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Tageblatt für Enger und Spenge / Neue Westfälische , 31.05.2005 :

"Dem Schmerz Ausdruck geben" / Der Landwirt Karl Niehus-Obermann setzte ein bemerkenswertes Denkmal auf sein Stück Land

Von Konrad Rüdiger

Spenge. Das Flüsschen Warmenau an der Stadtgrenze zu Werther und Melle schlängelt sich leise plätschernd durch die saftigen Wiesen und die bestellten Felder. Beidseits des fließenden Wassers wachsen Raps und Korn, grasen Pferde auf den feuchten Weiden. Mitten in dieser Postkartenidylle, weit abseits befestigter Straßen, steht ein Denkmal. Ein privat finanziertes, mit tiefen persönlichen Empfindungen gegenüber einer der großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts versehenes Ehrenmal.

Karl Niehus-Obermann, inzwischen verstorbener Landwirt in Bardüttingdorf, errichtete auf seiner Scholle ein zugleich intimes wie auch nach außen gerichtetes Zeichen in Stein. Etwa drei Meter ragt es in der leichten Senke über den Boden, mit Metallkreuzen und einem Holzkreuz versehen, soll es an die vielen tausend Toten der Schlacht von Rshew erinnern. Und es erregt positives Aufsehen. Die unkonventionellen Formen und die liebevollen Details lassen die Besucher nicht nur in schwermütigen Gedanken zurück.

Vier Tiere sind als Silhouetten an den Seiten des Ehrenmals angebracht. Allesamt sind es Tiere, die nach Überzeugung des Erbauers an der Schlacht beteiligt waren und genau wie die entmenschlichten Soldaten zum großen Teil ihr Leben beim Kampf um die Stellungen ließen. Fährtenhund, Pferd und Nachrichtentaube wurden von Niehus-Obermann in Metall gegossen.

"Fast zärtlich" nennt der Spenger Bürgermeister Christian Manz diese Hommage an die Tierwelt in den kriegerischen Irrungen. "Er hat damit seine eigenen Gefühle aus dem Stellungskrieg an die Oberfläche geholt", vermutet Manz, der vom groß gewachsenen Niehus-Obermann regelmäßig freundlichen, aber in der Sache bestimmten Besuch im Rathaus bekam.

"Er war überzeugt von seinem Tun. Ihm ging es auch um Aussöhnung mit russischen Veteranen, aber bis ins hohe Alter hatte er viele Ideen, wie man mit wirtschaftlichen Initiativen ein friedliches Zusammenleben leichter machen kann", zeigt sich Manz erstaunt über die Energie des im letzten Jahr verstorbenen Veteranen.

"Sein Credo war nicht der Mammon, sondern eine Zusammenarbeit mit frohem Mute." Diese Zusammenarbeit pflegte Niehus-Obermann mit seinen Mitstreitern im Kuratorium (siehe nebenstehenden Bericht) unter anderem mit seinem Denkmal. Delegationen aus Rshew kommen immer wieder gern an die Warmenau, welche der Landschaftsgestalter Niehus-Obermann auf einem Schild liebevoll zur "Kleinen Wolga" umbenannte.

"Die Leistung von Karl Niehus-Obermann erkennen die Gäste hoch an. Sie stehen vor dem wunderschön hergerichteten Denkmal und sagen, dass die Deutschen keine Faschisten, sondern Menschen sind und waren", berichtet Ernst-Martin Rhein von seinen ganz persönlichen Erlebnissen am Ehrenmal in Spenge. "Niehus-Obermann war einer, der sich immer ein Herz für den Gegner bewahrt hat. Er hatte die Tragödie beider Seiten verinnerlicht und diesem Schmerz musste er Ausdruck geben", zieht Rhein die Entwicklungslinien des Denkmals nach. "Krieg ist immer paradox: Es gibt keine echten Gegner, nur echte Befehle, die Menschen zu Gegnern machen. Und Niehus-Obermann hat in sehr eindrucksvoller Weise gezeigt, wie man in privater Initiative sowohl die Gefallenen als auch die Hinterbliebenen würdigen kann."

Er tat dies, indem er immer an die nächsten Generationen dachte, und den Gedanken des Austauschs sowohl im Spenger Rathaus wie auch im Kuratorium vorantrieb. "Nur mit regem Austausch lasse sich Frieden erhalten", erinnert sich Manz an den Leitspruch des Grundbesitzers und Landwirts.

Manz hat auch veranlasst, dass das Denkmal regelmäßig von Mitarbeitern des Bauhofs gepflegt wird, damit der Rasen nicht zu hoch sprießt und die Blumen nicht gar zu sehr verwelken. "Doch letztens konnten die Kollegen gleich wieder kehrt machen, ein Unbekannter hatte sich schon liebevoll um die Stiefmütterchen gekümmert", freut sich Bürgermeister Manz.

Weniger erfreulich an dieser intimen Erinnerungsarbeit sind die Schäden am Infokasten des Denkmals, den Unbekannte vor kurzem samt informativem Aushang aus der Feder von Karl Niehus-Obermann beschädigten.


lok-red.enger@neue-westfaelische.de

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