebauten Angriffskrieg" der USA und Großbritanniens gegen den Irak verwiesen. Leider sei der Arbeitskreis "Blumen für Stukenbrock" als Teil der Friedensbewegung "noch nicht stark genug gewesen, diesen Krieg zu verhindern". Die Mahnung von Stukenbrock aber sei "Herzenssache vieler Mitmenschen, die kein Verständnis dafür haben, dass politische Probleme erneut mit militärischer Macht gelöst werden".

"Ein Stück der Botschaft ist wahr geworden", bescheinigte NRW-Verkehrsminister Axel Horstmann dem Wirken des Arbeitskreises. Dennoch sei es "keine friedliche Welt, in der wir leben". Deshalb müsse "das Bedingungsgefüge, in dem Kriege entstehen", sehr viel stärker zur öffentlichen Debatte gemacht werden. Horstmann: "Der Frieden ist der Ernstfall, nicht der Krieg."




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