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Der Patriot - Lippstädter Zeitung , 09.05.2005 :

Parteiübergreifend gescheitert / Wie ein "Bündnis gegen Extremismus" ausgerechnet am Jahrestag der Befreiung von der rechten Terror-Herrschaft am Umgang mit der linken deutschen Diktatur zerbrach

Lippstadt. Am Ende konnte sich Michael Rüpp nur noch ungewollt in bittere Ironie flüchten: "Wir wollten ein Zeichen setzen - und das ist uns auch gelungen." Dabei hatte es der Sprecher der Grünen so gut gemeint: Mit einem "Wahlkampfbündnis gegen Extremismus" sollten die politisch aktiven Bürger der Stadt öffentlich zeigen, dass sie vereint auf dem Boden der Demokratie stehen. Symbolisch wollten die Parteien eine gemeisame Erklärung unterzeichnen.

Doch das Bündnis zerbrach in der Stunde seiner Geburt. Weil der gemeinsame Grund der Parteien nicht von unverrückbaren Grenzsteinen markiert wird, sondern an seinen Rändern ausfranst, kam es gestern Nachmittag bei einer Feierstunde am Jüdischen Erinnerungszeichen zum Eklat. Einig waren danach alle nur noch darin, dass die PDS Schuld war. Wo der Extremismus beginnt, schien verschwommener denn je.

Das Datum war mit Bedacht gewählt. Der 8. Mai, vor 60 Jahren Tag der Befreiung von der rechten Terror-Herrschaft der Nationalsozialisten, sollte aus dem Gedenken auch eine Verpflichtung für die Gegenwart ableiten. "Zwar verfolgen wir unterschiedliche Ziele über die Gestaltung der Zukunft", erklärte Rüpp für die Parteien, als er die drei Dutzend Bürger begrüßte, "aber heute stehen wir hier gemeinsam und mitten im Wahlkampf, um zu demonstrieren, dass sich die Parteien in Lippstadt in einem einig sind: Kein Extremismus in Lippstadt!" Und die SPD-Vorsitzende Marlies Stotz wollte die Gedenkveranstaltung als einen "Appell für demokratische Wahlen" verstanden wissen.

Nach ihr ergriff jedoch Marie-Theres Reuter das Wort. Die Soesterin, den übrigen Anwesenden gänzlich unbekannt, stellte sich als Vertreterin der SED-Nachfolgerin PDS vor und sagte dies auch mehrfach in ihrer Ansprache. Als er auch noch parteiideologisch gefärbte Formulierungen zu vernehmen glaubte, platzte es aus SPD-Fraktionschef Hajo Kayser heraus: "Das gehört hier nicht hin", unterbrach er die Rednerin abrupt.

Man wolle keinen Wahlkampf machen, pflichtete auch Theodor Kremer von der BG bei. "Das waren ein paar Worte zuviel", ärgerte sich Grünen-Sprecherin Ursula Jasperneite-Bröckelmann - mit der bloßen Anwesenheit einer Partei, die auch Bundestagsabgeordnete und Länderregierungen stellt, hätten sie leben können.

Hannelore Bartmann-Salmen und Forusan Madjlessi waren dagegen schon längst aus Protest gegangen. "Mit solchen Leuten stelle ich mich nicht zusammen", wetterte die CDU-Chefin später. "Republikaner und PDS, beide Seiten sind Extremisten", sagte der FDP-Politiker.

Ehe sich die Runde auflöste, hinterlegte Michael Rüpp dennoch die gemeinsame Erklärung am Erinnerungszeichen - ohne eine einzige Unterschrift.

Bildunterschrift: Parteiübergreifend gescheitert / Trugbild: Marlies Stotz (l.) und Michael Rüpp (r.) nehmen die PDS-Vertreter Dirk Koch, Wilhelm Schüller und Marie-Theres Reuter (v.l.) nur äußerlich in ihre Mitte. Foto: Salmen


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