Gütersloher Volkszeitung / Die Glocke ,
14.05.2005 :
Rechtsextremismus-Projekt am Ems-Berufskolleg / Schüler fordern mehr Zivilcourage
Kreis Gütersloh (heva). Das Thema liegt den jungen Referenten in der Aula des Rheda-Wiedenbrücker Ems-Berufskollegs am Herzen: Vom Rechtsextremismus gehe eine reale Gefahr aus, sagen sie. Dass die Schüler wissen, wovon sie sprechen, beweist eine Präsentation aus 97 Folien. Damit wollen die jungen Leute wachrütteln und zur Zivilcourage aufrufen.
So wie Denise Braun: Die Schülerin an der Höheren Handelsschule hat sich mit der geschniegelten Fassade beschäftigt, hinter der sich rechtsextremes Gedankengut nicht selten verbirgt. "Studentische Burchenschaften", weiß sie, "sind oft Treffpunkt für Rechte." Neben ganz unpolitischen Verbindungen gebe es solche, die mehr oder weniger offen ihre rechtsextreme Gesinnung pflegten. Da werde in alten Villen schon mal bei Trinkgelagen gegen Ausländer gehetzt, gibt sie am Donnerstagmorgen einen Einblick.
Berufsschullehrer und Projektleiter Rüdiger Vandenhirtz zitiert aus dem Verfassungsschutzbericht, wenn er sagt: "Zwischen intellektuellen und gewalttätigen Rechten gibt es eine eindeutige Verknüpfung." Dass die von den Schülern "Stiefelnazis" genannten Schläger oft aus Sozialneid handeln, sich nach dem Prinzip "Du bist nichts, dein Volk ist alles" einem rigorosen Gruppenzwang unterwerfen und oft, aber nicht immer als kahl geschorene Skinheads daherkommen, erklären die Schüler.
Auf den digitalen Folien ihrer Computerpräsentation zeigen die Projektteilnehmer aus zwei Klassen der Höheren Handelsschule währenddessen, was Rechtsradikale als ihre Erkennungssymbole bezeichnen. Zu sehen sind in der Aula des Ems-Berufskollegs Zeichen, die stark an das Hakenkreuz und andere Symbole des Dritten Reichs erinnern. "Das ist verboten", erklärt Rüdiger Vandenhirtz den rund 120 Schülern, die sich an diesem Tag auch nicht vom Pausengong ablenken lassen. Die Präsentation ist das Ergebnis von rund 200 Stunden Arbeit im Politikunterricht und in der Freizeit.
Startschuss zu dem Projekt waren die Facharbeiten im Oktober, für die sich die Schüler bereits mit dem Thema Rechtsextremismus auseinander gesetzt haben. Anschließend diskutierten sie auch mit Beamten des Staatsschutzes. Die Staatsschützer hätten sich ganz beeindruckt von den Projektergebnissen der Schüler gezeigt, berichtet Rüdiger Vandenhirtz. Einen Eindruck wollen die Referenten auch bei ihren Mitschülern in der Berufsschulaula hinterlassen. Vor allem möchten sie zu Zivilcourage aufrufen: Es gelte Rechtsextreme mit ihrer Meinung zu isolieren, hinzugucken, nicht wegzuschauen. Schließlich seien die in der Minderheit, erklären die Schüler. Und: Wer Straftaten beobachte, müsse zumindest die Polizei informieren.
14./15.05.2005
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